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Oberbürgermeisterwahl in StuttgartVereinsmeier im Wahlkampf

In Stuttgart gründen drei Parteien einen Verein, um den Gegenkandidaten von Fritz Kuhn zu unterstützen. Wozu braucht ein Parteienkandidat so etwas?

Zeigt sich transparent: OB Kandidat Turner mit seinem Kontrahenten Kuhn. Bild: dpa

STUTTGART taz | Im Kampf um den Posten des Oberbürgermeisters haben die Spitzen der Stuttgarter CDU, FDP und Freien Wähler den Verein „Bürger-OB – Sebastian Turner für Stuttgart“ gegründet.

Damit wollen sie die Unterstützung für den parteilosen Werbeprofi bündeln. Die Gründung wirft jedoch viele Frage auf, vor allem: Wofür braucht es einen Verein, hinter dem letztlich Parteien stehen? Ins Blickfeld rückt dabei die Wahlkampffinanzierung.

„Die breite Unterstützung durch drei Parteien wollen wir eben auch in einer Struktur für den Wahlkampf, für die Wahlkampfführung, für die Wahlkampffinanzierung abbilden“, erklärte der CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann bei der Vorstellung des Vereins am Mittwoch.

Auch Turner sagte, er habe sich den Verein gewünscht. Selbstverständlich biete der Verein auch die Möglichkeit, Spenden zu sammeln. Ein Kuratorium soll laut Satzung „insbesondere auch bei der Schaffung einer ausreichenden finanziellen Basis für die Vereinsarbeit mitwirken“.

Anders als es das Parteiengesetz ab einer Summe von 10.000 Euro regelt, müssen Vereine ihre Spender nicht offenlegen. Und das hat auch dieser Verein nicht vor, erklärt Gründungsmitglied Kaufmann der taz: „Die ganze Finanzierung wird nicht offengelegt.“

Auf die Nachfrage, ob auf diese Weise Spender anonym bleiben könnten, sagt Kaufmann: „Das ist eine Möglichkeit mit dem Charme, den der Verein hat.“ Er glaube allerdings nicht, dass viele davon Gebrauch machen würden, schließlich können nur Parteispenden steuerlich abgesetzt werden.

Freiwillig veröffentlichen

Transparency International sieht die Vereinsgründung skeptisch. „Damit werden die Regelungen des Parteiengesetzes unterlaufen, der Transparenzgedanke der Parteienfinanzierung missachtet“, sagt Vorstandsmitglied Jochen Bäumel der taz. „Der Verein wäre gut beraten, die Namen der Spender ab einer Bagatellgrenze freiwillig zu veröffentlichen.“

Bislang gibt sich Turner gern transparent. Seinem Gegner von den Grünen, Fritz Kuhn, hat er vorgeschlagen, dieser solle sein Wahlkampfbudget nennen. Im Gegenzug werde er diese Summe nicht übertreffen. Kuhn hat das Angebot abgelehnt.

Turner stand schon einmal in der Kritik. 2006, damals war er Chef der Werbeagentur Scholz & Friends (S&F), ging es um eine Kampagne für die Bundesregierung. Seine Agentur durfte sich nicht bewerben, weil sie bereits für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft arbeitete.

Den Zuschlag bekam dann eine neu gegründete Agentur namens Pergamon, hinter der S&F stand. Pergamon wiederum konnte Ausschreibungskriterien offensichtlich nicht erfüllen. Das Bundespresseamt nahm nach der Kritik die Vergabe wieder zurück.

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13 Kommentare

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  • A
    Adebar

    Tja Turner ist halt ein Verpackungskünstler.Der verpackt auch Sche**** mit Goldpapier und verkauft das den Stuttgartern.So wie er damals den Slogan "Wir können alles, ausser Hochdeutsch" schon der sächsischen Landesregierung verkaufen wollte. Die wollten den nicht haben und dann haben die Baden Würtemberger, weil schon gebraucht und damit billiger, zugegriffen.Nach dem Motto.BIST DU NICHT BILLIG ,SO KAUF ICH DICH ALT.

    Der Stuttgarter Filz verpackt sich neu und verkauft uns mal wieder ihre alten Lügen und Korruptionen in neuen Schläuchen. Wie gut nur, daß der Hannes Rockenbauch kandidiert. Ein Stadtrat wie er sein muß.Immer vorne dran !Sich für nichts zu schade.Macht sich die Finger schmutzig wenn es sein muß und vor allen Dingen: Authentisch,Ehrlich;Geradlinig und von seinem Verständniss her ein Bürger unter Bürgern.

    Ich weiß, wen ich wählen werde.

     

    Adebar

  • DG
    Don Geraldo

    Ich versteh die ganze Aufregung nicht.

     

    Selbst bei uns auf dem Dorf gab es eine sogenannte "Wählerinitiative", mit der bei der letzten Bürgermeisterwahl der Wahlkampf der Amtsinhaberin unterstützt wurde.

    Obwohl diese Parteipolitikerin ist gab sich die Initiative betont überparteilich. In verschiedenen Nachbarorten war es ähnlich, dort gab es sogar parteilose Gemeinschaftskandidaten verschiedener Parteien.

    Warum soll das ein Problem sein in Stuttgart.

     

    Ein bißchen Recherche außerhalb der politischen Scheuklappen hätte diesem Artikel gut getan.

  • C
    claudia

    Ich als Stuttgarterin finde es doch hoch interessant wie sich Herr Turner völlig schambefreit den gleichen Mitteln bedient, die bei der Volksabstimmung bis heute zu vielfältigen juristischen Nachspielen führte. Die Angst muß groß sein einen Flop zu landen, den anstatt ehrlichen, bürgernahen Wahlkampf zu betreiben, betreibt man lieber Klüngellei und Vereinsmeierei. Ein Bürger OB kommt dabei sicher nicht heraus, sondern einer, der den Stuttgarter Filz - und der ist gigantisch - zu umgarnen versteht.

  • B
    berndolius

    Interessanter kultureller Sprung. Die Werbeprofis, die früher als 'Söldner' für die Politprofis Kampagnen betreiben, machen es gleich selber. Nächster Schritt: Privatisierung von Stadtregierungen. Den 'Wahlverein' hat er sich bei den Amerikanern abgeguckt, wo fast anonyme Grossvereine die Präsidentenwahlen betreiben und dort Parteispendengesetze und dergleichen unterlaufen.

  • H
    Hannah

    Lächerlich! Seit wann braucht ein OB-Kandidat eine Bürgerinitiative um gewählt zu werden? Hat Herr Turner nichts zu bieten? Weiß von OB´s aus anderen Städten, denen es gelungen ist die Wähler ohne miese Griffe in die Trickkiste mit einem guten Konzept für ihre Städte zu überzeugen.

    Herr Turner möchte seine bunte Werbekampagne finanzieren, warum er mehr Bürger-OB sein sollte als die anderen Kandidaten ist mir absolut schleierhaft. Ich gehe selbstverständlich davon aus dass jeder OB ein Bürger-OB ist.

  • CR
    Cathrin Ramelow

    Lieber Herr Turner,

     

    aber dann brauchen sie den Verein doch gar nicht.

    Wir müssen dann glauben,dass ihren Worten auch Taten folgen. Das aber finde ich schwer angesichts von Politikern die Lügen uind Betrügen wenn es um ihre doktorarbeit geht.

    Warum also einen Verein gründen wenn dann doch alle an die Parteien spenden und dürfen Parteispenden an einen Verein weitergegeben werden als Wahlkampfhilfe?

    Das ist ja nicht die Kernaufgabe einer Partei.

    Und dürfen dann Mitarbeiter der Partei und der Parlamente auch in einem Verein mitarbeiten, der nur diesen einen Zweck hat. Auch das könnte Veruntreuung sein.

     

    Ich finde sie sollten sich das nochmal überlegen - in Berlin gab es einen Verein der den Flughafen Tempelhof offen halten wollte und der hat großzügige Spenden bekommen und wollte auch nicht sagen woher die kamen.

    also alles beim alten in der Politik?

  • U
    udo

    Selbstverständlich ist das für Firmenspenden interessant. Denn nur natürliche Personen können den Spendenbetrag von der Steuer absetzen. Da macht es für Firmen in puncto "Unsichtbarkeit" dann schon einen Unterschied, ob sie an die Partei spenden oder an einen Verein.

    In sofern ist die folgende Aussage im Artikel falsch: "Auf die Nachfrage, ob auf diese Weise Spender anonym bleiben könnten, sagt Kaufmann: „Das ist eine Möglichkeit mit dem Charme, den der Verein hat.“ Er glaube allerdings nicht, dass viele davon Gebrauch machen würden, schließlich können nur Parteispenden steuerlich abgesetzt werden."

  • W
    wolf26

    Das ist ein gutes Beispiel dafür,

    wie das Parteienfinanzierungs-Gesetz

    der Bestechung und Korruption auf

    legalem Wege Tür und Tor öffnet.

     

    Deutschland fest in der Hand von

    Lobbyisten.

  • F
    Frank

    ...und jetzt erziehen Sie mal ihre Kinder zu aufrechten, ehrlichen Staatsbürgern. Angesichts solcher Politiker-Winkelzüge komme ich aus dem Kotzen nicht mehr raus!

  • B
    Bürger

    ... und die gleichen Politiker, die so etwas machen, stehen dann mit langen und ratlosen Gesichtern da, wenn es um die Frage geht, warum die Piraten mit dem Ruf nach mehr Transparenz enormen Stimmenzuwachs haben...

     

    Auch wenn Sie behaupten, dass Sie dem Vorstand des Vereins vorschlagen werden nach dem ParG zu verfahren, bleibt bei mir als Bürger "a Gschmäckle", ob dies dann auch wirklich bei jeder Spende passiert...

     

    Vielleicht sollten Sie auch noch über den Namen des Vereins nachdenken. Wie wäre es mit PartG-Umgehungs-Verein oder Piratenwähler-Steigerungs-Verein?

  • ST
    Sebastian Turner

    Liebe Frau Michel, gerne stellen wir den Sachverhalt klar. Der Verein ist gegründet worden, damit die tragenden Parteien und die diversen Bürgerinitiativen, die sich bilden wollen, in einer gemeinsamen Organisation die Kräfte bündeln können. Bei der Finanzierung erläutern wir gerne etwas ausführlicher (und damit auch verständlicher) die Zusammenhänge: Der Verein "Bürger-OB" ist nicht gemeinnützig. Deswegen werden die meisten Spender vermutlich nicht an den Verein, sondern an eine der tragenden Parteien spenden. Das heisst: Es ist schon jetzt davon auszugehen, dass die meisten eingehenden Zuwendungen den Veröffentlichungsregeln für Parteien unterliegen. Für direkte Geldzuwendungen an den Verein, die nicht den Regeln für Parteifinanzen unterliegen, soll aber keine Lücke entstehen. Ich werde dem Vorstand des Bürger-OB-Vereins deshalb vorschlagen, bei allen direkt empfangenen Geldzuwendungen die Veröffentlichungsregelungen des PartG sinngemäß anzuwenden.

    Beste Grüsse, Sebastian Turner

  • V
    vic

    Ein "Bürger OB" mit Scholz & Friends Bildungshintergrund?

    Sind die Vereinsmeier denn verrückt geworden?

    Naja; nach der S21-Entscheidung ist denen alles zuzutrauen.

  • M
    Marvin

    Turner und Kuhn. Das sind also die beiden rechten Kandidaten. Gibt es noch weitere? Berichtet doch bitte über die und deren inhaltliche Konzepte. Merci.