Wikileaks und Nazi-Posts: Bitte nicht falsch verstehen
Die Enthüllungsplattform Wikileaks retweetet Posts der Neonazis von „White Resister“. Die Begründung ist äußerst seltsam.
Es ist in etwa so, als würde sich ein Linker einen „Blood and Honour“-Sticker auf den Rucksack kleben und damit durch die Stadt rennen – einfach um zu zeigen, dass es diese Neonazi-Organisation gibt, ohne politische Einordnung.
So zumindest verteidigt sich die Enthüllungsplattform Wikileaks, nachdem sie über ihren Twitter-Account mit mehr als zwei Millionen Followern unkommentiert zwei Posts der schwedischen Neonazi-Plattform „White Resister“ retweetet hat. Einer dieser Tweets zeigt die schwedische Flagge mit einem riesigen gelben Hakenkreuz in der Mitte.
Kurze Zeit später erklärte Wikileaks dazu auf Twitter: „Wir retweeten Posts, um Entwicklungen aufzuzeigen, die für unser Publikum oder unsere Organisation relevant sind, aber keine politische Einstellung.“ Etwas spät. Viele Follower mahnten die uneindeutige Kommunikation von Wikileaks an.
Der Twitter-Kanal von „White Resister“ ist ein Sprachrohr für rechtsextreme Verschwörungstheorien. Dort wird der Genozid an der weißen Rasse erfunden, gegen Schwarze, Juden und Muslime gehetzt und Solidarität mit anderen europäischen Rechtsextremen, wie der griechischen „Goldenen Morgenröte“, bekundet.
Ebenso auf der Website, wo auch noch das zugehörige Material vertrieben wird. Auch ein Video der rechtspopulistischen Swedish Democratic Youth (SDU) ist da zu sehen, in dem zum Aufstand gegen Multikulturalismus und Masseneinwanderung aufgerufen wird – der Inhalt des zweiten Posts, den Wikileaks retweetete.
Gerade im Kontext der Europawahlen, bei denen rechte und rechtsextreme Parteien zum Teil deutlich an Stimmen gewinnen konnten, wäre ein kommentierender Hinweis nicht verkehrt gewesen. Aber vielleicht hat Wikileaks ja recht und nicht jeder Träger von „Blood and Honour“-Aufklebern ist automatisch ein Nazi, sondern möglicherweise nur wandelndes Infomaterial.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher