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Unmotivierte LehrlingeFrüh aufstehen? Pünktlich sein?

Ausbildungsunternehmen sind immer häufiger mit unmotiviertem Nachwuchs konfrontiert - doch durch den demografischen Wandel werden die Azubis knapp.

Kann denn Schlafen Sünde sein? Bild: suze / photocase.com

BERLIN taz | Eigentlich müsste dieser Ausbildungsplatz attraktiv sein: Einzelhandelskaufmann in einem Elektroladen, mit Fernsehern, Radios, CD-Spielern. Doch diese Lehrstelle, die Geschäftsführer André Schumacher vom Miarka Profi-Service in Berlin anbietet, blieb in diesem Jahr unbesetzt. "Es fehlen geeignete Bewerber", sagt Schumacher. Und das in einer Viermillionenstadt.

Schumacher ist nicht der einzige mittelständische Unternehmer mit diesem Problem. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird am heutigen Montag eine bundesweite Bilanz mit einem Plus an Ausbildungsverträgen vorstellen. Für die Betriebe vor Ort aber verschärft sich der Mangel an BewerberInnen. "Es gibt eine steigende Zahl von Unternehmen, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können", sagt Thilo Pahl, Ausbildungsexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).

Durch die doppelten Abiturjahrgänge erwarten Handwerk und Industrie kaum Zuwachs. In Ländern wie Bayern und Niedersachsen, wo es bereits doppelte Jahrgänge gibt, suchen trotzdem viele Unternehmen immer noch Auszubildende. Denn AbiturientInnen wollen in der Regel studieren.

"Es fehlt an Grundtugenden"

Entscheidend ist der demografische Rückgang an Jugendlichen. In diesem Jahr sank die Zahl der SchulabgängerInnen mit Haupt- oder mittlerem Schulabschluss im Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent. Und damit verändert sich der Pool an jungen Leuten, aus denen die Firmen ihren Nachwuchs rekrutieren können. "Die Unternehmen müssen heute als mögliche Bewerber auch Jugendliche ins Blickfeld nehmen, die sie früher gar nicht erst eingeladen hätten", berichtet Pahl.

Die Folge ist ein Kulturschock auf beiden Seiten. Bei den Betrieben entsteht der Eindruck, die jungen Leute von heute wären unzuverlässiger als früher. Im Rahmen einer regelmäßig wiederkehrenden Umfrage des DIHK in Betrieben erklärte eine gestiegene Zahl von Unternehmen, den SchulabgängerInnen von heute mangele es an Leistungsbereitschaft und Disziplin. "Es fehlt zunehmend an den Grundtugenden wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit", sagt auch Miarka-Geschäftsführer Schumacher. Er hat erlebt, dass sich Auszubildende nur noch per SMS krank meldeten und wie selbstverständlich immer mal wieder ohne jede Entschuldigung zu spät zur Arbeit kamen.

"Mein Sohn geht nicht umsonst arbeiten"

Aber auch für die jungen Leute ist der Beginn der Ausbildung ein Kulturschock. "Eine betriebliche Ausbildung mit 40 Stunden in der Woche, wenn man vielleicht jeden Tag um sechs Uhr früh raus muss - das ist härter als eine schulische Ausbildung oder ein Studium", sagt Dilek Intepe-Sachse, zuständig für die "passgenaue Vermittlung" von Lehrstellen bei der Berliner Handwerkskammer. Dass es an Ausbildungsvergütungen oft weniger gibt als die Hartz-IV-Bezüge und auch die sogenannten Einstiegsqualifizierungen nur mager bezahlt werden, hebt auch nicht gerade die Motivation. "Wir erleben Jugendliche, wo die Eltern sagen: Mein Sohn geht nicht umsonst arbeiten", erzählt Astrid Sammet, Sozialarbeiterin bei der Berufsberatung JobInn in Berlin.

Sammet bemüht sich, bei den Mittelständlern Jugendliche unterzubringen, auf deren Zeugnissen mitunter viele unentschuldigte Fehltage und bedenkliche Kopfnoten für das Sozialverhalten stehen. "Aufgrund des Bewerbermangels geraten Jugendliche in den Fokus der Betriebe, die vor fünf, sechs Jahren gar keine Chance gehabt hätten", berichtet Sammet.

Niedrige Toleranzgrenze gegenüber Stress

Geschäftsführer Schumacher hat für dieses Jahr 60 schriftliche Bewerbungen bekommen, davon hatte er 40 gleich aussortiert, weil die Unterlagen grobe Fehler enthielten. Von den 20 Eingeladenen erschienen nur 10 zum Gespräch, einer hat dann eine Lehre zum Informationselektroniker begonnen. Die Lehrstelle zum Einzelhandelskaufmann aber ist nach wie vor frei.

Manche Jugendliche hätten eine niedrige Toleranzgrenze gegenüber Stress. Eine große Rolle spiele auch das private Umfeld, sagt Sammet. Viele der jungen Leute kriegen aber mit 20, 21 Jahren doch noch die Kurve, "da macht es dann plötzlich ,klick', die merken, dass sie mit Hiwi-Jobs nicht weit kommen. Wenn dann auch im Bekanntenkreis alle was machen, dann steigt die Motivation", berichtet die Sozialarbeiterin. Auch Schumacher hat ein Herz für biografische Umwege. Einer seiner besten Azubis, den er nach einem Vorpraktikum übernahm, ist 27 Jahre alt.

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30 Kommentare

 / 
  • A
    Astraia

    @Christina Maria

     

    wie kommen sie darauf, dass die von ihnen geschilderten Schüler denn eine Ausbildung schaffen,wenn sie Realschule knapp und Abitur gar nicht schaffen???

     

    das Abitur ist nicht viel schwerer als manche Ausbildungen - vor allem konnte man früher als es noch nicht viele Migrantenkinder im Gymnasium gab noch sein Abitur mit Sport und Kunst bestehen - das war wahrlich auch keine Kunst!

     

     

    wenn die Kinder unbedingt studieren wollen, dann muss man aus vielen Berufen halt akademische Berufe machen und sie gleichstellen. Dann lässt man die Kinder lange zur Schule gehen wie in zivilisierten Ländern anstatt sie mit 15-16 in der Pupertät abzuschulen, wo sie noch unreif sind und halbe Kinder und danach kommt die Höhere Bildung für diese und jeder studiert dann, was ihm gefällt.

     

    ich hab schon unglückliche Studenten gesehen die eigentlich ein Handwerk "studieren" wollten - was aber kein anerkannter Beruf in DE ist - ist ja für Hauptschüler.

     

    macht doch daraus anerkannte Berufe -- anderswo wird alles studiert und die Kinder sind immer Studenten.

     

    in DE wurde ganz willkürlich festgelegt, was höher qualifiziert ist und was nicht - anderswo ist alles Höhere Bildung, was nach langer Schulbildung erfolgt.

     

    und schon sind alles Students. In Australien gibts schon den Bachelor of Podiatry -- man kommt den Kindern eben entgegen - mittlere Bildung wird da nicht von höherer Bildung abgegrenzt - das sind nachher alles hoch qualifizierte die bis zum PhD weiterstudieren.

  • A
    Astraia

    in Deutschland ist die duale Ausbildung schon lange postsekundär - das Eintrittsalter liegt bereits bei 19,5 Jahren mittlerweile - wer will auch einen pupertierenden 16-17jährigen in seinen Betrieb eingliedern?? Im Grunde genommen handelt es sich um eine Normalisierung, dass man Erwachsene nimmt und keine halben Kinder!

     

    ich versteh nicht, wieso das als selbstverständlich angesehen wird, dass diese Kinder unbedingt mit 15-17 arbeiten sollen???

     

    der Jugendschutz weist sie eindeutig als Jugendliche aus und auch das ist zum Glück ein Grund, warum viele Betriebe abdanken.

     

    Typischerweise ist es so, dass es bei diesen Kindern immer egal ist, während DE sich um seine Abiturienten förmlich bescheißt: die armen Jungen Erstsemester nach G8 etc....

     

     

    es bilden derzeit übrigens nur 23% aller Firmen aus, davon 11% in gewerblicher Wirtschaft - so viele sind es nicht und lt. Berechnungen des BIBB amortisiert sich eine Ausbildung komplett, so dass diese in Wirklichkeit tatsächlich quasi kostenlos arbeiten - dies ergibt sich daraus, dass die Firmen passgenau für ihren Betrieb hinmanipulieren und das Rekrutierungskosten später entfallen, die teurer sind.

     

     

    ich persönlich würde gar nicht wollen, dass eine Firma mein Kind vereinnahmt so früh, deshalb muss man quasi darauf bestehen, dass derjenige Abitur macht und studiert.

     

    nach 2 Ausbildungen kann ich sagen, dass in vielen Bereichen wie der Pflege auch gar nicht vernünftig ausgebildet wird teilweise, sondern man als billige Arbeitskraft missbraucht wird.

     

     

    außerdem muss DE eigentlich in jeder Ausbildung Allgemeinbildung unterbringen! Das ist eine Sekundarstufe 2 - im Ausland erhalten die Absolventen immer Allgemeinbildung hinzu und einen Schulabschluss -- von Korea bis Dänemark -von diesem üblichen Standard weicht DE erheblich ab, weil die Ausbildung hier nur von der Wirtschaft gemacht wird.

     

     

    So verlängert man aber zigtausenden die Bildungswege und schafft einen umständlichen 2. Bildungsweg der zeitraubend ist.

     

    ich würde in DE kein Kind in eine Ausbildung geben - in Dänemark wäre das besser aufgehoben inklusive höheren Bildungsabschluss/Allgemeinbildung.

     

    und viele Berufe in DE sind anderswo berechtigterweise schon längst ein Studium. Theorie ist wichtig - nicht nur Praxis!

  • I
    ilona

    Tja, das haben wir nun von der liberalen Spass-Demokratie: minderwertiges verweichlichtes Humankapital. Gab mal einen Spruch: Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Jawoll. Da war noch Schmiss drin, da haben sie noch strammgestanden, wenn der Chef durch die Werkhalle ging, wie beim Komiss. Und jetzt funktioniert das nicht mehr, Mist! Was soll aus unserer Wirtschaft werden? Die einen, mit teuren wie sinnlosen Studienabschlüssen wie 'Master of Human Health Optimizer' (oder ähnliches) finden keine Jobs. Keiner braucht sie. Die anderen wollen die 3-jährige Lehrstelle zum staatlich geprüften Sanitär-Fachreiniger (Toilettenmann/frau) mit

    580 € brutto (plus Aufstockung) als Zukunftsperspektive nicht. Schon gar nicht morgens um 6 !

     

    Die Umgestaltung unseres Vaterlandes vom kuscheligen Freizeitpark ( Helmut Kohl ) zum staatlich subventionierten Arbeitslager ist eben schwieriger als gedacht. – Wegen der Demografie... und wenn das mit der Motivation nicht wäre!

    Aber das kriegen wir noch hin. Achtung! Angetreten!

  • VF
    v. Faltin

    Die Geister, die man gerufen hat, wird man nun nicht los. Wer Sekundärtugenden als KZ-Tugenden verunglimpfte, darf nun als alter 68er nicht erwarten, daß der tolerante, freiheitsliebende, selbstbestimmende Azubi pünktlich im Altersheim "anmarschiert" und ihm seinen Hintern pünktlich putzt. Und die repressive Anforderung des Kapitalisten bezüglich Sorgfältigkeit, Genauigkeit ist ja nur Schikane. Das ist in einem Land, wo die Elite 55 Milliarden so einfach übersieht aber auch verständlich.

  • A
    André

    @Felix:

     

    Das ändert nichts daran, dass viele durch das Raster fallen, dass viele von Anfang an weniger Chancen haben.

     

    Das liegt einerseits an den Familien, in denen die weniger stressresistenten aufwachsen:

     

    - eine zerrütete Familie ist nicht gut für das

    Selbstbewusstsein

    - wenn Kinder materiell zu verwöhnt werden denken

    sie es gibt immer alles umsonst

    - eine unterbleibende "Erziehung" im eigentlichen

    Sinne, das Fehlen einer vorgegebenen Struktur

    in der Familie führt dazu, dass Kinder auch

    später nur schwer eine solche Struktur für sich

    aufbauen können (Pünktlichkeit, usw.)

     

    Wichtig sind aber auch allgemeine soziale Strukturen und ja, auch ein wenig soziale "Kontrolle". In städtischen Gebieten sind diese nicht so ausgeprägt wie in dörflichen / kleinstädtischen Umgebungen. Auch ein Grund warum die Schweiz mittlerweile deutlichst besser dasteht als Deutschland.

  • A
    anton

    Ich bin sicher, dass mit höhere Vergütung und innerbetriebliche Weiterbildung fast alle personellen Engpässe in deutschen Betrieben behoben werden können. Aber in den Köpfen der Arbeitgeber hat sich das stetige Lohndumping und die selbstverständliche außerbetriebliche Weiterbildung festgesetzt, mit denen sich die Arbeitnehmer aus lauter Angst um ihren Arbeitsplatz in den letzten Jahren über Wasser gehalten haben.

    Wenn ich mich in meinem Bekanntenkreis umschaue, so gibt es immer noch viele gut ausgebildete Leute, die sich mit völlig unterqualifizierten Arbeiten durchschlagen.

  • Y
    yberg

    wir leben denen vor bzw. bestimmen das wertesystem in dem die jungen aufgewachsen sind und bemängeln dann,daß unser nachwuchs entsprechende defizite hat.

    der weg zum spiegel is kürzer

     

    es geht doch schon los mit der schule,in der man landet.

    wenn ich mir dann noch den ganzen eliten- und exzellenzenkram ankucke ,der denen schon in der schule serviert wird,die dressur,die nur auf die nützlichkeit - humankapital-im späteren arbeitsleben abstellt,von beruf kann man ja nicht reden,denn immer weniger landen in ihrem beruf,siehe auch praktika und

    unbezahlte

    schnupperstellen ,dann frag ich mich warum unser nachwuchs so friedlich ist.

     

    wenn dann noch überall die praktisch veranlagten alsversager und idioten abgestempelt werden und die handwerksbetriebe nur billige helfer-z.b. bau-als aushilfen beschäftigen,weil sie nicht ausbilden wollen,denn die hätten ja anschließend ansprüche und die konkurrenz könnte sie auch abwerben,muß ich mich über gar nix wundern.

     

    wer sich um seinen nachwuchs nicht ernsthaft bemüht und lehrstellen nicht besetzt,mangels geeigneter bewerber,sollte sich über seine eigene eignung gedanken machen zumindest über seinen realitsverlust nachdenken.

     

    diese geschichten liest man jahr für jahr und sie werden nicht wahrer.

     

    wenn wir die betriebe zu ner ausbildungsabgabe knechten,die an ausbildende betriebe auskehrt,werden plötzlich alle jugendlichen ausbildungsfähig sein.

  • R
    Rizo

    Die Knappheit an geeigneten Bewerbern hat absolut nichts mit dem "demografischen Wandel" zu tun, sondern dem immer mieser werdenden Bildungswesen und dem freien Fall des schulischen Niveaus.

     

    Ein Bekannter von mir hat mir erzählt, dass er händeringend einen Azubi sucht (CNC-Fräser). Allerdings sind bei ihm schon etliche (sogenannte "bio-deutsche"!) Abiturienten durch´s Raster gefallen, weil sie bereits in ihren Bewerbungsschreiben aufgrund massiver Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache scheitern, von anderen Mängeln ganz zu schweigen. Wie man so an ein Abitur kommt ist uns beiden völlig schleierhaft.

     

    Dass sich besagte Abiturienten an eine akademischen Laufbahn wagen ist ist m.E. absurd.

  • N
    Nicolai

    Das jemand nicht umsonst arbeitet sollte selbstverständlich sein.

  • S
    Susi

    Naja, man kann die Leute verstehen. Warum sich für die wenigen Kröten abrackern? Leute mit Lehrberufen werden doch von der Politik und den Managern oft nur noch als dumme Affen wahr genommen und lassen das den einfachen Bürger auch spüren. Wo soll da die Motivation her kommen?

  • M
    Markos

    "Aber auch für die jungen Leute ist der Beginn der Ausbildung ein Kulturschock. "Eine betriebliche Ausbildung mit 40 Stunden in der Woche, wenn man vielleicht jeden Tag um sechs Uhr früh raus muss - das ist härter als eine schulische Ausbildung oder ein Studium", sagt Dilek Intepe-Sachse, zuständig für die "passgenaue Vermittlung" von Lehrstellen bei der Berliner Handwerkskammer. Dass es an Ausbildungsvergütungen oft weniger gibt als die Hartz-IV-Bezüge und auch die sogenannten Einstiegsqualifizierungen nur mager bezahlt werden, hebt auch nicht gerade die Motivation. "Wir erleben Jugendliche, wo die Eltern sagen: Mein Sohn geht nicht umsonst arbeiten""

     

    Ich finde das ja sehr euphemistisch formuliert. Klingt so, als ob die halt ein bisschen faul wären und ausserdem bissl gierig. Die Realität der Problematik "passgenauer Vermittlung" ist indes noch etwas reicher:

     

    Dass man als ein Mensch mit Hauptschulabschluss warhscheinlich NICHT sehr große Rücklagen hat, von denen man während einer Ausbildung, die kaum oder gar keine Vergütung bringt, mehr als nur überleben könnte, könnte ja vielleicht auch ein Problem sein. "Mein Sohn geht nicht kostenlos arbeiten" heißt auch: "Ich kann es mir nicht leisten, dass mein Sohn kostenlos arbeiten geht.". Mit Würde hat es aber auch etwas zu tun. Passgenauigkeit gibts zudem ganz einfach nicht gratis.

     

    Und ich finde diese Einstellung nicht so unverständlich. Ihr Überleben ist essentiell.

     

    Man darf vielleicht auch noch daran erinnern, dass wir mit unserem lustigen 40Stunden-Modell auch immer noch irgendwie im 19.Jahrhundert leben, wir Viktorianer! Unsere Arbeitsstruktur gibt es an sich gar nicht mehr her, dass noch genug Arbeit da ist, um 40 Stunden Arbeit für alle oder möglichst viele zu haben ohne immer niedrigere Löhne zahlen oder krasse Straf-Systeme entwickeln und exekutieren zu müssen. Es ist manch klugem Kopf schon vor 30 Jahren aufgegangen (J.F. Lyotard), dass unsere durchautomatisierte Gesellschaft sich irgendwann international auf Arbeitszeitverküzung ohne Kaufkraftverlust einigen wird müssen. Das wird bisher natürlich geflissentlich ignoriert, weil es nach Hippie-Idee riecht. Wenn die Doktrin "Mehr Arbeit für weniger Bezahlung heißt" dann wirkt "Gleiche Bezahlung bei weniger Arbeit" natürlich wie ein Atombombenszenarion, weil sich jeder Winzkopfunternehmer und -ökonom gleich nur auf seine kleine Welt beschränkt.

     

    Die Unternehmen haben aber selbst noch eine Pflicht. Man kann nicht so naiv sein und glauben, dass die Qualitätsverschlechterung in öffentlicher Bildung und Erziehung in den letzten 20 Jahren ("Sparen, sparen, sparen!!!") keine Rückwirkungen hätte, die allzu schlimm wären. Zu meinen, man könne fordern, die Schulen würden noch fertig gemachte Menschen liefern, denen dann nur noch bissl Zusatztugend zur bestehenden Grundtugend eingeflößt werden müsste, zeugt von brutaler Unkenntnis des gegenwärtigen und jüngeren Bildungswesens, für dessen "Verschlankung" man gerne weniger Steuern gezahlt hat, um sich 4 statt 3 nutzloser Dinge zu kaufen. Und dank des immer noch anhaltenden Wahnsinns, jeder müsse bitte ein nutzloses Studium haben, um Müllmann werden zu können ("passgenau"!), wurden auch immer mehr junge Menschen, die eigentlich nicht ins Gymnasium hätten gehen sollen, in eben dieses geholt - weil ja so viele Leute an die Unis sollen. Und woher holen sich dann die Realschulen die Schüler? Aus den Hauptschulen. Und die nehmen dann eben jeden auf und müssen auch wenigstens 51% der Leute durchbringen, wie unfähig sie auch sein mögen, genauso wie die Realschule und das Gymnasium und die Universität diese Vorgabe erfüllen müssen. Man kann ja nicht von 200 Abiturienten 175 durchfallen lassen. Das ist keine Kritik an den unfähigen Schülern, sondern daran, dass man zunehmend weniger in der Lage ist, Schüler zu befähigen, wie es nötig wäre, nicht zuletzt, weil man ständig wie irre Quoten nachläuft, als ob der Sinn der Schule die Erfüllung von Quoten wäre und nicht etwa die Bildung und Erziehung von jungen Menschen.

     

    Aber das gilt auch für Unternehmen selbst. Wieso kann ein ausbildendes Unternehmen nicht selbst Grundtugenden vermitteln? Wieso fühlt sich ein Jugendlicher nicht besonders angehalten, positiv in seiner Ausbildung im Unternehmen aufzufallen? Hier könnte ein Grund natürlich die Bezahlung sein. Für 250€ für 40Stunden pro Woche fühlt sich niemand besonders ernsthaft verpflichtet, denn man ist ja offensichtlich ne billige Arbeitskraft. So viel Selbstlosigkeit kann man nicht erwarten von Menschen, die sich permanent Gedanken machen müssen, wie sie den nächsten Monat finanzieren. Und mit unter 900€ Ausbildungsvergütung muss man sich diese Gedanken machen. Mit 450€ kommt man aber gar nicht mehr drum herum, permanent irgendwie in einem Extremzustand von Existenzangst zu sein, weil man mit 450€ monatlich von irgendwem garantiert existentiell abhängig ist. Würde man es ganz streng sehen, müsste man hier feststellen, dass mit solcher Art Abhängigkeit Erwachsenwerden gar nicht möglich ist, weil man je leben muss wie ein 12-jähriger Mensch.

     

    Aber noch etwas kommt hinzu, in D noch weniger als im Rest der EU, aber es nimmt auch in D zu: Perspektivlosigkeit und die Ohnmacht, was daran zu ändern. Sozialpsychologisch nennt man das Anomie. Nicht wissen, wie es weitergeht und nicht wissen, wie das zu ändern wäre, nicht mehr fühlen, es selbst noch ändern zu können. Das ist weit mehr als ein Motivationsproblem. Motivierbar ist, wer ein Ziel hat, für das zu kämpfen sich lohnt zumindestens gehofft wird. Anomie aber heißt: gar keine Basis mehr haben für irgend eine Form von längerer Planung oder Hoffnung. Heißt die eigene Zukunft, da sie eh fremdbestimmt ist, völlig uninteressant zu finden. Heißt schei**egal ob ich pünktlich ins Unternehmen komme oder nicht, es ändert nichts an der Schwärze der Zukunft ob ich komme oder nicht. Heißt aber auch bedenklicher existentieller Grundzustand, weil man sich zunehmnd als verloren und am Rand runtergefallen erlebt, als sich verrant habend und nicht mehr wissen, wohin eigentlich. Im übrigen ist Anomie auch ein gefundenes Fressen für Fundamentalismen welcher Farbe auch immer, so wie für Gewaltbereitschaft (London calling...).

    Der Jugend die Zukunft zu nehmen ist wie den Pflanzen Licht, Wasser und Boden zu nehmen.

     

    Es war eine Frage der Zeit, bis auch unsere Schulen, die wie unsere Arbeitsstruktur immer noch in vielen Teilen wie im 19.Jahrhundert funktioniert (insbesondere die Verherrlichung von Konkurrenz bis in die höchsten Ebenen des Bildungswesens), irgendwann zunehmend versagen werden. Die Warnungen gab es seit den 1950igern (Frankfurter Schule), vielleicht schon seit den fragwürdigen 1920igern (P. Geheb), aber sie kam immer automatisch von Leuten, die deswegen dann irgendwie nach Hippie rochen und die auch einfach nur faul waren und so, ne? Fächervielfalt in und Entautoritarisierung von Schulen gilt ja auch heute noch als sehr fragwürdig. Lieber ne starke Hand und ne straffe Führung, dann kriegen die Kinder schön robuste Ellenbogen und werden deswegen vielleicht zb. pünktlich. Das hat solange funktioniert, wie das System, an das durch die Schule angepasst werden sollte (die "Unternehmen" aka die ökonomischen Verhältnisse), aber es funktioniert zunehemnd weniger, wenn diese ökonomischen Verhältnisse selbst nicht mehr funktionieren, wenn sie ihre Wünschenswertheit verlieren ("Arm durch Arbeit"), weil die ökonomische Ungleichheit immer stärker zunimmt bei gleichzeitiger Erhöhung der (materiellen und immatteriellen) Kosten von immer mehr Ausbildungswegen, die immer weniger Sicherheit bieten. Man kann fast sagen, dass Input und Output heutiger Fortbildung zunehmend auseinanderklaffen, ob man nun motiviert ist oder nicht.

     

    Sehr gut deutlich wird das zb. bei der Ausbilung zum Erzieher: die dauert geschlagene 5 Jahre, die ersten 4 Jahre gibts aber GAR KEINE Ausbildungsvergütung. Wer nun ist in der Lage, 30-40 Stunden pro Woche 48 Monate lang sich zu finanzieren, ohne eine bezahlte Arbeit zu haben, aber auch kaum noch Zeit, eine zweiite 40-Stunden-Sache aufzumachen, um sich irgendwie ausbildungslos finanzieren zu können? Und woran fehlt es dann in Zukunft wohl? Und was wird die Auswirkung sein, wenn es an guten, nicht mit Existenzängsten belasteten Erzieherinnen fehlen wird? Ein Mangel nicht nur an Grundtugenden. Möglicher Weise auch ein Übermaß an anpassungsunwilligem Verhalten, aber nicht aus Stärke des Charakters. Nicht aus Reflexion, sondern aus Ressentiment. Möglicher Weise auch das Verlangen nach richtigen Führern, mit allen Folgen.

     

    20-Jährige werden ohne Grundtugenden geboren so wie jeder Mensch, aber wenn man es innerhalb von 20 jahren nicht schafft, ihnen als Gesellschaft die Tugenden, die man will, einzuflößen, dann ist das nicht Schuld der Jugendlichen. Um diese hat man sich vielmehr nicht gekümmert und jetzt, wo es brennt, schreit man rum. So als ob nicht immer wieder ein paar Hippies davor gewarnt hätten. Und wenn man richtig unbedarft ist, begegnet man dem Problem mit Zucht und Ordnung, mit Law and Order, mit unerbittlicher Übermacht der Autorität, also man bekäpft dann Feuer mit Brandbeschleuniger. Und dann wundert man sich über brennende Vorstädte.

  • C
    ChristianMaria

    Als Lehrer schildere ich mal kurz die reale Lage:

    Mittlerweile gilt das Motto, dass nur ein Mensch mit Abitur und Studium erfolgreich ist. Das Niveau an den Gymnasien sinkt, damit so viele das schaffen.

    An unsere Realschule mit vielen Problemschülern sagt fast jeder Schüler (vor allem die minderqualifizierten und unbeschulbaren Schüler):"Isch Abitur, dann Arzt!"

    Vor allem unsere Schüler mit türkischem/arabischem Hintergrund überschätzen die eigenen Leistungen und tingeln so teilweise Jahre lang durch die Institutionen.

    Ein üblicher Werdegang? Ali wird, trotz der Empfehlung für eine Realschule, auf ein Gymnasium geschickt. Er rebelliert, schafft den Anspruch nicht, wechselt auf die Realschule, kommt auch dort mit dem Anspruch nicht zurecht, wechselt auf die Hauptschule, wechselt dann wieder auf die Realschule, schafft das Niveau immer noch nicht, macht dann mit 18-19 an einer Hauptschule den Abschluss 10B (angeblich mittlere Reife). Seine Eltern kommen aus der Türkei, in der Türkei existiert sozialer Aufstieg nur über das teure Studium, sie kennen sich mit unserem Ausbildungssystem nicht aus und üben Druck auf ihren Sohn aus. Dieser versucht es dann wieder an einem Gymnasium, schafft natürlich das Niveau nicht, hat soziale Integrationsprobleme, verlässt mit Anfang 20 die Schule und schwört darauf, dass man Vorurteile ihm gegenüber habe. Mit seinen Leistungen habe das nichts zu tun.

    Er ist arbeitslos, hilft eventuell hin und wieder irgendwo aus. Irgenswann, so mit Ende 20, beginnt er eventuell noch eine Ausbildung. Diese bricht er ab wegen der Anforderungen, er versucht es mit einer zweiten Ausbildung. Diese schließt er mit Anfang 30 ab, der Traum vom Studium bleibt, allein um der Akzeptanz der Eltern willen.

     

    DAS ist deutsche Realität. Diese Art der Schüler haben wir in Massen. Selbst der größte Depp schließt eine ordentliche Ausbildung aus und sagt von sich:"Ich Abitur!" Wo soll das hinführen? Das hat nichts mehr mit demographischem Wandel zu tun, sondern mit Fehlentwicklungen in unserer Gesellschaft!

  • N
    noname

    @Felix:

    ...und es steht dem Lehrling natürlich auch zu, den Chef nachzumachen. Er ist ja eigentlich auch ein bisschen Chef, gell?

    Ist ein Berufsausbildungsplatz tatsächlich ein billiger Arbeitsplatz für den Ausbilder, oder hat da jemand nicht die Kosten rund um eine Berufsausbildung berücksichtigt (Lehrgänge, evt. Wohnheimunterbringung bei Blockunterricht, Prüfungskosten, etc.).

    Beide müssen sich immer aufeinander einstellen. Jeder Jahrgang unterscheidet sich von dem davor. Zum Teil sogar dramatisch. Ob Pünktlichkeit nun eine Tugend ist, oder Teil einer Absprache darüber wann man sich trift um miteinander zu arbeiten. Wenn sich nur einer nicht daran hält, fehlt doch die Basis einer Zusammenarbeit. Ist praktisch wie in einer Beziehung, in der einer unzuverlässig ist.

  • H
    Holkan

    @Felix: Wer auf die Idee kommt, nur pünktlich zu kommen, wenn der Chef Verluste macht, ist wahrscheinlich geistesverwandt mit Ihnen. Und sollte seinen Weg als Flaschensammler und Prostituierter gehen, aber dem Rest des Landes nicht weiter zur Last fallen.

  • N
    Namaste

    Und die Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung sind ebenfalls "gesungen" ;-)

  • J
    Jaschek

    "Es fehlt zunehmend an den Grundtugenden wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit"

     

    "Ausbildungsunternehmen sind immer häufiger mit unmotiviertem Nachwuchs konfrontiert."

     

    Jeder motivierte, pünktliche, zuverlässige Schüler einer Haupt- oder Realschule versucht heutzutage, weiterzukommen, etwas aussichtsreicheres zu machen als Einzelhandelskaufmann/-frau. Logisch, die Berufsperspektiven in den meisten Lehrberufen sind miserabel. Wer nur kurzfristige und unsichere Arbeitsverhältnisse und schlechte Entlohnung anbieten kann, darf sich doch nicht wundern, wenn die guten und mittelmäßigen Leute fernbleiben.

     

     

    "Viele der jungen Leute kriegen aber mit 20, 21 Jahren doch noch die Kurve, "da macht es dann plötzlich ,klick'""

     

    Auch das ist nicht verwunderlich. Es ist Unsinn, von 15-jährigen zu erwarten, dass sie wissen, was sie wollen und mit Feuereifer rangehen. Vor allem bei der überall drohenden Unsicherheit, die heute allen jungen Leuten bewusst ist. Die 70er sind vorbei, diese Berufe sind heute weniger wert und werden dementsprechend weniger nachgefragt (Zum Glück! Besser, als dass die jungen Leute in ihr Unglück laufen). Jammern hilft nicht. Das Ausbildungssystem muss der Zeit angepasst werden.

    Und: Erwachsenwerden ist keine Krankheit. Man kann auch mal jemanden einstellen, der über den Stimmbruch hinaus ist. Unter Umständen ist das sogar von Vorteil.

  • MM
    Max Maier

    @Felix: Nur dass die Einkommen im Handwerk nicht sehr üppig sind. Warum sollte z.B. eine Friseuse die später 1200 Euro Brutto zu erwarten hat grosse Freudensprünge machen wenn später doch nur zu Hartz4 Aufstockereinkommen reicht?

  • RW
    Richard Wolf

    Chefs, hört auf zu jammern! Macht den jungen Leuten das früher Aufstehen und die Ausbildung schmackhaft! Wenn ich jemanden zwei oder drei Jahre benutzen oder befähigen will, muß ich ihn motivieren! Dazu gehören neben Coachs, Supervisoren und einer eigenen inneren Haltung, die sich nicht in Gewinnmaximierung oder dem Herr-Knecht-Verhältnis erschöpft, auch eine überdurchschnittliche Bezahlung und Verständnis dafür, daß diese jungen Leute all dieser Scheiße ausgesetzt sind, die wir produziert haben, und verzweifelt und angstvoll ihren Weg suchen. Wenn wir den jungen Leuten ihre Bewerbungen einfach kommentarlos zurückschicken, statt sie einzuladen und ihnen zu zeigen, wie sei es besser machen können, haben wir es auch nicht besser gemacht. Die jungen Leute haben ein Recht darauf, daß wir die Bereitschaft in ihnen wecken, ihr Leben einem Vorhaben zu widmen. Dazu benötigen wir allerdings selbst eine Orientierung. Haben wir die? Oder verfügen wir nur über Ungeduld und Verständnislosigkeit? Es heißt, ein Baum mit starken Wurzeln kann einem gewaltigen Sturm widerstehen, aber kein Baum kann solche Wurzeln schlagen, wenn der Sturm bereits am Horizont auftaucht. Sind wir an Bäumen mit starken Wurzeln interessiert?

  • J
    Jan

    Lieber Felix,

     

    es geht hier nicht um die Top 100 Dax-Konzerne, sondern um kleine oder mittler mittelständische Betriebe, denen der Begriff Rekordgewinn wohl selten über die Lippen kommt. Wir reden hier von Bäckern, Elektrikern, lokalen Bauunternehmen etc. und dass die nicht mal eben ihre Produktion nach Asien verlagern können, dürfte einleuchten.

     

    Also bevor man wieder die altbekannte Schallplatte auflegt, einfach mal nachdenken.

  • G
    godzilla

    GESETZE EINIHALTEN? RUHEZEITEN?

     

    es gibt durchaus gründe, die einen lehrling dazu bringen, dass er morgens nicht aus dem bett kommt oder wirklich krank wird. nämlich: permanente 12-h-schichten, anweisungen zur krankmeldung von chefseite (essig mit berufsschule), azubi-solo-nachtschichten (im sicherheitsgewerbe). dieser lehrling wird dann "natürlich" kurz vor ablauf der probezeit entlassen - ein anlass findet sich immer. zumindest in bremen läuft der kapitalismus so.

     

    in diesem falle aussergewöhnlich gut informiert und grummelig

    godzilla

  • B
    Branko

    Das ist doch nur ein Symptom unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesamtsituation.

     

    Die Liste ließe sich auch beliebig fotsetzen:

    mangelhafte Orthografiekenntnisse in Berufen, wo rel. viel geschrieben wird, völlig unzureichende Mathekenntnisse bei Lehrlingen in Technik- und Handwerksberufen, Null Selbstmotivation, null Eigenverantwortung, dafür aber Unkonzentriertheit, Desintresse, Dickfälligkeit, Gleichgültigkeit, Egoismus und Egozentrik.

     

    Aber mal Hand auf's Hirn:

    Wen wundert's?

     

    Abgesehen davon, daß den meisten Eltern, die neben ihren zwei, drei, vier Billiglohnjobs der tollen Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahrzehnte überhaupt noch Zeit für ihre Kinder haben, ist nicht wenigen Eltern ihr persönlicher Erziehungs- und Bildungsauftrag ihrer eigenen Sprößlinge ziemlich bis völlig egal.

    Und seit der "geistig moralischen Wende" Helmut Kohls ist den Leuten klar:

     

    Leistung lohnt sich nicht.

    Das Märchen von Fleiß und Leistung ist eine Lüge.

     

    Vielleicht erinnert sich noch jemand dran:

    Wir waren damals die "Null-Bock-Generation".

    Wer von uns kann eine 'straighte Lehrbuch-Karriere' vorweisen? - also mit selbstgeschriebenem Doktortitel mein ich jetzt - ohne cheaten.

    Und, hat sich seit dem im Kurs irgendetwas geändert?

    Nö.

    Man hat es konsequent so weiter fortgeführt.

     

    Sich den Arsch aufzureißen dankt einem niemand - und schon gar nicht gibt's Geld dafür.

    Für jeden Job wird eine punktgenaue Ausbildung vorrausgesetzt. Die Arbeitsämter sind voll mit Leuten, die *über*(!)qualifiziert sind.

    Trotzdem kann man ständig seinen Arbeitsplatz verlieren, weil der Chef einen durch eine billigere Arbeitskraft ersetzt oder einen Börsengang anstrebt.

    Wer heutzutage länger als fünf Jahre in einem Job an einem Standort zu sowas wie einem Tariflohn geschafft hat, gehört ja mindestens schon zur gehobenen Mittelklasse.

     

    Reich geworden ist mit ehrlicher Arbeit noch nie jemand.

    Im Gegenteil:

    Heutzutage ist ehrliche Arbeit ein Garant für Arbeitslosigkeit und Altersarmut.

     

    So, what?

     

    Die Politik von CDU/CSU, FDP und SPD zahlt sich nun aus.

    Das haben wir so bestellt.

    Das wird jetzt so gegessen.

     

    Jeder, der die entsprechende Politik kritisierte, weil er die Folgen absehen konnte und verhindern wollte, wurde jahrzehntelang am Nasenring durch die Manegen der Talkshows gezerrt, mit einer Eselsmütze auf:"Da schaut. Ein kommunistischer Spinner! Ein Wachstumsverhinderer! Ein Angreifer unserer westlichen Werte und Moral. Ein Antikapitalist!"

     

    Seit bald vier Jahrzehnten wird brachial eine Politik durchgesetzt, die eine Umverteilung von unten nach oben schafft.

    Immer mit dem Argument:

    'Oben' wird das Geld gebraucht, weil die sonst nicht investieren.

    Selbst jetzt, wo es als erwiesen anzusehen ist, daß 'die da oben' trotz mitlerweile gigantischer Geldsummen Investition mit Zockerei verwechseln, und die Kohle einfach in Summen verbrannt wird, mit welchen wir technologisch einsamer Spitzenreiter sein und jedem Schüler einen Privatlehrer an die Seite stellen könnten, ist es immer noch dogmatisch, einen Kurswechsel vorzuschlagen (siehe z.B. die aktuelle Mindestlohndebatte der CDU - LÄCH-ER-LICH!).

     

    Allein für die Nennung solcher Ideen wird man in unserer freien Demokratrie dafür sogar noch unter die Beaufsichtigung des Innenministeriums gestellt.

     

    Nein.

    Da wird frühestens vielleicht, aber auch nicht wirklich dauerhaft umgesteuert werden, wenn noch viel, viel mehr Unternehmer keinen Gewinn mehr erwirtschaften, pleite auf der Straße hocken und kapieren:

    "Scheiße. Es ging weniger um den Export, als vielmehr um die Binnenwirtschaft. Wenn die Leute kein Geld in der Tache haben, ist meines bald auch nix mehr wert."

    Aber das gilt ja nach wie vor unerschütterlich dogmatsich als volkswirtschaftlicher Schwachsinn.

     

    Aber keine Angst vor einem wirklichen Kurswechsel.

    Sobald es wieder etwas mehr als 2% Wachstum gäbe, würde schon wieder von Steuererleichterung für die Reichen gefaselt werden - da bin ich mir ganz sicher.

     

    ---------------------------------------------------

     

    Unsere Jugend mag viele schlechte Eigenschaften haben, aber eines sind sie nicht:

    Doof.

    Sie haben kapiert, daß es für sie unterm Strich auf's selbe hinauskommt, ob sie sich den Arsch aufreißen oder im Bett bleiben.

  • DW
    damals war

    Die Grundtugenden bekommen die Jugendlichen im Fernsehen präsentiert.

     

    Um 10.00 Uhr aufstehen, im Café frühstücken, dann in die erfolgreich laufende Boutique, Mittag ins Bistro, nochmal 2 h arbeiten, Abends in die Disco.

     

    Alternativ den ganzen Tag anschreien mit Hartz IV.

    Gegebenenfalls auf Malle.

     

    Wer da nicht durchs Elternhaus etwas anderes zu sehen bekommt, könnte denken, das muss so sein.

  • C
    Christoph

    Ja, die tragenden Säulen eines Betriebes (Arbeitskräfte) erhalten gefühlt immer weniger, wobei ein paar wenige immer mehr bekommen. Wenn bspw. ein Unternehmen wächst bzw. aufgekauft wird, warum erhalten die Arbeitskräfte nicht einen Teil der Kaufsumme, statt dass diese auf das Privatkonto der Geschäftsführung landet? Das macht für mich keinen Sinn, denn der Wachstum eines Unternehmens kann schließlich nur durch die Arbeit jeder einzelnen Person in Kraft treten.

     

    Und wenn das Azubigehalt, wie im Artikel beschrieben oder auch selbst erfahren, einfach nicht reicht, um sich sein Leben zu finanzieren...was soll das? Glück ist, wenn zumindest dann noch nette Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind, dass die Ausbildung nicht rein zweck-technisch anzusehen ist, sondern auch einen gewissen persönlichen Mehrwert bietet. Schließlich verbringt man zukünftig einen Großteil seiner Zeit in dieser Firma (zukünftig entsprechend auch in anderen Firmen...)

     

    100/200 Euro mehr im Monat werden einem Unternehmen in der Regel nicht schmerzen...Ausnahmen gibt es immer. Und das Schulabschluss und Qualität der Arbeit nicht zwingend zusammenhängen, sollten AusbildungsleiterInnen mittlerweile begriffen haben. Unfähigkeiten fallen im Allgemeinen bei Personen jedes Schulabschlusses auf...

  • M
    Markus

    An "Grundtugenden" fehlt es auch vielen Unternehmen.

     

    Schlecht bezahlen, schlecht behandeln, wenig in die Ausbildung inverstieren (wird ja sowieso nicht übernommen), aber darüber wundern, warum die Lehrlinge so "undankbar" sind.

  • A
    Apfelsaft

    @Felix: Ihr Kommentar geht hier aber am Thema des Artikels vorbei!

    Ich muß mich dem Eindruck anschließen, daß die Leistungsbereitschaft bei der "Jugend" sinkt

  • M
    Marco

    Leider jammert hier nur die Arbeitgeberseite.

    Scheinbar hat selbst die IHK vergessen, was es heißt eine Ausbildung anzubieten. In der Lehrzeit wird schließlich ein Mensch herangebildet und kein perfekter Mensch erwartet! Dafür bekommen die ausbildenden Betriebe sogar etwas, nämlich eine sehr billige Arbeitskraft. Leider wird hier immer wieder der 16-jährige Azubi mit 1'er Abitur und mindestens 20 Jahren Beruferfahrung gesucht, der willig 50h/Woche arbeitet gesucht. Das natürlich zu einem Lohn, der einem keine eigene Existenz mehr erlaubt. Da frage ich mich, warum nicht eine Lehrstelle attraktiv gestalten?

    Selbst die Bundeswehr hat es lernen müssen. Ihr Kanonenfutter will umworben werden und nicht gemustert! Und die Leute dort lernen Pünktlichkeit, Fleiß usw. es wird nicht als eingebautes Feature erwartet!

  • A
    AZUBI

    Also ich habe eine Ausbildung zum Industriemechaniker mit Belobigung abgeschossen.Habe einige Jahre Berufserfahrung. Dazu wollte ich eine zusätzliche Ausbilung zum Elektroniker machen.Als Antwort bekam ich so etwas wie "Das haben wir hier noch nie gemacht" bekommen.Meine Frau lernt den Beruf als Krankenpflegerin und wird oft mit erniedrigenden Bemerkungen kleingehalten obwohl sie zu den Klassenbesten gehört.Also so schlimm kann es den Unternehmen nicht gehen,wenn Sie derart schlecht Ihren Nachwuchs behandeln. Ich hoffe das der Druck so hoch wird, das die Unternehmer gezwungen werden, die Mitarbeiter wieder würdevoll zu behandeln.

  • B
    broxx

    "Die Unternehmen müssen heute als mögliche Bewerber auch Jugendliche ins Blickfeld nehmen, die sie früher gar nicht erst eingeladen hätten"

     

    Nö, müssen die nicht! Einfach mal bei den Älteren gucken. Wir haben jetzt eine 40jährige eingestellt, die wird angelernt und gut ist´s. Die ist pünktlich und zuverlässig. Wer braucht schon unmotiverte Jugendliche...und wer keinen Bock hat bleibt zuhause. Aber dann bitte auch kein H4!

  • H
    heinzl

    Früher war sowieso alles besser! Grundsätzlich! Die Jugend von heute...

     

    Das Jammern über die Jugend ist schon so alt wie es Menschen gibt. Ich bin jetzt wohl schon ein "alter Sack" aber ich denke wir können mit unseren jungen Leuten sehr zufrieden sein.

     

    Sie sind leistungsorientiert, fleißig und motiviert. Das Problem ist eigentlich, dass man heute auch für Hilfstätigkeiten eine mehrjährige Ausbildung absolvieren muss.

     

    Lagerarbeiter oder Putzhilfe wurden "aufgewertet", d.h. die Jobs, die früher von den nicht so leistungsfähigen jungen Menschen bedient werden konnten werden jetzt auch verschult und in Ausbildungsberufe umgewandelt.

     

    Grundsätzlich würde ich mir wünschen, das viele Jugendliche rebellischer, kritischer und unangepasster wären.

     

    Ich durfte mir in meiner Jugend noch ein gesundes Maß an Verpeiltheit, Faulheit und Wirrköpfigkeit leisten - gestehen wir das doch auch den folgenden Generationen zu.

  • F
    Felix

    Jammern gehört zum Handwerk. Deutsche Betriebe fahren Rekordgewinne ein, wogegen die Arbeitseinkünfte in den letzten 10 Jahren kontinuierlich gesungen sind.

     

    Jammern auf hohem Niveau!

     

    Die Chefs machen es vor - die Lehrlinge machen es nach!