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Stellenstreichungen im Ex-WAZ-KonzernDas ist kein Liebeslied

200 Stellen will die Funke-Mediengruppe streichen. Die Zahl der Redakteure hat sich bei einigen Titeln damit seit 2009 halbiert.

Die Zeitungen der WAZ-Gruppe: The Walking Dead? Ein Zombie und ebenfalls vom Siechtum befallene Schwesterblätter. Bild: dpa

KÖLN taz | Neuer Name, altes Lied: Der Essener WAZ-Konzern, der sich jetzt Funke Mediengruppe nennt, setzt weiter auf Personalabbau. „Wir möchten Sie darüber informieren, dass wir uns gezwungen sehen, im Redaktions- und Verwaltungsbereich rund 200 Stellenstreichungen in NRW vorzunehmen“, heißt es in einer „Information der Geschäftsführung“. Betroffen von der neuerlichen Sparorgie ist unter anderem der zentrale Content Desk, der die Mantelseiten für die in Nordrhein-Westfalen erscheinenden Tageszeitungen des Verlages liefert.

„Ihr Vorgesetzter wird Sie zeitnah über die Details informieren“, teilten die WAZ-Geschäftsführer Manfred Braun und Christian Nienhaus sowie Konzernfinanzchef Thomas Ziegler den „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ am Mittwoch mit. Rund 80 der Stellen sollen in den Redaktionen wegfallen, der Rest in den sonstigen Verlagsbereichen. Damit hätte sich die Zahl der Redaktionsarbeitsplätze bei den vier NRW-Titeln des Konzerns – der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), der Neuen Rhein/Ruhr Zeitung (NRZ), der Westfälischen Rundschau (WR) und der Westfalenpost (WP) – seit Beginn der ersten großen Sparrunden 2009 mehr als halbiert.

Die WAZ-Geschäftsführung begründet ihre erneute Sparorgie mit dem „starken Wettbewerb, dem signifikant einbrechenden Anzeigenmarkt und den erodierenden Auflagenzahlen deutscher Tageszeitungen. Die Entscheidung, sich von Personal zu trennen, sei ihr zwar „mehr als schwer gefallen“, heißt es in der unerfreulichen WAZ-Osterbotschaft. Doch der Verlag müsste sich „den Marktgegebenheiten anpassen, vor allem dann, wenn sie in unserem Unternehmen zu rückläufigen Geschäften führen“.

Die geplante Kostensenkung schaffe „die Möglichkeit, flexibler reagieren zu können und investitionsfähig zu bleiben“. Die WAZ-Manager versicherten, „dass wir so sozialverträglich wie nur möglich handeln werden. Wie es heißt, sollen alleine die Kürzungen beim Content Desk dem Konzern 2,5 Millionen Euro bringen. Betroffen sind außerdem die Anzeigenblätter, der Bereich Anzeigen und der Fotopool.

Auf der Führungsebene keine Grenzen

Die Journalistengewerkschaften reagierten empört auf die Ankündigung. Von einem „fatalen Kurs“ sprach Ver.di-Vizechef Frank Werneke. „Trotz einer guten Rendite von deutlich mehr als zehn Prozent wird hier in unverantwortlicher Weise erneut der Rotstift angesetzt“, sagte Werneke. Ein solcher Kahlschlag gehe zulasten von Meinungsvielfalt und journalistischer Qualität. „Es ist unfassbar, was in diesem Medienhaus geschieht“, sagte der nordrhein-westfälische DJV-Landesvorsitzende Helmut Dahlmann. „Sparen ist das einzige erkennbare Konzept dieses Konzerns“, kritisierte er.

Während bei den Mitarbeitern „mit der Axt gekappt“ würde, scheine es auf der Führungsebene hingegen keine Grenzen zu geben. So werde schon lange kolportiert, dass der Abschied eines Geschäftsführers 20 Millionen Euro gekostet habe – gerade die Hälfte von dieser Summe stünde für den Sozialplan aller entlassenen Redakteure der Westfälischen Rundschau zur Verfügung.

WR als Zombieblatt

Erst im Januar hatte der Konzern das Aus für die WR als eigenständige Zeitung verkündet. 120 Redakteure und mehr als 150 freie Mitarbeiter verloren ihre Arbeit. Seit Februar erscheint die traditionsreiche Zeitung nur noch als Zombieblatt ohne eigene Redaktion, gefüllt mit den Inhalten der WAZ, der Westfalenpost sowie von nicht zum Konzern gehörenden Konkurrenzblättern.

Dieses Modell soll nun wohl ausgebaut werden. So soll wohl zum 1. Mai die WAZ-Redaktion im Kreis Vest-Recklinghausen dichtgemacht werden. Stattdessen sollen die Leser mit dem Lokalteil der im Verlag Clemens Bauer erscheinenden Recklinghäuser Zeitung beliefert werden. An den Kragen gehen dürfte es demnächst wohl auch etlichen Lokalausgaben der schon lange schwächelnden NRZ, die künftig mit WAZ-Inhalten gefüllt werden könnten.

Ungewiss erscheint die Zukunft des NRZ-Chefredakteurs Rüdiger Oppers. Nach Informationen des NDR-Medienmagazins „Zapp“ soll der 52-jährige ehemalige Sprecher des WDR nur noch formal amtieren, sein Vertrag zum Jahresende auslaufen.

Streichkonzert noch nicht vorbei

In der Essener Zentralredaktion der WAZ geht man davon aus, dass das jetzt verkündete Streichkonzert nicht das letzte sein wird. Dafür spricht, dass die Mehrheitseigentümerin Petra Grotkamp mit dem 52-jährigen Martin Kall einen knallharten Medienmanager neu in den Gesellschafterausschuss berufen hat.

In einem Porträt in der NRZ heißt es über seine vorherige Tätigkeit in der Schweiz: „Er trennte sich von nicht wenigen Print-Redakteuren“ – und was keinen Gewinn machte, fand bei ihm „keine Gnade“. Der Mann passt ins Konzept.

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3 Kommentare

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  • J
    jenny

    Zu allererst müssen die Kosten des Mehrheitsauf-

     

    kaufs von ca. 500 Mio. Eu. wieder reingeholt werden.

     

    Die frühere WAZ-Gruppe verdient ihr Geld kaum noch

     

    im Ruhrpott, wo nur noch lästige Pflicht abgeliefert

     

    wird, sondern an ihren Medientochtergesellschaften im

     

    Ost/-Südosteuropäischen Ausland, hinzu kommen TV-

     

    senderbeteiligungen u. einige Zeitschriften a la

     

    "Neues Blatt", die mit wenig Redakteuren inhaltlich

     

    gefüllt werden.

     

    Durch den Monopolstatus im Ruhrgebiet kann auch dort

     

    mit Minimalaufwand, ohne Konkurrenz , noch etwas

     

    verdient werden.

    Aber der Bevölkerungrückgang, die geringe Kaufkraft

     

    u. das Internet nagen stark an den dortigen Blättern.

     

    Es wird Zeit, dass Medienpioniere endlich der

     

    WAZ-Gruppe vor Ort Paroli bieten, dieses abgesunkene

     

    Niveau ist wirklich erbärmlich für den Lebensraum von

     

    4 - 5 Mio. Bürgern !!

  • R
    reblek

    "Die geplante Kostensenkung schaffe 'die Möglichkeit, flexibler reagieren zu können und investitionsfähig zu bleiben'." - Einen schönen Deutsch schreiben die Konzernherren: "Die Möglichkeit, zu können", also ob nicht könne, wem etwas möglich ist und umgekehrt, was die Angelegenheit zum Doppelmoppel macht. Und weil sie nicht wirklich wissen, wie Deutsch geht, schreiben sie "Möglichkeit, zu bleiben", was ausnahmsweise korrekt ist.

  • D
    Debaser

    Wie DIE ZEIT so schön titelt: "Es geht uns zu gut" - "Diese und andere Erfolgsmeldungen will nur keiner richtig wahrhaben".