Uefa konkretisiert Reformideen: Eine Fußball-EM in 13 Ländern
Was im Sommer noch wie ein Testballon von UEFA-Chef Platini klang, wird nun konkret: 2020 könnte die Fußball-EM in 13 Ländern stattfinden. Auch Berlin ist im Gespräch.
BERLIN dpa | Die Planspiele für eine Fußball-EM 2020 in mehreren Ländern Europas werden konkreter. „Wir haben das Thema in unserem Präsidium besprochen und stehen den Vorschlägen offen gegenüber“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa und fügte hinzu: „Wobei der Gedanke, Euro-Spiele in Deutschland auszutragen, reizvoll ist.“
Ob die Europameisterschaft bei ihrem 60-jährigen Jubiläum tatsächlich erstmals in diesem Format organisiert wird, ist noch nicht entschieden. Am 27./28. November wird es in Brüssel ein weiteres Treffen von UEFA-Präsident Michel Platini und einigen Verbandsvertretern geben, an dem dieses Mal auch der DFB-Präsident und sein Generalsekretär Helmut Sandrock teilnehmen.
Am 7. Dezember berät das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union über die Idee von Platini. Der Franzose habe ihm aber bereits „in einem persönlichen Gespräch seinen Plan erläutert“, sagte Niersbach der Bild. Nach Informationen der Zeitung soll in 13 Ländern gespielt werden, deutscher EM-Ort soll Berlin werden.
„Die Diskussionen über den Bewerbungsprozess sind aktuell in vollem Gange“, ließ die UEFA auf dpa-Anfrage schriftlich wissen, fügte aber auch hinzu: „Es gibt noch keine Entscheidung über das Format und auch nicht darüber, ob es eine Standardbewerbung eines oder mehrerer Länder oder alternativ eines paneuropäischen Turniers in mehreren Städten auf dem ganzen Kontinent wird.“
Bundestrainer Joachim Löw wollte sich am Tag vor dem Testspiel gegen die Niederlande nicht mit diesem Thema beschäftigen. „Ich habe von diesem Plan gehört, weiß aber nicht, inwieweit er schon fortgeschritten ist. Mit diesen Gedanken beschäftige ich mich nicht“, sagte Löw in Amsterdam.
„Hat einen gewissen Charme“
Platini hatte seinen revolutionären Plan schon erstmals am Ende der EM in Polen und der Ukraine Anfang Juli vorgestellt. Nach ersten sehr verhaltenen Reaktionen scheinen sich nun immer mehr Fürsprecher zu finden. Zuletzt sagte auch DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock: „Wir (im DFB) haben unseren Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen, es hat aber einen gewissen Charme.“ Es gebe „unter den Nationalverbänden viele Befürworter einer Europa-EM“.
Laut Bild könnte auf Grundlage der aktuellen FIFA-Weltrangliste außer in Berlin in London, Madrid, Lissabon, Paris, Amsterdam, Brüssel, Basel, Athen, Rom, Moskau und Zagreb gespielt werden. Istanbul soll Favorit für Halbfinals und Endspiel sein. Das wiederum würde die UEFA aus einem diplomatischen Dilemma befreien. Die Türkei hat sich nämlich auch als Einzel-Gastgeber für 2020 beworben, nachdem sie zuletzt mit drei EM-Bewerbungen erfolglos geblieben war. Istanbul kandidiert allerdings auch für Olympia 2020 – beide Großereignisse in einem Land binnen weniger Wochen sind illusorisch.
Die anderen offiziellen EM-Kandidaten Georgien/Aserbaidschan und Schottland/Wales/Irland stoßen bei der UEFA auf wenig Begeisterung. So schien der Platini-Plan zunächst nicht mehr zu sein als eine sportpolitische Nebelkerze zur Kaschierung des Gastgeberproblems für die übernächste EM. Das Kontinental-Turnier 2016 findet in Frankreich statt.
Keine neuen Stadien nötig
Als Argumente für eine europaweite EM führte der französische Verbandschef die Finanzkrise und bereits bestehende Infrastruktur an. „Wir müssten keine Stadien oder Flughäfen bauen, gerade jetzt in Zeiten der wirtschaftlichen Krise“, sagte Platini im Sommer.
Die Kritik: Die Identität eines Turniers, das sich oft in den drei Wochen in den Gastgeberländern entwickelt, würde komplett verloren gehen. Typische EM-Stimmung würde nur schwer aufkommen. Für viele Länder ist eine Europameisterschaft zudem eine großartige Chance, sich der Weltöffentlichkeit zu präsentieren und Touristen anzulocken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen