piwik no script img

Nazigraffiti an Holocaust-Gedenkstätte„Hitler, danke für den Holocaust“

Unbekannte sprühen antizionistische Sprüche an die Gedenkstätte Yad Vachem. Die Polizei ermittelt – auch ultraorthodoxe Juden könnten die Täter sein.

Viele ultraorthodoxe Juden lehnen den israelischen Staat ab. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Ausgerechnet an die Mauern der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem haben Unbekannte ihre Danksagung an Judenmörder geschrieben. „Danke Hitler für diesen wundervollen Holocaust. Nur durch ihn haben wir von der UNO einen Staat bekommen,“ stand auf einer der Außenwände des Museums und: „Hätte es Hitler nicht gegeben, dann hätten ihn die Zionisten erfunden.“

Die Museumsleitung entdeckte die Schmähschriften am Montag früh. Ersten polizeilichen Ermittlungenzufolge stecken ultraorthodoxe Juden hinter den Schmierereien.

„Alles, was sich aus den Schriften erschließen lässt, ist, dass es Antizionisten gewesen sein müssen“, kommentierte Estee Yaari, Sprecherin der Gedenkstätte den „präzedenzlosen“ Vandalismus. Einer der insgesamt zehn Graffiti setzt das Ende des Zionismus mit Frieden und Freundschaft gleich, an anderer Stelle unterzeichnen die Täter indes widersprüchlich zum Inhalt mit „Welt-Zionisten-Judentum“. „Wir überlassen es der Polizei, die Täter zu finden“, sagt Yaari. Am Nachmittag waren die Wände von den Graffiti gereinigt.

Von Schmähschriften überrascht wurden am Montag morgen auch Palästinenser im Ostjerusalemer Viertel Schoafat und am Vortag die Bewohner der arabisch-jüdischen Dorfes Newe Schalom (Oase des Friedens). „Tod den Arabern“, stand dort auf Fahrzeugen und „Gerechtigkeit für Ulpana“, dem vom Abriss bedrohten Viertel in der Westbank-Siedlung Bet El. Die Polizei sieht eine Verbindung zwischen Schoafat und Newe Schalom, schließt jedoch aus, dass dieselben Täter auch hinter den Graffiti an der Holocaustgedenkstätte stecken.

„In Schoafat und Newe Schalom wurden die Reifen der Autos zerstochen“, erklärt Polizeisprecher Micky Rosenfeld, was darauf schließen lasse, dass die Täter der Bewegung „Tag Machir“, zu deutsch „Preisschild“, zuzurechnen sind. Diese radikale Siedlergruppe rächt sich für ihr nicht genehme Regierungsentscheidungen zumeist an Palästinensern und linken israelischen Aktivisten. Die Polizei rechnet mit weiteren Übergriffen bis zur Räumung des umstrittenen Siedlerviertels spätestens bis Ende des Monats.

Über die Motive der Täter in Yad Vashem können die Untersuchungsbeamten vorläufig nur spekulieren. Rosenfeld hält eine Verbindung zu rund 20 Verhaftungen vergangene Woche für möglich, als ultraorthodoxe Juden gewaltsam gegen archäologische Ausgrabungen protestieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • AR
    Ari Rozenbaum

    Neben den außenpolitischen Themen hat Israel derzeit gewaltige innenpolitische Probleme, u.a. mit den Orthodoxen, die sich abseits der Gesellschaft stellen und dafür, dass sie in der Minderheit sind, immer wieder für sehr viel Aufsehen sorgen.

  • E
    end.the.occupation

    Am Donnerstag protestieren Vertreter der 'Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden' vor der israelischen Botschaft gegen das Sterben des Fussballers Mahmoud Sarsak (25) aus Gaza, der seit bald drei Jahren ohne Anklage oder Prozess in Israels Kerkern gefangen gehalten wird und nach über 80 Tagen Hungerstreik dem Tod nahe ist.

     

    Zugegeben - Graffitis ultra-orthodox antizionistischer Juden in Jad Vaschem, dem Ort an dem der Holocaust für die zionistische Geschichtsklitterung maximal ausgebeutet wird - die haben natürlich Priorität.

  • TH
    Thomas Hemberger

    Was kann eigentlich der klitzekleine jüdische Staat Israel dafür, wenn diverse "Antizionisten" unterschiedlicher Couleur im ihnen allen gemeinsamen zwanghaften antisemitischen Wahn immer wieder Hitler und den NS-Genozid an den Juden hochleben lassen wollen?

  • G
    Gonzi

    zu Kartoffelpeller

     

    Die größte Gay-Parade des Nahen Ostens fand in der Nähe von Jaffa statt, also in Palästina.

    Beklagt aber wurde in der israelischen Presse, Netanjahu wolle sich hinter Schwulen und Lesben verstecken.

    Aber das macht der ja auch mit der angeblichen Bedrohung aus dem Iran usw.

     

    Siehe dazu auch auf die Inschriften der Sprayer von Yad Vashem. Um das geht es hier doch eigentlich.

     

    Da wurde ohnehin bei Jad Vashem bemängelt, dass man diesen Ort nicht auch zur Erinnerung an ermordete Sinti und Roma, schon gar nicht an die mit dem Rosa Winkel genutzt hatte.

  • DP
    Daniel Preissler

    @Pellkartoffel

    Falls Sie es wirklich nicht wissen:

    Die Beziehung zwischen der EU und hier insbesondere Deutschland und Israel ist eine wesentlich engere (ich meine damit nicht allein die diplomatischN BeziehungEN) als die zum Iran. Daher liegt es nahe darüber ausführlicher zu berichten. Diese Logik wird auch meiner Meinung nach bisweilen zuweit respektiert. So wird für gewöhnlich der berühmte Sack Reis in China hierzulande nicht erwähnt, der in den USA schon (politische Beschlüsse, Unfälle, sportliche Erfolge...).

     

    Vielen Dank jedoch für die Erwähnung der Parade. Allerdings sieht man auch hier dasselbe Prinzip: Sie erwähnen in Israel die Parade und die fröhlichen daran teilnehmenden Menschen recht konkret, während Ihre Beschreibung homosoxueller Männer im Iran und in Palästina stereotyp bleibt.

     

    Grüße, DP

  • M
    majo

    Und eine Schmiererei von Knallköpfen ist es wert, international erwähnt zu werden? Seid ihr bei der Presse jetzt völlig neben der Spur?

  • SD
    Stimme der Demokratie

    @ TobyR: Ich hatte doch garnicht behauptet, dass alle veritabelen Idioten automatisch Ultra-Orthodoxe sein würden.

  • P
    Pellkartofel

    Am Wochenende gab es in Israel die größte Gay-Parade des Nahen Ostens, btw. auch die einzige. Diesen fröhlichen jungen und alten Menschen würde man ein paar Meter weiter in "Palästina" die Kehlen durchschneiden. Und im tollen Iran öffentlich an Baukränen aufhängen.

    Über die Regenbogen-Demo verliert die Autorin kein Wort. Statt dessen jede Woche ein neuer Hassartikel gegen Juden. Weil es dafür in der TAZ einen Markt gibt?

     

    Warum gibt es das so eigentlich nicht aus dem Iran? Warum diese obsessive Fokusierung auf Israel?

    "Sag mir welche Nachrichten du auswählst und ich sage dir wer du bist" Nach dieser Formel hasst Frau Knäul Israel abgrundtief. Man kann nur hoffen, dass das den israelischen Zuständigen langsam mal auffällt.

  • E
    end.the.occupation

    >> Ich wusste noch gar nicht, dass Leute wie Richard Silverstein, Philip Weiss, Amira Hass, Gideon Levy und Uri Avnery neuerdings Ultra-Orthodoxe sind.

     

    Für die Stimme der 'Jüdischen Demokratie' sind das 'Selbsthasser' - aber das wussten Sie ja vermutlich schon.

  • V
    verwirrt

    Warum lautet der Titel bitte Nazigraffiti?

    Das ist doch widersprüchlich zum eigentlichen Inhalt des Textes.

  • T
    TobyR

    @ Stimme der Demokratie

    Ach tatsächlich? Ich wusste noch gar nicht, dass Leute wie Richard Silverstein, Philip Weiss, Amira Hass, Gideon Levy und Uri Avnery neuerdings Ultra-Orthodoxe sind.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Übrigens sind es genau diese ultraothodoxen Juden, die auch mal gerne als vernünftige Israelis zitiert werden, die (oder eben weil sie) angeblich Israels Politik und Politiker kritisierten. Das fatale an dieser dümmlichen Propaganda ist, dass dort haufenweise Eigentore geschossen werden, die aber als Siege deklariert werden. Merkt schon keiner mehr. Selbst einem Adolf Hitler würde man heute unterstellen, er kritisiere ja nur gerechtfertigterweise die Besatzungspolitik.

  • SA
    same as ever

    einer redet gegen zionismus, taz hebt den holocaust auf den titel. Gagaalarm

  • G
    Gonzi

    Da hatte wohl jemand den Eindruck mitteilen zu müssen, „Shoa und Holocaust“ würden durch den israelischen Staat und den Zionisten an diesem Ort geschändet.

     

    Von daher ist zu erwarten, dass die Berichterstattung darüber, nach anfänglichem Überschlagen, schnell verstummen wird.

     

    Dem Leser der bemühten Grassempörer wird es nicht verwundern.

  • BG
    Bernd G.

    "Im Übrigen, ob man Jad Vaschem mit Y schreibt?"

    Beide Schreibweisen sind gebräuchlich, das ist ähnlich wie man den Propheten Mohammed oder Muhammed übersetzen kann ohne, dass eine der Schreibweisen 'falsch' wäre.

     

    Schmierereien, egal ob auf Bahnhofstoiletten oder Gedenkstätten sind immer eine Schande. In diesem Fall besonders. Kritik an Israel und dem Zionismus kann man durchaus zivilisierter ausdrücken, ohne damit die Gedenkstätten verstorbener zu verunstalten.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    „Avner Schalev, deutete an, dass ultraorthodoxe Juden für die Tat verantwortlich sein könnten.“

     

    Aber auch andere Richtungen sind denkbar.

    Die Jerusalem Post charakterisiert die Anschläge nicht als antisemitisch, nennt sie „antijüdisch“ und „antiisraelisch“.

    Zudem werden in dieser Zeitung die ebenfalls gesprühten Aussagen erwähnt, „(t)he Zionist leaders wanted the Holocaust",

    wie auch,

    „(t)he war of the Zionist regime is not the war of the Jewish people“.

     

    http://www.jpost.com/NationalNews/Article.aspx?id=273409

     

    Diese in „Israel“ nicht unbekannten Kritiken lassen den Schluss zu, es sei mit der Sprayaktion versucht worden, gegen ideologische Missbräuche des Massenmordes an Menschen jüdischer Religion oder Abstammung zu protestieren.

    Und unter diesem Kontext scheinen alle anderen gesprayten Aussagen zu verstehen sein, auch jene, die nach Angaben der Behörden gelautet haben soll,

    "Hitler, Danke für den Holocaus".

     

     

    Im Übrigen, ob man Jad Vaschem mit Y schreibt? Yassir Arafat oder der Yemen üblicherweise nicht.