Röttgen und Rösler gegen Energiekonzerne: Vorerst kein Erdgas aus Schieferstein
Mit giftigen Chemikalien wollen Konzerne Erdgas aus Gesteinen pressen. Die Bundesregierung spricht sich gegen das sogenannte „Fracking“ aus. Auch die Länder sagen Nein.
FREIBURG taz | Die Bundesregierung will vorerst keine Erdgasförderung aus Schiefergestein in Deutschland. Das berichtet der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe.
Die zuständigen Minister Norbert Röttgen (Umwelt) und Philipp Rösler (Wirtschaft) stünden dem sogenannten Fracking „sehr skeptisch“ gegenüber. „Es sind viele Fragen offen, die wir zunächst genau prüfen müssen“, zitiert das Magazin den Wirtschaftsminister.
Das Wort „Fracking“ ist die Kurzbezeichnung für „Hydraulic Fracturing“. Diese Technik beruht darauf, dass man eine Flüssigkeit, die eine Vielzahl von Chemikalien enthält, Hunderte von Metern in den Untergrund presst, damit Gestein aufbricht und das darin enthaltene Erdgas austreibt.
Giftig und erbgutverändernd
Bei den Zusatzstoffen handelt es sich zum Beispiel um Säuren, Oxidationsmittel, Enzyme und Biozide. Nach Zahlen von Greenpeace sind in diesem Metier mindestens 260 Chemikalien bekannt, die in 197 Produkten eingesetzt werden. Einige sind giftig, krebserregend und erbgutverändernd.
Da die eingesetzten Substanzen bei dieser Praxis zwangsläufig in den Untergrund gelangen, haben vor allem Wasserversorger Albträume. Die Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein nennt die Eingriffe in die Grundwasserwelt durch diese Technik „unkalkulierbar“. In den betroffenen Regionen haben sich aus Sorge vor Grundwasserverschmutzungen bereits eine Reihe von Bürgerinitiativen gegründet.
Die Energiewirtschaft setzt trotz aller Risiken auf diese Technik, weil sich mit ihr auch kleinteilige regionale Erdgasvorkommen erschließen lassen. Dass sich dies rechnet, daran ist auch der hohe Ölpreis schuld, der die Suche nach Alternativen attraktiv macht. Vor allem in den USA geht man hierbei recht unbekümmert zur Sache, dort boomt die sogenannte unkonventionelle Erdgasförderung mit der Folge, dass schon Erdgas aus Wasserhähnen strömte.
Energiekonzerne schmieden Pläne
In Deutschland haben Energiekonzerne vor allem den Norden und Osten des Landes im Visier. Der US-Konzern ExxonMobil will zum Beispiel im Münsterland Erdgas aus dem Untergrund pressen. Mit einer Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, in der sich die Wissenschaftler für Probebohrungen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen aussprechen, wollte der Konzern Akzeptanz schaffen.
Doch die Politik will vor den Risiken die Augen nicht verschließen: „Selbst die Expertenrunde von Exxon hat festgestellt, dass der Einsatz der umstrittenen Fracking-Methode große Risiken für Mensch und Umwelt birgt“, sagte vor wenigen Tagen NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne).
Er sprach sich daher gegen das Projekt aus, ebenso wie auch das Land Niedersachsen – womit der Druck auf die Bundesregierung zunahm, sich nun ihrerseits zu positionieren.
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