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Oldenburgs Energiekonzern EWE im ZwielichtLeichen im Keller

Schon 2007 musste die EWE eine saftige Geldbuße zahlen. Der Tatbestand: Vorteilsgewährung.

Vorteilsnahme, nicht zum ersten Mal: EWE-Chef Werner Brinker musst schon mal Bußgeld zahlen. Bild: dpa

OLDENBURG taz | Ein Vorfall aus dem Jahr 2002 wirft ein fahles Licht auf den Chef des Oldenburger Energiekonzerns EWE AG, Werner Brinker. Wie eigenmächtig agiert er und wie streng wird er vom Aufsichtsrat kontrolliert?

Brinker hatte 2002 mit einem anderen Vorstandsmitglied dem damaligen Bürgermeister der brandenburgischen Stadt Eberswalde 307.000 Euro als Zuschuss für die dortige Landesgartenschau zugesagt. Damals strebte EWE die Übernahme von Anteilen an den Stadtwerken Eberswalde an.

Als der Vorgang kürzlich bei der Sitzung der kommunalen Anteilseigner der EWE AG - das Unternehmen gehört zu 74 Prozent 21 Städten und Landkreisen im Nordwesten - von einem Anteilseignervertreter thematisiert wurde, sorgte das für Erstaunen. Offenbar hatte niemand etwas davon gewusst - auch nicht die Vertreter, die im EWE-Aufsichtsrat sitzen. Aber das war noch nicht alles: Brinker musste auf Nachfrage zugeben, dass EWE wegen der Zuschusszahlung eine Unternehmensgeldbuße in Höhe von 400.000 Euro zahlen musste.

Die für Wirtschaftskriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin hatte sich 2007 für den Fall interessiert, das Amtsgericht Franfurt/Oder brummte der EWE das Bußgeld auf. Der Tatbestand: Vorteilsgewährung. Dafür gab es einen Eintrag im Gewerbezentralregister.

EWE-Sprecher Daniel Waschow spielte gegenüber der taz die Zahlung herunter: Es habe sich "lediglich um ein Sponsoring mit einer Gegenleistung in Form von u. a. Logoplatzierung, Plakate, Flyer etc. gehandelt" und "nicht um eine Verknüpfung des Sponsorings mit dem Anteilserwerb Eberswalde".

Dabei stellten Brinker und der heute nicht mehr tätige Vorstandskollege genau diese Verknüpfung her: In dem Schreiben vom 9. April 2002, das der taz vorliegt, versprechen sie "in Vorleistung … schon jetzt einen Betrag von 153.500 €". Und kündigen an, dass der Betrag zurückzuzahlen sei, wenn "wider Erwarten der Kauf- und Abtretungsvertrag endgültig nicht wirksam werden" sollte.

Laut Waschow wurde über den Fall allein das Präsidium des Aufsichtsrats informiert, also nur ein kleiner Kreis des Kontrollgremiums. Eine "formale Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat" sei aber "nicht notwendig" gewesen, "da dies das operative Geschäft eines Vorstands ist", sagte Waschow.

Für EWE dürfte dieser alte Fall unangenehm sein - wo das Unternehmen doch gerade den "Sign"-Skandal intern prüft, die Zusammenarbeit mit der Agentur Prevent, bei der Brinker möglicherweise allzu eigenmächtig handelte.

Nach taz-Recherchen waren Millionenbeträge am Projekt vorbeigeflossen, der EWE-Chef hatte offenbar wesentliche Dokumente über die Kooperation allein unterzeichnet - obwohl die Satzung der EWE zwei Unterschriften vorsieht. Auf die Frage, ob es bei der Prüfung auch um die Rolle Brinkers gehe, sagte Waschow, es werde "die gesamte Situation rund um das Thema ,Sign'" geprüft.

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12 Kommentare

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  • S
    Sandy

    Die Vorgänge in ihrer Gesamtheit werfen kein gutes Licht auf die EWE. Offenbar sind das keine Einzelfälle, sondern dubioses Geschäftsgebahren mit System. Darum finde ich es gut, wenn das mal einer anspricht. Die Arbeitsplätze sind ja nur dann sicher, wenn vernünftig gewirtschaftet wird. Bei der EWE hat man aber das mulmige Gefühl, dass das nicht der Fall ist. All die sozialen Projekte scheinen nur dazu zu dienen, sich ein schönes Image zu verpassen, hinter dessen Fassade ganz andere Praktiken an der Tagesordnung sind - und die normalen Kunden finanzieren das alles, ohne einen blassen Schimmer. Da muss unbedingt Transparenz rein. Wundert mich gar nicht, dass 40.000 Kunden der EWE den Rücken gekehrt haben. Ein solider Arbeitgeber wirtschaftet anders.

  • FZ
    Felix Zimmermann

    @ eddyzetty Da wird nichts aufgewärmt, dieser Fall war in der Heimat der EWE schlicht nicht bekannt bzw. nur einem kleinen Kreis im Aufsichtsrat. Und warum sollte die EWE überhaupt zur Ruhe kommen? Damit dort weiter so offenbar lax mit Geld umgegangen wird? Sicher macht die EWE auch viel Gutes – aber es sei die Frage erlaubt: cui bono?

     

    @ IlseBilse Keine Sorge, in Sachen "Sign" ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, der letzte Artikel noch nicht erschienen. Alles zu seiner Zeit. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Leiche nicht von Frau del Valle ausgegraben wurde, aber das nur am Rande.

  • I
    IlseBilse

    Verflixte Axt. Nun haben se den Brinker voll in der Schusslinie. Kann sein, dass er da hingehört. Aber was ist denn nun mit der del Valle und ihrem Laden? Guckt da keiner mehr hin? Hat sich das nun erledigt? Kann die ihre ca 5 Mio Euro behalten und kein Hahn kräht mehr danach??? Ich finde es ziemlich daneben überall damit zu prahlen, dass "frau" ja auch so wohltätig ist, und Mädchen und Jungen stark machen zu wollen für eine sucht- und gewaltfreie Zukunft, die Kohle dafür zum großen Teil aber mal lieber selbst zu behalten. Nein, ich finde es nicht nur daneben, ich finde es viel schlimmer. Die meisten Leute, die in der agentur gearbeitet haben, haben es aus Überzeugung getan und die, die nicht vom Land Niedersachsen freigestellt waren, auch noch für total wenig Geld (Wir erinnern uns: Die Hälfte der Personalkosten ging auf das Konto von Frau del Valle). Die Leute haben so verdammt gute Arbeit abgeliefert und erfahren hier durch die Presse, dass es Sign möglicherweise nur gab, damit bestimmte Personen noch reicher werden konnten als sie es sowieso schon waren. Ich weiß nicht, wie es den anderen damit geht, aber mich macht das traurig und ziemlich ärgerlich.

    Brinker ist gewohnt im Mittelpunkt negativer Kritik zu stehen und mich würde es nicht einmal wundern, wenn diese neue alte EWE-Leiche von del Valle selbst aus dem Keller hervorgezaubert wurde...

  • E
    eddyzetty

    wenn es um eine Angelegenheit aus 2002 geht, die 2007 abgeschlossen wurde, weshalb wird der Kram dann heute wieder aufgewärmt? Wie soll die EWE da zur Ruhe kommen, wenn jemand alte Sachen ausgräbt? Ich werde das Gefühl nicht los, dass da jemand was gegen die EWE hat und immer und immer wieder gegen die recherchiert. Denkt vielleicht auch mal jemand an das Gute, was der Konzern macht? Unterstützung von vielen Vereinen, Verbänden nicht zuletzt die Arbeitsplatzsicherung von so vielen, die haben bei jedem Artikel mehr und mehr Angst um Ihren einst sicheren Platz.

  • P
    Putti

    Das die EWE schon immer irgendwo ein paar Leichen im Keller hat das wundert glaube ich keinen mehr.Aber das wiedermal Gelder so einfach an den Rest des Aufsichtsrates vorbei geschleust wurden das wundert mich schon, aber da kann man mal sehen wie bestechlich und wie marode der ganze Haufen ist die klüngeln sich da gegenseitig die Aufträge zu das geht schon auf keine Kuhhaut mehr. Jeder Ottonormalverbrauchte der das gemacht hätte wäre dafür in den Knast gegangen aber die Großen /Reichen die können sich mal wieder freikaufen. Auch die Justitz/Gerichte verkommen und verludern hier immer mehr die sind nur noch aufs Geld aus. Die Reichen könne doch in Deutschland machen was sie wollen die haben hier in diesen Land einfach nur noch Narrenfreiheit. Und deshalb lacht der Vorstand von der EWE doch über das Urteil das schütteln die doch so aus den Ärmel,das ist ja nicht ihr Privatvermögen wo die das von bezahlen.

  • DF
    Dr. Freiberg

    Gibt es die Möglichkeit, die Satzung der EWE offen einzusehen? Wer sitzt im Aufsichtsrat der EWE? Welchen Abhängigkeiten unterliegen die dortigen Personen? Ist z.B. ein Mitglied des Aufsichtsrates in seiner hauptberuflichen Funktion z.B. als Landrat oder Bürgermeister anderen Abhängigkeiten der EWE unterworfen, z.B. "wir finanzieren Dir das örtliche Schwimmbad, dafür schaust Du als Aufsichtsrat mal ein bisschen weg"? Wie werden demokratisch legitimierte Aufsichtsratsmitglieder dazu gebracht, bei der Prüfung beide Augen zuzudrücken? Was muss passieren, damit der Aufsichtsrat seinen Prüfpflichten nicht nachkommt? Wer muss wie bestochen werden, damit der Vorstand "in Ruhe arbeiten" kann? Wer profitiert letztlich von den über die Agentur beiseite geschafften Geldern? Wofür hat die EWE knapp 30 Mio. Euro bezahlt? Worin besteht die Gegenleistung, wenn die Namensrechte an "Sign" seitens der EWE nie genutzt wurden? Was wurde da eigentlich entlohnt? Wohin ist das ganze Geld geflossen? Welche demokratischen Möglichkeiten haben die Bürger, die Versorgung ihrer Städte und Gemeinden mit Energie, Gas, Telekommunikation neu ausschreiben zu lassen? Wie verhindert man, dass sich Einzelne auf Kosten des Gemeinwohls bereichern?

  • S
    Sandy

    Die Vorgänge in ihrer Gesamtheit werfen kein gutes Licht auf die EWE. Offenbar sind das keine Einzelfälle, sondern dubioses Geschäftsgebahren mit System. Darum finde ich es gut, wenn das mal einer anspricht. Die Arbeitsplätze sind ja nur dann sicher, wenn vernünftig gewirtschaftet wird. Bei der EWE hat man aber das mulmige Gefühl, dass das nicht der Fall ist. All die sozialen Projekte scheinen nur dazu zu dienen, sich ein schönes Image zu verpassen, hinter dessen Fassade ganz andere Praktiken an der Tagesordnung sind - und die normalen Kunden finanzieren das alles, ohne einen blassen Schimmer. Da muss unbedingt Transparenz rein. Wundert mich gar nicht, dass 40.000 Kunden der EWE den Rücken gekehrt haben. Ein solider Arbeitgeber wirtschaftet anders.

  • FZ
    Felix Zimmermann

    @ eddyzetty Da wird nichts aufgewärmt, dieser Fall war in der Heimat der EWE schlicht nicht bekannt bzw. nur einem kleinen Kreis im Aufsichtsrat. Und warum sollte die EWE überhaupt zur Ruhe kommen? Damit dort weiter so offenbar lax mit Geld umgegangen wird? Sicher macht die EWE auch viel Gutes – aber es sei die Frage erlaubt: cui bono?

     

    @ IlseBilse Keine Sorge, in Sachen "Sign" ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, der letzte Artikel noch nicht erschienen. Alles zu seiner Zeit. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Leiche nicht von Frau del Valle ausgegraben wurde, aber das nur am Rande.

  • I
    IlseBilse

    Verflixte Axt. Nun haben se den Brinker voll in der Schusslinie. Kann sein, dass er da hingehört. Aber was ist denn nun mit der del Valle und ihrem Laden? Guckt da keiner mehr hin? Hat sich das nun erledigt? Kann die ihre ca 5 Mio Euro behalten und kein Hahn kräht mehr danach??? Ich finde es ziemlich daneben überall damit zu prahlen, dass "frau" ja auch so wohltätig ist, und Mädchen und Jungen stark machen zu wollen für eine sucht- und gewaltfreie Zukunft, die Kohle dafür zum großen Teil aber mal lieber selbst zu behalten. Nein, ich finde es nicht nur daneben, ich finde es viel schlimmer. Die meisten Leute, die in der agentur gearbeitet haben, haben es aus Überzeugung getan und die, die nicht vom Land Niedersachsen freigestellt waren, auch noch für total wenig Geld (Wir erinnern uns: Die Hälfte der Personalkosten ging auf das Konto von Frau del Valle). Die Leute haben so verdammt gute Arbeit abgeliefert und erfahren hier durch die Presse, dass es Sign möglicherweise nur gab, damit bestimmte Personen noch reicher werden konnten als sie es sowieso schon waren. Ich weiß nicht, wie es den anderen damit geht, aber mich macht das traurig und ziemlich ärgerlich.

    Brinker ist gewohnt im Mittelpunkt negativer Kritik zu stehen und mich würde es nicht einmal wundern, wenn diese neue alte EWE-Leiche von del Valle selbst aus dem Keller hervorgezaubert wurde...

  • E
    eddyzetty

    wenn es um eine Angelegenheit aus 2002 geht, die 2007 abgeschlossen wurde, weshalb wird der Kram dann heute wieder aufgewärmt? Wie soll die EWE da zur Ruhe kommen, wenn jemand alte Sachen ausgräbt? Ich werde das Gefühl nicht los, dass da jemand was gegen die EWE hat und immer und immer wieder gegen die recherchiert. Denkt vielleicht auch mal jemand an das Gute, was der Konzern macht? Unterstützung von vielen Vereinen, Verbänden nicht zuletzt die Arbeitsplatzsicherung von so vielen, die haben bei jedem Artikel mehr und mehr Angst um Ihren einst sicheren Platz.

  • P
    Putti

    Das die EWE schon immer irgendwo ein paar Leichen im Keller hat das wundert glaube ich keinen mehr.Aber das wiedermal Gelder so einfach an den Rest des Aufsichtsrates vorbei geschleust wurden das wundert mich schon, aber da kann man mal sehen wie bestechlich und wie marode der ganze Haufen ist die klüngeln sich da gegenseitig die Aufträge zu das geht schon auf keine Kuhhaut mehr. Jeder Ottonormalverbrauchte der das gemacht hätte wäre dafür in den Knast gegangen aber die Großen /Reichen die können sich mal wieder freikaufen. Auch die Justitz/Gerichte verkommen und verludern hier immer mehr die sind nur noch aufs Geld aus. Die Reichen könne doch in Deutschland machen was sie wollen die haben hier in diesen Land einfach nur noch Narrenfreiheit. Und deshalb lacht der Vorstand von der EWE doch über das Urteil das schütteln die doch so aus den Ärmel,das ist ja nicht ihr Privatvermögen wo die das von bezahlen.

  • DF
    Dr. Freiberg

    Gibt es die Möglichkeit, die Satzung der EWE offen einzusehen? Wer sitzt im Aufsichtsrat der EWE? Welchen Abhängigkeiten unterliegen die dortigen Personen? Ist z.B. ein Mitglied des Aufsichtsrates in seiner hauptberuflichen Funktion z.B. als Landrat oder Bürgermeister anderen Abhängigkeiten der EWE unterworfen, z.B. "wir finanzieren Dir das örtliche Schwimmbad, dafür schaust Du als Aufsichtsrat mal ein bisschen weg"? Wie werden demokratisch legitimierte Aufsichtsratsmitglieder dazu gebracht, bei der Prüfung beide Augen zuzudrücken? Was muss passieren, damit der Aufsichtsrat seinen Prüfpflichten nicht nachkommt? Wer muss wie bestochen werden, damit der Vorstand "in Ruhe arbeiten" kann? Wer profitiert letztlich von den über die Agentur beiseite geschafften Geldern? Wofür hat die EWE knapp 30 Mio. Euro bezahlt? Worin besteht die Gegenleistung, wenn die Namensrechte an "Sign" seitens der EWE nie genutzt wurden? Was wurde da eigentlich entlohnt? Wohin ist das ganze Geld geflossen? Welche demokratischen Möglichkeiten haben die Bürger, die Versorgung ihrer Städte und Gemeinden mit Energie, Gas, Telekommunikation neu ausschreiben zu lassen? Wie verhindert man, dass sich Einzelne auf Kosten des Gemeinwohls bereichern?