piwik no script img

Lücken einer ÜberwachungsfirmaHacker hacken das „Hacking Team“

Eine umstrittenene Firma für Spionagesoftware erlebt unfreiwillige Enthüllungen. Auch undemokratische Staaten gehören zu ihren Kunden.

Fast alles kann gehackt werden – auch Hackingfimen. Foto: reuters

Berlin taz | Eigentlich verkauft die Firma „Hacking Team“ eine Spionagesoftware, um die Privatsphäre anderer Menschen offenzulegen. Nun musste sie am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, wenn private Daten veröffentlicht werden.

Unbekannte knackten den internen Datenspeicher des italienischen Unternehmens und loggten sich in dessen Twitter-Account ein. Von dort aus änderten sie den Profilnamen des Teams und posteten unter dem geänderten Namen „Hacked Team“ einen Link zum Download von 480 Gigabyte privater Daten. Diese umfassen neben internen E-Mails und Verträgen auch die komplette Kundenliste der Firma.

„Hacking Team“ ist ein international tätiges iT-Unternehmen, das Regierungen mit Systemen ausstattet, mit deren Hilfe Internet-User überwacht werden können. Zuletzt stand die Firma unter Verdacht, die Überwachungssoftware Da Vinci an repressive Regime verkauft zu haben.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen geht davon aus, dass mit Hilfe des Programms Dissidenten und unliebsame Journalisten bespitzelt werden. Das Unternehmen hatte diese Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Die veröffentlichten Kundenlisten und Rechnungen des Teams belegen nun, dass die Software auch an Saudi-Arabien, Kasachstan, Südkorea und den Sudan verkauft wurde.

Lebensbedrohliche Gefahr

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Spionagesoftware der Italiener ermöglicht Regierungen, private Daten beliebiger Nutzer zu entschlüsseln. Emails und Passwörter können ebenso eingesehen werden wie Aufnahmen von Kameras und Mikrofonen bei Skype-Gesprächen. Für kritische Journalisten und Aktivisten, die in Ländern arbeiten, in denen Menschenrechte verletzt werden, stellt das Programm damit eine lebensbedrohliche Gefahr dar. „Hacking Team“ scheint sich dieser Gefahr bewusst zu sein. Trotzdem verzichtet die Firma nicht auf den Verkauf ihrer Software an Staaten wie Saudi-Arabien oder den Sudan.

In einer veröffentlichten Email aus dem Jahr 2012 soll sich ein Regierungsmitglied und Vertrauter des Präsidenten Meles Zenawi aus Äthiopien in einer Email an „Hacker Team“ bedankt haben, mit Hilfe der Spionagesoftware ein „hochrangiges Ziel“ ausfindig gemacht zu haben. Im selben Jahr belegt eine Rechnung über 480.000 Euro auch die Zusammenarbeit des Unternehmens mit der Regierung des Sudan. Dort gab es im Jahr 2012 mehrere Fälle von inhaftierten Journalisten und Journalistinnen, die zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.

Die unfreiwilligen Enthüllungen des umstrittenen Unternehmens sorgten im Netz für große Schadenfreude. Besonders bei Twitter äußerten sich viele Menschen zu der Hacker-Attacke und erwarten nun weitere Einzelheiten aus dem bisher noch nicht komplett gesichteten Datenbestand.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Man sieht mal wieder: "Alles, was machbar ist, wird auch gemacht."

  • Sehr gut, ich hoffe eine Firma wie diese geht an sowas zu Grunde!