piwik no script img

Serienkolumne CouchreporterLauter depressive Charaktere

Baha Kirlidokme
Kolumne
von Baha Kirlidokme

Gewalt, Drogenprobleme und andere Dämonen: DCs „Titans“ zeigt, dass auch eine deprimierende Superhelden-Welt Erfolg haben kann.

Hat überraschenderweise ein kleines Gewaltproblem: Dick Grayson aka Robin Foto: Netflix

E in blutbefleckter Robin bricht Drogendealern sämtliche Knochen, schlitzt sie lebensgefährlich auf und toppt alles mit einem Satz: „Fuck Batman.“ Die Szene aus der ersten Folge beschreibt treffend die Stimmung und den Tonfall der neuen DC-Serie „Titans“.

DC-Fans lieben die „Teen-Titans“, das Superhelden-Team um Raven, Starfire, Beastboy, Robin und Cyborg. Für seinen neuen Streaming-Dienst „DC Universe“ hat sich DC nun an eine Neuauflage des Teams gewagt. Seit vergangenem Freitag kann man die ersten elf Folgen auch auf Netflix schauen.

Gleich vorweg: „Titans“ ist die vielleicht dunkelste und deprimierendste Live-Action-Superhelden-Serie, die je geschaffen wurde. Und genau das ist ihre Stärke.

Die Welt ist alles andere als in Ordnung für die Protagonisten. Sie ist voller Schmerz, Betrug, Gewalt, Verrat. Die 14-jährige Rachel hat eine dunkle Kraft in sich, vor der sie wegrennt. Dick Grayson ist mit Batman zerstritten und arbeitet in Detroit als Cop, während er vor seinen eigenen, gewalttätigen Dämonen davonrennt.

Ihre Wege kreuzen sich und sie treffen auch Kori aka Starfire, die unter Gedächtnisverlust leidet – und jeden kaltblütig verbrennt, der ihr im Weg steht. Hinzu kommt noch Gar aka Beastboy, der seine Eltern verloren hat und sich wegen eines Geheimnisses verstecken muss. Cyborg fehlt in der Serie bislang.

Zu düster?

Von vielen wurde „Titans“ nach dem ersten Trailer reflexartig als „zu düster“ abgetan, kommt aber inzwischen bei Kritikern und Fans sehr gut an. Weil die Schauspieler klasse sind, die Skripte gut geschrieben und die Serie optisch ansprechend.

Das zeigt, dass wir uns zum Glück nicht nur nach dem leicht bekömmlichen Eskapismus sehen, den uns Marvel, die Konkurrenz von DC, für gewöhnlich anbietet. (Zugegeben: Spätestens seit dem Kinofilm „Civil War“ ist auch Marvel ein bisschen anspruchsvoller geworden.)

Zwar ist es völlig legitim, Ablenkung in der Popkultur zu suchen. Das geht vor allem mit Marvels lustig-bunter Welt. Denn die echte Welt ist momentan auch nicht in in Ordnung. Unsere Erde stirbt, rechte Autokraten kommen an die Macht und die Schere zwischen arm und reich wird minütlich größer. Hinzu kommen noch die persönlichen Probleme, die jeden von uns beschäftigen. Man sollte allein aus gesundheitlichen Gründen hin und wieder der Realtät entfliehen.

Bezug zur Realität durch Fiktion

Doch man sollte die Realität nicht völlig ausblenden. Besser ist die Auseinandersetzung mit ihr, zumindest gelegentlich. Das funktioniert mit DC, vor allem mit Titans sehr gut. Dass ausgerechnet fiktionale Welten dabei helfen, kann erst einmal weit hergeholt klingen. Schließlich haben menschliche Flammenwerfer nicht besonders viel mit der Realität zu tun. Doch jeder Film und jede Serie transportiert eine Botschaft, eine Moral.

Als es Marvel noch dunkler probiert hat, hat mir Tobey Maguire in den alten Spider-Man-Filmen gezeigt, dass aus großer Kraft große Verantwortung folgt. Der neueste Spider-Man-Film hat auch Spaß gemacht, doch viel gelernt habe ich aus ihm nicht.

„Man of Steel“ und „Batman vs. Superman“ zeigen, dass selbst Götter menschliche Probleme haben und gehasst werden können. Dass man es nicht jedem recht machen kann. So zeigen die „Titans“ im Verlauf der Serie, auch wenn ich hasse, wie kitschig und pathetisch das klingt, dass man sich seinen Problemen nicht alleine stellen muss. Selbst im Erwachsenenalter ist es nicht schlecht, mal daran erinnert zu werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Baha Kirlidokme
Volontär bei der Frankfurter Rundschau. Aktuell im taz-Parlamentsbüro. Schreibt über Gesellschaft, Politik, Wirtschaft. Vornehmlich über Nahost, Linkspartei und Debatten. Macht manchmal laute Gitarrenmusik.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Diese neue Serie enthält mehr, als von Baha Kirlidokme beschrieben!



    "TITANS" ist, durch die langweilig erscheinenden Rückblenden in die Jugend und Vorzeit der Akteure, psychologisch spannend ! Eine art `zivilisatorisch-moralische´Entwicklung zeigt sich z.B. in der Abkehr von mörderischer Selbstjustiz Batmans. Action, AC/DC Klänge..Suche nach Wahrheit und Erkenntnis.. totale Ballerei und Kampf,



    Selbstverantwortung gemixt mit Schicksal- Ausgeliefertheit an die Dummheit der Macht/Kampf der Sozialkultur..



    "TITANS" ist irgenwie mehr als nur Action und Sensation...

    • @vergessene Liebe:

      hm, warum ist Batmans Selbstjustiz "mörderisch"? Das ist sie ja gerade NICHT.

      • @Glimmlampe:

        Sorry @GLIMMLAMPE ! Ich hätte besser "gewaltvolle" Selbstjustiz Batmans schreiben solln´.. oder zumindest ..: Abkehr von "mörderischer" Selbstjustiz..



        ..ja! ..die Anführungsstriche " " (!) hätten gereicht.. Schau´s dir selber !

  • Diese Serie ist einfach nur langweilig. Der Anfang ist vielversprechend, leider flacht die Handlung immer weiter ab und die letzten drei Folgen braucht man dem Zuschauer gar nicht mehr zu zeigen, weil eh klar ist worauf es hinaus läuft. Die ständigen Rückblicke in die Jugend der Charaktere sollen diese dem Zuschauer näher bringen, nerven aber nur weil die Handlung dadurch noch weiter an fahrt verliert. Zeitverschwendung.