Berliner NPD-Chef vor Gericht: Rechter Sondermüll
Die NPD hat 2011 tausende CDs auf Schulhöfen verteilt. Deswegen steht ihr Chef Sebastian Schmidtke jetzt vor Gericht.
BERLIN taz | Ein persönliches Vorwort vom NPD-Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke, Lieder mit drastischen Gewaltaufforderungen und eine Ansprache „An die Mädels“: Das ist der Inhalt der CD, die die Berliner NPD zur Abgeordnetenhauswahl 2011 nach eigenen Angaben rund 4.000-mal produzierte, um sie an Infoständen und auf Schulhöfen an ErstwählerInnen zu verteilen.
Wegen dieser CD steht Schmidtke nun vor Gericht. Nachdem die Bundesprüfstelle den Tonträger im März 2012 indiziert hatte, fand die Polizei bei einer Razzia im Mai 2012 über 600 Kopien in seinem Laden in Schöneweide. Am Dienstag wurde das Verfahren vor dem Amtsgericht eröffnet, angeklagt ist Schmidtke wegen Volksverhetzung. Für den Inhalt der CD war er allein verantwortlich.
Mitangeklagt ist der Neuköllner NPD-Kreisvorsitzende Sebastian Thom, bei dem ebenfalls CDs gefunden wurden. Mit Thoms Verteidiger einigte sich die Staatsanwaltschaft am Dienstag aber auf einen Deal: Das Verfahren gegen ihn wird eingestellt, dafür zieht Thom seine Revision in einem anderen Verfahren zurück – und wird dort nun eine viermonatige Haftstrafe antreten müssen.
Schmidtkes Anwalt Carsten Schrank hatte offenbar keine Lust auf einen ähnlich schnellen Abschluss im Verfahren gegen seinen Mandanten: Mit immer neuen Anträgen sorgte er am Dienstag für Unterbrechungen, schließlich stellte er einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin. Die Begründung: Da diese über seinen vorherigen Antrag, in dem es um angebliche Fehler der Anklage ging, bereits innerhalb weniger Minuten entschieden hatte, erwecke sie den Eindruck, das Ende des Prozesses stünde schon fest. Da über den Befangenheitsantrag erst entschieden werden muss, wurde der Prozess vertagt.
Zu der Anklage äußerte sich Schmidtke, der im Dezember in einem anderen Verfahren bereits zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, dennoch. Seine Version: Nachdem die CD indiziert wurde, habe er die Kreisverbände aufgerufen, ihm die noch nicht verteilten Exemplare zurückzuschicken. Die habe er dann gelagert, „um sie dem Sondermüll zu übergeben“.
Da die CD erst kurz vor der Wahl produziert wurde, seien ohnehin nur wenige Exemplare verteilt worden. Das allerdings hatte Schmidtke im Mai 2012 noch anders dargestellt: Damals tönte er, man habe bereits zehntausend Stück verteilt, die Durchsuchung sie ihm deshalb völlig „egal“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!