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Personalwechsel bei DumontDer Patriarch ist sauer

Uwe Vorkötter ist draußen. Die „Frankfurter Rundschau“ und die „Berliner Zeitung“ bekommen wieder eigene Chefredaktionen. Steht die FR nun vor einem baldigen Aus?

Sprachen erst in den vergangenen Wochen wieder miteinander: Verleger Dumont und der nun ehemalige Chefredakteur Vorkötter. Bild: ap

BERLIN taz | Erst am Freitag wollte DuMont bei Berliner Zeitung wie Frankfurter Rundschau verkünden, dass Chefredakteur Uwe Vorkötter weg vom Fenster ist. Doch dann sickerte die Nachricht schon einen Tag eher durch.

Die Gründe, warum der 58-Jährige den Chefposten räumen muss, sind vielschichtig. Da ist zum einen das Gefühl der Kölner Konzernzentrale, dass sich Berlin und Frankfurt immer wichtiger nehmen, obwohl sie doch eigentlich nur das am Rhein verdiente Geld ausgeben.

Vorkötter habe an der unter seiner Regie vollzogenen Integration der FR in den Betrieb der Berliner Zeitung festhalten wollen – der überregionale Teil der FR wird seit knapp drei Jahren in Berlin gemacht.

DuMont wollte dagegen wieder eine eigenständige FR, um das nach wie vor hoch defizitäre Blatt weiterverkaufen zu können. Dann habe Vorkötter auch noch das Regionalisierungskonzept für die Berliner Zeitung eher abgelehnt, heißt es im Verlag – obwohl die Zahlen auch in Berlin Anlass zu großer Sorge geben.

Vor drei Wochen habe ein Gespräch beim Verlegerpatriarchen Alfred Neven DuMont stattgefunden. Ergebnis: Vorkötter hatte am Donnerstag seinen letzten Arbeitstag als Chefredakteur. Für die kommenden zwei Jahre gibt es einen Beratervertrag, Vorkötter soll aber frei sein, jederzeit ganz zu gehen.

Die chefredaktionelle Doppelspitze bei Berliner Zeitung und FR ist Geschichte, künftig sollen beide Blätter wieder separat von den bisherigen Stellvertretern Brigitte Fehrle in Berlin und Rouven Schellenberg in Frankfurt geführt werden. Gerüchtehalber könnte die FR schon dieses Jahr eingestellt werden. Vielleicht gibt es aber noch eine Verlängerung bis 2014. Denn weil an der FR auch die SPD-Presseholding DDVG beteiligt ist, käme ein Aus im Bundestagswahljahr 2013 nicht so gut.

Eine Rolle spielt auch Patriarchensohn Konstantin Neven DuMont. Den hatte man vor zwei Jahren vom Hof gejagt, worauf er ausgerechnet via Bild gegen den Vater stänkerte. Als im vergangenen Jahr in den DuMont-Blättern ein großes Döpfner-Interview erschien – von Vorkötter höchstpersönlich geführt – soll „King Alfred“ außer sich gewesen sein. Erst in den letzten Wochen soll man wieder miteinander gesprochen haben. Das Ergebnis ist nun bekannt.

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8 Kommentare

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  • DA
    de aap

    Der Bericht ist so schlecht recherchiert, dass Eigentümer und Leser der taz jedenfalls mehr Angst um die Zukunft ihres Blattes haben sollten, als um die Zukunft von Berliner Zeitung und FR.

    Der Mantel, der FR wird seit August des vergangenen Jahres auch von sehr guten Redakteuren der FR, in Berlin produziert.

    Der Chefredakteur, das lässt sich mit einem Blick ins Impressum überprüfen, (jedenfalls für Leute, die des Lesens mächtig sind) heißt Rouven Schellenberger.

     

    Mit freundlichen Grüßen

  • V
    Vorkoster

    @Arne: Die GEZ soll siechende (linke) Blätter unterstützen?

  • L
    Leserin

    Der Artikel enthält einen sachlichen Fehler: Der überregionale Teil der FR wird nicht seit drei Jahren in Berlin gemacht, sondern erst seit gut einem - mit mäßigem Erfolg.

  • JF
    Jan Fed

    „Frankfurter Rundschau“ und „Berliner Zeitung“ sind (selbst wenn sie "früher mal" noch besser zu lesen waren) auch heute noch hundertmal bessere Blätter als die große Mehrheit der Schundpostillen, die sich alles Zeitungen nennen.

  • S
    Sirk

    @Arne,

     

    stimmt schon, dass die FR mal ein gutes linksliberales Blatt war. Mittlerweile ist es aber nur noch eine dummlinke Phrasendresch- und Poltermaschine (Mely Kiyak ist nur ein besonders extremes Beispiel). Die Berliner Zeitung, die ich lange abonniert hatte, hat einen ebenso traurigen Verfall hinter sich.

  • EP
    Emil Peisker

    Alfred Neven Dumont hatte schon zu Zeiten der 68er Aversionen gegen den Springer-Konzern.

    Die Kampagnen, die der Springerkonzern gegen alle Kritiker führte, gingen weit über eine korrekte Berichterstattung hinaus. Es war parteipolitische und weltanschauliche Agitation.

     

    So wurden die Blockierer der Ausfahrt der Druckerei des Neven-Dumonts-Verlages, der die lokale Bildzeitung druckte, von der Polizei aufgefordert, die Straße zu räumen, obwohl die Demonstranten zu größten Teil auf dem Firmengelände saßen.

     

    Als die Polizei gegen diese Demonstranten rabiat vorging, erschien Alfred Neven Dumont und verwies die Beamten vom Gelände. "Dies ist mein Gelände, da haben Sie nichts zu suchen, und ich habe sie nicht gerufen.

     

    Damals vollzog der Verleger den offenen Bruchmit Springer.

  • A
    Arne

    Schade um die FR.

    Ich lese Zeitung seit meinem 6. Lebensjahr. Die " Rundschau" war meine Einstiegsdroge: gut recherchiert, liberal-links, ausgewogene Mischung zwischen regionalen und überregionalen Berichten.

    Das ich dennoch nicht zu einem selber-zahlenden Leser (Abonenten) wurde, hat viele Gründe. Und der Papierstapel am Ende des Monats ist sicherlich nur einer davon.

    Nichts desto trotz wünsche ich mir den Erhalt des Blattes. (evtl. finanziell unterstützt durch die GEZ? Warum sollte es nur beim Fernsehn bleiben? öffentlich-rechtliche Zeitung. Ich wär dafür.)

  • W
    wauz

    Was wäre der Schaden, wenn es die FR nicht mehr gibt?

     

    Ok, gute Frage - nächste Frage...