Sicherheitskonzept in Fußballstadien: Schnüffeln muss sein
Die Deutsche Fußballliga verabschiedet ihr umstrittenes Sicherheitspaket. Fans protestieren weiter, aber die Macher sehen nur ein „Kommunikationsproblem“.
FRANKFURT/ MAIN taz | Drinnen sahen sie sich als Retter des Fußballs vor dem Zugriff der Politik. Schärfere Sicherheitskontrollen, Einschränkung von Fanprivilegien, Kollektivbestrafungen und Kartenkontingetierungen könnten zum Alltag werden im deutschen Fußball.
Die DFL, der Verband, in dem die 36 Klubs der ersten und zweiten Bundesliga organisiert sind, hat auf ihrer Versammlung am Mittwoch in Frankfurt jenes umstrittene Sicherheitskonzept verabschiedet, gegen das Fanverbände seit Wochen demonstriert haben.
Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des FC Bayern München, verkündete die für die Kurvenfans so bittere Nachricht als Erster. „Es hat eine breite Zustimmung gegeben“, sagte er und fügte an: „Wir haben uns klar gegen Gewalt, Pyrotechnik und Diskriminierung ausgesprochen.“ Dann machte er sich mit den Worten „Wir haben uns nie von den Fans entfernt, es gab nur ein Kommunikationsproblem“ auf den Heimweg. Einfach war das nicht.
Denn draußen standen die, die in dem Sicherheitspapier das Ende der Fankultur, wie sie auf den Stehplätzen der deutschen Stadien gelebt wird, sehen. Stundenlang warteten fast 1.000 Fans, die aus ganz Deutschland angereist waren, bei eisiger Kälte vor jener Luxusherberge im Frankfurter Büroviertel Niederrad, in der die Deutsche Fußball-Liga ihre Beratung über das neue Sicherheitskonzept abhielt. An den wütenden Fans musste Rummenigge vorbei. Die Demonstration war ein weiteres Zeichen der Fanbasis, die sich auch von den weiträumigen Polizeiabsperrungen nicht abhalten lässt, ihren Protest zu äußern.
Viel war von Dialog die Rede
Bevor klar war, was von der DFL entschieden wurde, sagte Ben Praße, Sprecher der Fanorganisation „Unsere Kurve“ noch: „Wir hoffen, dass hier aus der Vernunft heraus entschieden wird und nicht wegen des Drucks durch die Politik. Dass es hier friedlich bleibt, wissen wir alle“, sagte Praße. Seine Hoffnung, dass der Antrag auf Vertagung, der vom Vorstandschef des Hamburger SV Carl Jarchow, eingebracht worden ist, angenommen würde, hatte sich zerschlagen.
Der Wunsch der Fanverbände, ein Sicherheitspapier im Dialog mit der Liga zu erarbeiten, erfüllte sich nicht. Und doch war nach der Versammlung viel von Dialog die Rede. Reinhard Rauball, der DFL-Präsident, sprach davon, nachdem er den professionellen Fußball als Gewinner des Tages bezeichnet hatte.
Auf die Kritik der Fanverbände, die Liga habe sich von der Politik regelrecht treiben lassen, widersprach er: „Wir haben das heute nicht für die Politik gemacht.“ Die Fußballkultur sei keineswegs am Ende, so Rauball. „Die angekündigten Eingriffe sind vom Tisch“, sagte er. Forderungen nach Stehplatzverboten oder der Bezahlung von Polizeieinsätzen müssten nun „endgültig vom Tisch sein“. Und dann war wieder von Dialog die Rede.
Fast genialer Schachzug
Die Fans sind zwar in der Frage nach mehr Sicherheit nicht immer einig, aber zumindest haben sie auch mit ihren Aktionen demonstriert, wie wichtig ihnen vernünftige Leitplanken künftig sind. Und Klubs, die den Konsens suchten, haben vom Input profitiert.
„Die Bereitschaft, die Fans einzubeziehen, hat sich spürbar verbessert“, sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte (Kos). Der stille Protest an den vergangenen Spieltagen als fast genialer Schachzug. Gabriel: „Es ist großartig gelungen, nicht nur den Leuten im Stadion und in den Vereinen, sondern auch den Zuschauern vor dem Fernseher spürbar zu machen, wie es sich anfühlt, wenn die Fans nicht mehr da sind.“
Wie die Fans auf die Entscheidung reagieren würden, mochte Rauball nicht einschätzen. Er weiß jedoch, dass das Thema die Liga weiter beschäftigen wird. „Dazu sind die Bretter zu dick“, meinte er und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass jeder Verein in Kenntnis der jeweiligen Fanszenen das Sicherheitspapier angemessen anwenden wird.
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