Lücken einer Überwachungsfirma: Hacker hacken das „Hacking Team“
Eine umstrittenene Firma für Spionagesoftware erlebt unfreiwillige Enthüllungen. Auch undemokratische Staaten gehören zu ihren Kunden.
Unbekannte knackten den internen Datenspeicher des italienischen Unternehmens und loggten sich in dessen Twitter-Account ein. Von dort aus änderten sie den Profilnamen des Teams und posteten unter dem geänderten Namen „Hacked Team“ einen Link zum Download von 480 Gigabyte privater Daten. Diese umfassen neben internen E-Mails und Verträgen auch die komplette Kundenliste der Firma.
„Hacking Team“ ist ein international tätiges iT-Unternehmen, das Regierungen mit Systemen ausstattet, mit deren Hilfe Internet-User überwacht werden können. Zuletzt stand die Firma unter Verdacht, die Überwachungssoftware Da Vinci an repressive Regime verkauft zu haben.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen geht davon aus, dass mit Hilfe des Programms Dissidenten und unliebsame Journalisten bespitzelt werden. Das Unternehmen hatte diese Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Die veröffentlichten Kundenlisten und Rechnungen des Teams belegen nun, dass die Software auch an Saudi-Arabien, Kasachstan, Südkorea und den Sudan verkauft wurde.
Lebensbedrohliche Gefahr
Empfohlener externer Inhalt
Die Spionagesoftware der Italiener ermöglicht Regierungen, private Daten beliebiger Nutzer zu entschlüsseln. Emails und Passwörter können ebenso eingesehen werden wie Aufnahmen von Kameras und Mikrofonen bei Skype-Gesprächen. Für kritische Journalisten und Aktivisten, die in Ländern arbeiten, in denen Menschenrechte verletzt werden, stellt das Programm damit eine lebensbedrohliche Gefahr dar. „Hacking Team“ scheint sich dieser Gefahr bewusst zu sein. Trotzdem verzichtet die Firma nicht auf den Verkauf ihrer Software an Staaten wie Saudi-Arabien oder den Sudan.
In einer veröffentlichten Email aus dem Jahr 2012 soll sich ein Regierungsmitglied und Vertrauter des Präsidenten Meles Zenawi aus Äthiopien in einer Email an „Hacker Team“ bedankt haben, mit Hilfe der Spionagesoftware ein „hochrangiges Ziel“ ausfindig gemacht zu haben. Im selben Jahr belegt eine Rechnung über 480.000 Euro auch die Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Regierung des Sudan. Dort gab es im Jahr 2012 mehrere Fälle von inhaftierten Journalisten und Journalistinnen, die zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.
Die unfreiwilligen Enthüllungen des umstrittenen Unternehmens sorgten im Netz für große Schadenfreude. Besonders bei Twitter äußerten sich viele Menschen zu der Hacker-Attacke und erwarten nun weitere Einzelheiten aus dem bisher noch nicht komplett gesichteten Datenbestand.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!