Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Spitzenkandidat ohne Spitzenplatz
Die Grünen in Schleswig-Holstein wählen für den Wahlkampf 2012 erstmals einen Frontmann: Robert Habeck. Um die Frauenquote wurde gestritten, sie bleibt aber erhalten.
NEUMÜNSTER taz | Robert Habeck, Fraktionschef der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag, wird seine Partei im Landtagswahlkampf anführen. Das Bundesland wählt am 6. Mai 2012 einen neuen Landtag.
Bei einem Parteitag am Wochenende wählten Habeck 103 der 104 Delegierten und feierten das "Gesicht des Programms" mit Pappkrönchen, Porreezepter und grünem Reichsapfel. Zum ersten Mal bestimmt die Partei einen eigenen Frontmann - ein Zeichen dafür, "dass wir uns ernst nehmen, dass wir uns als Herausforderer für CDU und SPD verstehen", so Habeck in seiner Bewerbungsrede.
Die Grünen liegen zurzeit laut Umfragen mit rund 20 Prozent hinter SPD und CDU. Auf Platz 1 der Landesliste steht Habeck nach seiner Wahl allerdings nicht: Der bleibt traditionell einer Frau überlassen.
Für die Debatte der Frauenversammlung, der nur die weiblichen Abgeordneten angehören, ob die Quotenregelung mit Frauen auf allen ungeraden Plätzen inklusive Platz 1 aufgehoben werden sollte, wurde der Parteitag unterbrochen. Über eine Stunde lang warteten die Parteimänner und Gäste beiderlei Geschlechts vor den Türen des Sitzungssaals.
Drinnen wurde darum gerungen, ob die Quote noch zeitgemäß sei. Durchaus strittig sei das gewesen, sagte später Parteivorsitzende Ekka von Kalben zur taz. "Zerlegt haben wir uns aber nicht", so Marlene Löhr, die zweite der Vorsitz-Doppelspitze.
Ein Argument für das Aufheben der Quote sei, dass es gerade auf kommunaler Ebene schwierig sei, Frauen für die Topposten zu finden. "Aber die Gefahr besteht, dass wir vielleicht aufhören würden, so aktiv nach Kandidatinnen zu suchen", sagte von Kalben: "Das ist aber unser Anspruch." Der Spitzenkandidat Habeck stehe eben "auf dem besten Platz, den ein Mann bei uns kriegen kann".
Aufgestellt wird die Liste erst bei einem weiteren Parteitag im Januar. Als Spitzenfrau wird die Landtagsabgeordnete Monika Heinold antreten. Die Finanzexpertin der Fraktion und parlamentarische Geschäftsführerin betonte, sie hätte "auch gut mit Platz 2 leben können", die Zusammenarbeit mit Habeck sei eng und vertrauensvoll, die Aufgaben seien verteilt: "Er wirkt mehr nach außen, ich nach innen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch