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Medaillenlose deutsche SchwimmerInnenUnprofessionell und naiv?

Keine Medaillen, nirgends: Die ratlosen Mienen der deutschen SchwimmerInnen sagen viel über Anspruch und Wirklichkeit beim Deutschen Schwimm-Verband.

Ratlose deutsche Schwimmerinnengesichter: Britta Steffen und Daniela Schreiber nach ihrem Scheitern im 4x100 Meter Staffel-Wettkampf Bild: dpa

Die ungläubigen Blicke in Richtung Anzeigetafel sind bezeichnend. Ein besonders aussagekräftiges Foto zeigt die deutsche Frauen-Staffel nach dem 4x100 Meter-Wettbewerb, jenem Vorlauf, in dem sie gescheitert waren. Acht große Augen und vier offen stehende Münder wollen uns da sagen: „Ups, das mit Olympia könnte ja ganz, ganz dick in die Hose gehen.“

Und am Montagabend stand Britta Steffen auf der Tribüne, um Freund Paul Biedermann anzufeuern. Nach dessen fünftem Platz war da wieder dieser Blick, dem man am liebsten entgegnen würde: Aufwachen, Olympia!

Die deutsche Schwimm-Equipe droht wie schon bei der WM in Schanghai vor einem Jahr kläglich zu scheitern. Das Rennen von Paul Biedermann über 200 Meter Freistil ist da noch eher als Hoffnungsschimmer zu sehen. Die große Kehrtwende konnte aber auch der 200 Meter-Weltrekordler nicht bringen. Und wer, wenn nicht er? Natürlich, Britta Steffen kann es rausreißen, aber Gold wäre für sie zu diesem Zeitpunkt schon eine mittelschwere Sensation.

Von wegen neue Lockerheit

Und der Druck von außen wird nicht geringer. Gerade in der Psychosportart Schwimmen ist das nicht zu unterschätzen. Ob ausgerechnet Steffen dem standhält, darf trotz ihrer viel zitierten „neuen Lockerheit“ vor ihren Wettkämpfen bezweifelt werden.

Und sonst? Die ein oder andere Medaille mag es vielleicht noch in den Staffelwettbewerben geben, davon abgesehen kann man froh sein, wenn die bei der Europameisterschaft erfolgreichen Athleten wie etwa Jenny Mensing ihre noch ausstehenden Finals (200 Meter Rücken) erreichen. Viel mehr aber ist da nicht.

Wo liegt der Grund für die Misere? Wahrscheinlich geben uns die ratlosen Blicke auch darüber Aufschluss. Nicht nur über den Leistungsstand der deutschen Athleten, sondern auch über die Unprofessionalität und Naivität, mit der man bisweilen beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) Großereignisse angeht.

Ex-Bundestrainer Dirk Lange hatte vor Olympia gesagt, er befürchte „ein deutsches Schwimm-Desaster in London“, wenn man die letzten Wochen vor London nicht optimal nutze. Und wieder wollte keiner dem Insider trauen, denn bisher war die Saison doch optimal verlaufen.

Großartig wie selten? Pah!

Oder etwa nicht? Was ist auf dieser Strecke von Punkt A nach Punkt B passiert? Bei A hatte man eine scheinbar fitte, intakte deutsche Mannschaft, die bei der EM in Budapest Ende Mai genau im Fahrplan zu sein schien. Vergangene Woche noch sprach Bundestrainer Lange von einem großartigen Team, das habe er „selten erlebt“. Euphorie allerorten – ausgerechnet bei den Schwimmern – das stimmte misstrauisch.

Bei Punkt B, nach drei olympischen Wettkampftagen, scheint auf einmal jegliches Misstrauen begründet. Neu ist: Die Verantwortlichen nahmen zunächst alles auf ihre Kappe. Biedermann-Coach Frank Embacher erklärte nach dem ersten Rennen, er habe seinem Schützling die falsche Maßgabe mit auf den Weg gegeben.

Und laut Leistungssportdirektor Lutz Buschkow habe man auch bei der Staffel gepokert. Das wäre so dilettantisch und dem Saisonhöhepunkt so wenig angemessen, dass man es nicht glauben mag. Dementsprechend hätte man aus Schanghai nichts, nada, niente gelernt.

Eine weitere Erklärung: Das deutsche Schwimmteam war bereits zu früh in der Saison auf dem Leistungshöhepunkt. Es schien nur eine stringente Entwicklung von der Deutschen Meisterschaft zur EM und dann zu Olympia zu sein, dann aber war man doch wieder nicht auf den Punkt topfit.

Wer nicht fit ist, wird Fünfter

Was nämlich Biedermann nach seinem fünften Platz über 200 Meter sagte, darf einem zu denken geben: „Es gab keine Taktik bei mir, ich musste einfach so schnell wie möglich schwimmen. Es hat sich gut angefühlt, aber am Ende war es zu langsam. Wenn man nicht hundert Prozent fit ist, wird man in so einem Rennen schnell mal Fünfter.“

Daraus lässt sich eine ganze Fehlerkette konstruieren, wenn man will. Dann wäre Biedermann ausgerechnet in seinem größten Rennen innerhalb von vier Jahren nicht auf den Tag genau fit gewesen. Er wäre also bei seinem wichtigsten Rennen – saisonübergreifend – entweder mit falscher Maßgabe oder nicht bei 100 Prozent an den Start gegangen, nur um das nachzuvollziehen.

Am mentalen Druck scheint es jedenfalls nicht zu liegen, dass die deutschen Schwimmer bisher so enttäuschten. Der könnte eher jetzt eine Rolle spielen, wo schon viel verloren ist. Es scheint schlicht an einigen Ecken geschludert worden zu sein.

Mit der auffällig nach außen getragenen Lockerheit und Zuversicht hat sich's jedenfalls für's Erste. Vielleicht glaubte man ja, man könne mit ein bisschen Autosuggestion Olympia rocken und sich das Taktieren während der Wettkämpfe leisten. Spätestens jetzt aber sollten diese Träumereien Vergangenheit sein.

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11 Kommentare

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  • T
    Tom

    @Schwimmexperte:

    Was haben Sie denn für großartige Leistungen vorzuweisen, dass Sie so daher kommen können? Sind Sie in irgendeinem Bereich unter den ersten 20 auf der Welt?? Warum nicht? Etwas leidenschaftslos finde ich das aber.

     

    shame on YOU!

  • PG
    Patrick G.

    204 Nationen nehmen an den Olympischen Spielen 2012 teil. Kann mir jemand erzählen warum wir Deutschen denken alle vier Jahre in jeder Sportart (in der wir antreten) zu den besten Drei Nationen gehören zu können und das als Land mit nur 80 Millionen Einwohnern.

     

    Vielleicht sollte man mal die schwarz-rot-goldene Brille abnehmen und sich über das Erreichte freuen, auch wenn es "nur" eine Finalteilnahme oder ein fünfter Platz ist. All diese überzogenen Erwartungen und die anschließende Totanalysierereri warum Athlet(-in) XY

  • F
    Fischkopp

    Wo soll eigentlich der Nachwuchs herkommen?

    Bremerhaven hat in der Vergangenheit viele gute bis sehr gute Schwimmer hervorgebracht. Aktuell: der Olympiateilnehmer Feldwehr, der jetzt aber nicht mehr für Bremerhaven startet.

    Die Bremerhavener Schwimmvereine müssen jährlich ca 35.000 Euro "Bahnbenutzungsgebühr" an die Stadt abführen. Daher sind die Vereinsbeiträge stark angehoben worden, was wiederum zum ebenso starken Rückgang der Mitgleidszahlen geführt hat.

    Gleichzeitig pumpt die Stadt jährlich etwa eine halbe Millionen direkt und indirekt in eine zweitklassige Eishockeyprofimannschaft, die überwiegend aus abgehalfterten "Deutschamerikanern" besteht. Das gilt übrigens auch für eine Profi-Besketballmannschaft, die ebenfals mit Steuermittel über Wasser gehalten wird.

    So findet, nicht nur in Brenmerhaven, Sportförderung statt.

  • S
    Schwimmexperte

    Der Artikel trifft den Nagel auf dem Punkt.

    Alle vier Jahre gehen die deutschen Schwimmer bei Olympia baden und lernen nichts dazu. Immer die selben Ausreden, immer die selbe Loser-Einstellung. Die Interviews nach den Rennen eine Farce, wenn mann sich mit Zeiten zufrieden gibt, die man bei den Qualiwettkämpfen schon erreicht hat...

    Olympia sollte für jeden Sportler DAS Event seines Sportlerlebens sein, wo man über sich hinauswächst und ungeahnte Kräfte mobilisiert wie andere Sportler aus anderen Nationen...leider hat man den vielen deutschen Schwimmern den Eindruck als wären sie lediglich nur als London-touristen unterwegs, die leidenschaftslos ihr Scheitern im Schwimmnecken zu Kenntnis nehmen und es als normal empfinden...

    Eine Schande!

  • I
    ich

    Genau solche Artikel sind es doch, die die Athleten unter Druck setzen. Da wird betont wie wichtig die Psyche fürs Schwimmen ist, aber die Klappe halten kann man nicht.

    Es wird nur kritisiert und gemeckert. Konsequenz: Wir müssen unsere Sportler auch mit allen Mitteln dopen, damit die Journale tolle Medaillenspiegel drucken können.

    Das ist doch alles, was zählt. Man muss im Medaillenspiegel ganz oben stehen. Wozu fährt man sonst zu Olympia? Was macht es da schon, wenn ein junger Spitzenschwimmer unter der Dusche einen Herzinfarkt erleidet und stirbt?

    Das ist eben der Preis den man zahlen muss, um als Nation ganz oben zu stehen. *Ironie aus* für die, die es nicht verstanden haben.

    Man schämt sich für die dt. Zeitungen.

  • T
    Tom

    Da würde ich mir wenig anmaßen über "schlechte", oder sagen wir mal nicht absolute Topleistungen, herzufallen.

    Auf dem Saisonhöhepunkt fit zu sein ist mitunter schwer. Wenn dazu noch eine EM davor statt findet, zu der man sich auch erst einmal qualifizieren muss, ist der Saisonaufbau nicht gerade leichter. Ich kenne jetzt nicht die Qualifikationskriterien der Schwimmer, aber in der Leichtathletik sind die weiterhin knallhart. Wenn ein Herr Biedermann sich nicht qualifiziert, weil er die Saison so aufgebaut hat um bei Olympia dann absolut Topfit zu sein, dann ist das Geschrei auch ganz groß.

    Generell ist das ja eh nicht so einfach, wie sich manche Schreibtischtäter sich das vorstellen. Mal kurz den Jahreskalender ausdrucken mit dem Lineal die Leistungskurve einzeichnen und dann ist das Ding geritzt. Mit Doping ist so etwas deutlich einfacher als ohne. Vielleicht auch ein Zeichen, dass bei den deutschen Schwimmern nicht so viel im Spiel ist.

  • L
    Loxias

    Vielleicht verlieren die deutschen SchwimmerInnen aber auch einfach gegen die Weltelite des Dopings!

  • P
    Petra

    Ich finde diesen Artikel einfach anmaßend. Das sind alle Topathleten der Welt bei Olympia und der deutsche Schwimmer hat "nur" den fünften Platz. Was nach meiner Lesart zumindestens heißt, er ist zum jetzigen Zeitpunkt der fünftbester Schwimmer auf dieser Strecke in der Welt.

     

    Im Artikel wird vom Druck gesprochen, und doch wird gleichzeitig genau dieser Druck aufgebaut. Ich fände es schön, wenn die Athleten die Wettkämpfe einfach nur genießen könnten. Denn ich denke, gewinnen wollen diese sicher von allein. Und (sicher leider) können nicht immer alle gewinnen.

  • W
    wauz

    Und?

     

    Hier wird mit einer Inbrunst berichtet, als hinge die Zukunft unseres Landes daran. Dabei ist es völlig unwichtig, ob in London Athleten eines deutschen Verbandes mit irgendeiner Deko behängt werden, oder eines anderen Verbandes.

    Schwimmen ist wichtig. Nicht der Leistungssport, sondern, dass es jeder kann. Wir haben immer mehr Kinder, die motorisch unfähig und auch kein bisschen schwimmen können.

    Wir haben bald auch nicht mehr genügend Schwimmbäder, dass es alle lernen könnten.

    Wo ist da der DSV?

  • T
    Tomi

    die Deutschen können einfach nicht ganz so ungestört Dopen wie die Chinesen oder Amerikaner.

    auch die 15-Jährige Litauerin, die gestern beim 100m Brust Finale gewonnen hat... 2 Sek Verbesserung in 4 Monaten... Ich sag da mal nicht mehr dazu.

    Gedoped ist im Spitzensport zwar fast jeder, die frage ist nur wie und wie stark.

  • E
    Erich

    Einfach mal selber ein wenig Sport treiben, nicht nur mit Laufkrücken in den Biergarten. Und dann feststellen, dass auch in der Spitze nicht jeder Tag ist wie der andere und dass es mal schlechte Tage gibt. Beim Sport und bei der Schreiberei. Das hilft, entspannter zu sein ;-)