Notfallplan für Atommülllager: Ministerium will „Lex Asse“
Die Bergung der radioaktiven Fässer aus dem maroden Asse-Stollen verzögert sich. Ist eine gesetzliche Neuregelung die letzte Option? Nicht nur Umweltschützer sind skeptisch.
GÖTTINGEN taz | Was bei Norbert Röttgen (CDU) zweieinhalb Jahre dauerte, erledigt Peter Altmaier (CDU) nach anderthalb Wochen. Am Freitag besucht der neue Umweltminister das marode Atommülllager Asse. Er sei wegen der drohenden Verzögerung bei der Rückholung der radioaktiven Abfälle beunruhigt, ließ Altmaier mitteilen. Dabei ist das Bundesumweltministerium dafür zumindest mitverantwortlich.
Einem neuen Zeitplan zufolge soll die Bergung des Atommülls nämlich erst im Dezember 2036 beginnen – beim Start des Vorhabens vor zwei Jahren war davon die Rede, dass die Arbeiten bis 2028 beendet sein könnten. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) erklärte, bei dem in dem Bericht genannten Terminen handele es sich um ein „Worst-Case-Szenario“.
Nach den derzeitigen rechtlichen Regelungen können die einzelnen Schritte für die Rückholung des Atommülls nur nacheinander erfolgen. Sie umfassen unter anderem den Bau eines weiteren Schachtes sowie eines oberirdischen Zwischenlagers. Das Verfahren ließe sich nach Einschätzung der beteiligten Behörden und Ministerien vor allem durch neue gesetzliche Regelungen beschleunigen – durch die Schaffung einer sogenannten „Lex Asse“.
Umweltschützer und Oppositionsparteien reagierten empört auf die Meldung über die Verzögerungen. Erst 2036 mit der Räumung der Asse zu beginnen, sei „völlig inakzeptabel“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Nach Ansicht der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl kommt der Zeitplan sogar „einem bewussten Scheiternlassen der Rückholung“ gleich.
CDU und FDP verweisen bei der Frage nach den Verantwortlichen indes auf das BfS und dessen Chef Wolfram König. Es entstehe der Eindruck, dass die Behörde die Bergung des Atommülls „mit stoischer Ruhe abarbeiten“ wolle, sagte der niedersächsische CDU-Landtagsabgeordnete Martin Bäumer.
Sträfliche Versäumnisse
SPD-Chef Gabriel sieht dagegen die Bundesregierung in der Bringschuld. Altmaier müsse jetzt bisherige „sträfliche Versäumnisse“ ausgleichen und die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit die Bergung des Atommülls möglichst bald beginnen könne.
Tatsächlich trat die Regierung in der Vergangenheit eher auf die Bremse. So hatte das Umweltministerium vor der Rückholung eine sogenannte Faktenerhebung veranlasst. Das dreistufige Verfahren sieht neben Probebohrungen in zwei Kammern das probeweise Öffnen dieser Hohlräume und das Bergen erster Fässer vor.
Udo Dettmann vom Asse-2-Koordinationskreis hält die Faktenerhebung für „Zeitverschwendung“. Es sei ohnehin davon auszugehen, dass sich die eingelagerten Fässer mit Atommüll in einem katastrophalen Zustand befänden und mit Baggern herausgeholt werden müssten. Gleichzeitig warnt der Koordinationskreis davor, durch neue Gesetze – also eine Lex Asse – die Bürgerbeteiligung auszuhebeln.
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