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Tag gegen RassismusRassisten kriegen richtig Krach

Am morgigen Mittwoch soll der Internationale Tag gegen Rassismus zum ersten Mal stadtweit begangen werden. Die Idee: Lärm schlagen, wo immer man sich befindet.

Je lauter, desto besser: Krach gegen Rassismus. Bild: dapd

„Man kann nichts bekämpfen, was man nicht vorher als real anerkennt“, sagt Hilmi Kaya Turan, Sprecher des Türkischen Bundes Berlin (TBB). In Deutschland gebe es aber „ein Problem mit dem Begriff Rassismus“. Dabei sei Rassismus im Alltag vieler Menschen präsent „und nimmt ständig zu“, so Turan. Selbst wenn es – wie nach der Enthüllung des rechtsextremen Hintergrunds der Morde an Einwanderern – einen „Aufschrei der Entrüstung“ gebe, verpuffe der schnell: „Und es gibt keine grundsätzliche Änderung der Denkweisen“, so der TBB-Vorstand.

Mit vielen dezentralen und vor allem lauten Aktionen wollen deshalb der TBB und andere Migrantenorganisationen am Mittwoch auf den Internationalen Tag gegen Rassismus aufmerksam machen. Der von den Vereinten Nationen ausgerufene Gedenktag erinnert an die brutale Zerschlagung einer Anti-Apartheid-Demonstration am 21. März 1960 in Südafrika.

Alltagsrassismus spürbarer

Bisher sei der Internationale Tag gegen Rassismus in Deutschland kaum wahrgenommen worden, sagt Hilmi Kaya Turan vom Türkischen Bund Berlin (TBB). Das soll sich ändern: Denn „Alltagsrassismus ist hier spürbarer geworden“, so Turan. Seit den Morden der rechtsradikalen Terrorzelle NSU an zehn Menschen sei das Thema zwar „in den Schlagzeilen“. Doch habe es seit 1990 mehr als 180 Todesopfer rassistischer Gewalt in Deutschland gegeben, „über die keiner spricht“.

Deshalb hat der TBB sich mit anderen Organisationen, etwa dem Türkisch-Deutschen Unternehmerverband (TDU), dem Verband türkischer Dönerhersteller in Europa oder dem Bündnis Mitte gegen Rechts zusammengetan, um am Mittwoch an vielen Orten in der Stadt gleichzeitig auf das Thema aufmerksam zu machen. „Handeln. Jetzt. Es ist 5 vor 12!“, lautet das Motto des Tages. Aufgerufen seien jede und jeder Einzelne, um fünf vor zwölf „auf der Straße vor seinem Haus, am offenen Fenster oder einfach da, wo er gerade ist, Lärm zu machen“, so Turan. Die türkischen Unternehmerverbände werden ihre Mitglieder auffordern, zu diesem Zeitpunkt ihren Geschäftsbetrieb für kurze Zeit ruhen zu lassen „und mit ihren Kunden über Rassismus zu diskutieren“, erklärte Mehmet Özkan vom Verband der Dönerhersteller, der europaweit 17.000 Gastronomiebetriebe beliefert. Es gebe darunter aber auch Betriebe, „die sich an der Aktion nicht teilzunehmen trauen, aus Angst, selbst Ziel von Rassismus zu werden“, so Özkan.

Ein Menschheitsproblem

Die Aktionen richteten sich nicht von „betroffenen MigrantInnen“ gegen „rassistische Deutsche“, betonte Önder Costan vom Unternehmerverband Müsiad: Rassismus sei „das Problem der gesamten Menschheit, nicht einer bestimmten ethnischen Gruppe“. Man müsse dagegen vorgehen, „egal wo und durch wen er geschieht“, so Özkan. Auch deutsche Firmen und Einrichtungen wie die Arbeiterwohlfahrt, der Paritätische Wohlfahrtsverband, Grüne, Linkspartei und SPD oder der Lesben- und Schwulenverband LSVD machen bei den Aktionen mit.

Neben stadtweiten dezentralen Aktionen wird es Schwerpunkte etwa am Kottbusser Tor oder am Leopoldplatz in Wedding geben, wo sich ansässige Initiativen gegen Rassismus präsentieren. Bezirke wie Treptow-Köpenick oder Tempelhof-Schöneberg planen eigene Aktionen. Der Migrationsrat ruft für 17 Uhr zum Flashmob an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz auf und veranstaltet um 21 Uhr ein Solikonzert (www.mrbb.de). Informationen, Flyer und Plakate beim Türkischen Bund unter www.tbb-berlin.de oder auf Facebook unter „Aktion 5 vor 12“.

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10 Kommentare

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  • AE
    Alfred E. Neumann

    180 Tote sind schlimm genug aber natürlich kein Beleg für Alltags(!)rassismus, sondern es sind Extrema.

     

    Turan denkt also entweder nicht nach oder er instrumentalisiert bewusst schreckliche Taten für sein geplantes Krachgemache.

     

    Was im Alltag stattfindet, ist eine steigende öffentliche Ablehnung gegen Verschleierungen, Zwangsehen, sog. Ehrenmorde, Familiennachzug in die Sozialsysteme, Verweigerungshaltung in Schulen und im Ausbildungssystem, und gewalttätige Jugendgangs mit auf der Strasse pöbelnden, testosteron-überladenen, Turnhose und Goldkette tragenden Vollasis.

     

    Gerechtfertigt ist diese Kritik allemal. Das hat per se nichts mit Rassismus zu tun. Ob es statistische Häufungen in bestimmten Kulturkreisen, Nationalitaeten oder Religionen gibt, kann jeder selbst beurteilen oder nachlesen.

     

    Es ist tragisch, dass das weitgehend problemlose Zusammenleben von Migranten und Deutschen durch kleine Minderheiten strapaziert wird. Die echten Vorkommnisse von Rassismus sind demnach hart anzupacken. Der Vorwurf des alltäglichen Rassismus ist jedoch haltlos und banalisiert die eigentlich problematischen Fälle.

  • KB
    Karin Bryant

    Leere Wagen machen überall den meisten lärm,anders wird es auch in Berlin nicht sein.

  • S
    suswe

    Lärm wird das differenzierte Wahrnehmen des Einzelnen leider nicht ersetzen. Aber vielleicht nervt er ja die Nazis usw.

  • RH
    Rainer Hohn

    ich hab ja grundsätzlich gerne Recht, wie meine Frau mit Freude bestätigen wird; dennoch hätte es mich gefreut, hier einmal falsch zu liegen. Aber leider ist nichts so verlässlich wie menschliche Dummheit.

     

    In Ergänzung zu Evas Beitrag fehlen übrigens noch die Begriffe "Gutmensch" und "Multi-Kulti-Lüge", dann habe ich mein Bullshit-Bingo für heute voll. Ein Verweis auf Sarazin gäbe dann noch ein paar Bonuspunkte.

     

    Mit freunlichen Grüßen insbesondere auch nach rechtsaußen,

     

    Rainer Hohn

  • B
    berndo

    @Rainer Hohn:

     

    hat ne weile gedauert, ob die wohl heute alle woanders waren? Haben sich nicht ins Internet gedauert, weil da der böse Islam lauert;)

     

    @eva:

     

    bis wieviel können Sie denn jetzt genau zählen?

    Das würde mich dann doch interessieren.

  • R
    richtigstellen

    flashmob und solikonzert wird nicht vom mrbb, sondern von dem Bündnis gegen Rassismus organisiert.

  • E
    eva

    Ihr Kommentar ist populisitsch und ja, auch dumm.

    Wenn ein paar verwirrte Priester Untaten an Schutzbefohlenen begehen, johlt die Meute auf und bejubelt den Islam, in dessen Namen und von dessen Gläubigen natürlich nie, niemals Untaten an Kindern, Frauen oder anderen begangen worden sind.

    Tatsächlich? Was ist mit Zwangsheiraten und Ehrenmorden mitten unter uns, mit der Unterdrückung von Frauen und Mädchen mitten in Europa? Beginnend damit, dass die brave Muslima nicht Rad fährt, weil ihr Mann das nicht schätzt (wie meine Freundin), und endend damit, dass sie das Haus nicht mehr verlassen darf.

    Im Namen des Islam werden Mädchen abgetrieben, ihnen Bildung verweigert, werden 10jährige von alten Männern vergewaltigt, Mädchen beschnitten und ungeliebte Ehefrauen rechtlos verstoßen - alles im Namen und mit Billigung des Islam und seiner Schriften.

    In muslimischen Ländern sind Andersgläubige so wie gut rechtlos, ihre Religionsausübung verboten, und in mehr als einem Dutzend Jahren in SO 36 habe ich mehr rassistische Beschimpfungen von Türken und Arabern an Nichtmuslime gesehen und erlebt als ich zählen kann. Antimuslimische Beschimpfungen habe ich allerdings nie erlebt.

    Rassismus gibt es mit beiderlei Vorzeichen, und keine Religion ist dagegen gefeit, dass in ihrem Namen Verbrechen begangen werden. Das spricht nicht per se gegen eine Religion, sondern nur gegen ihre Vertreter. Ob Muslime oder Christen.

  • BH
    Blanker Hohn

    Tja, Rainer.

     

    Diese PI-Burschen haben dermaßen die Höschen voll vor den Muslimen. Mich wunderts schon, dass die sich überhaupt noch vort die Türe trauen.

     

    Würde auch gerne mal erfahren, wieviel Deutsche mittlerweile schon von den Muslimen aufgefressen wurden. Schließlich scheint die Bedrohung ja akut zu sein, hört man diesen verwirrten Kleingeistern mal zu.

     

    Man sollte sich täglich bei ihnen erkunden, ob, und wenn wo, wieder deutsche Opfer von blutrünstigen Muslimen wurden.

     

    Dass gestern wieder ein vollgesoffener Schläger seine Frau windelweich geprügelt hat, tut hier nichts zur Sache. Schließlich ist er Christ.

     

    Ebenso sind die Priester und Bischhöfe in Trier auch Christen...deshalb dürfen sie sich auch weiterhin an kleinen Jungs vergehen, ohne dass PI-Schwachmaten etwas dagegen hätten. Schließlich sind es Christen.

     

    Aber warum echauffieren sich PI-Hetzer dann über Mohammed, er wäre ein Kinderschänder gewesen? Die katholische Kirche schändet heute, aktiv.....jedoch ist das bei PI-Hetzern kein Thema.

    Bis das Kind eines PI-Lästermaules mal von einem Priester "gestreichelt" wird.

     

    Dumm, dümmer, Rechts.

  • H
    Holkan

    Find ich voll gut. Das bringt auch was, weil damit Rassismus der Boden entzogen wird. Und ist auch gut, dass man was dagegen gemacht hat. Und kostet auch nichts. Noch nicht mal Mut.

  • RH
    Rainer Hohn

    Mal sehen, wann die ersten PI-News-Trolle hier auftauchen und sich über die viel schlimmere Deutschenfeindlichkeit der bösen Ausländer echauffieren.