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Lobbyismus in BrüsselEU-Experten fest im Unternehmensgriff

Die Beratergruppen der EU-Kommission werden von der privaten Wirtschaft dominiert. Dabei ginge es aber nicht um „politische Entscheidungen“, sagen die Politiker.

Deal: Lobby-Stimmen aus der Wirtschaft haben in Brüssel Gewicht. Bild: kallejipp / photocase.com

BRÜSSEL taz | Große Unternehmen haben nach einer Studie der Allianz für Lobbytransparenz „Alter-EU“ besonders starken Einfluss auf die Gesetzgebung der Europäischen Kommission. Einer Studie der Lobby-Experten zufolge dominieren Vertreter der Wirtschaft rund zwei Drittel der 80 Expertengruppen, die die Generaldirektion Unternehmen und Industrie beraten.

Gewerkschaften seien nur mit einem Prozent in diesen Gremien vertreten, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit knapp acht Prozent, kritisierte Yiorgos Vassalos, der die Untersuchung geleitet hat. „Das hat nichts mit den Interessen der Bürger zu tun.“

Die Expertengruppen treffen zwar keine Entscheidungen, geben aber oft wichtigen Input für die Gesetzgebung der Europäischen Kommission. In einigen Fällen ist der Einfluss der Unternehmen besonders sichtbar: So sitzen im Gremium, das die Generaldirektion berät, für welche Projekte im Bereich Sicherheitsforschung Geld aus dem EU-Forschungsprogramm ausgegeben werden soll, neben acht Mitgliedstaaten neun Vertreter aus der Wirtschaft – darunter die Unternehmen Siemens und EADS, die von dem Programm bereits profitiert haben. NGOs sind nicht vertreten; nur drei Universitäten schicken Experten.

Die Europäische Kommission bestreitet, dass diese Gruppen tatsächlich einen entscheidenden Einfluss auf die Gesetzgebung haben: „Es geht hier nicht um politische Entscheidungen. Die meisten Gremien sprechen über sehr technische Dinge wie Kabel, Batterien oder den Durchmesser von Stahlträgern“, sagt Lluis Prats, Sprecher der Generaldirektion Unternehmen.

NGOs wollen nicht mit Brüssel reden

Außerdem habe die EU-Kommission sehr wohl versucht, die Beratergremien für Nichtregierungsorganisationen zu öffnen – bisher allerdings ohne großen Erfolg, so Prats: „In die Rohstoffgruppe haben wir Friends of the Earth und zwei weitere NGOs eingeladen, aber sie wollten nicht kommen.“ Auch der Europäische Verbraucherverband habe Einladungen abgelehnt.

Für die angefragten Organisationen ist es oft eine Frage der fehlenden Ressourcen. Sie haben durchschnittlich weniger Mitarbeiter in Brüssel als die Lobbyverbände der Unternehmen. Einfach weitermachen wie bisher kann die Kommission jedenfalls nicht.

Das EU-Parlament hat bei der letzten Haushaltsprüfung 20 Prozent des Budgets für Expertengruppen einbehalten und gefordert, sie ausgeglichener zu besetzen. Erst dann soll das restliche Geld an die Institution fließen.

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1 Kommentar

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  • D
    Detlev

    Mag sein, dass es dem Wähler (und Taz-Leser) entgangen ist, dass in Brüssel nur Wirtschaftsvertreter aktiv und wirksam sind, in Wirklichkeit ist dies politisch gewollt. Gerade die nicht nachvollziehbare Ebene der Kommission und danach die nächtlichen Ministerunden im EU-Rat machen Lobbyarbeit zum Genuss.

     

    Als in Deutschland plötzlich keine Bananen mehr aus Mittelamerika im Laden lagen und die kleineren Dinger von den Kanaren da waren, haben dann einige sich gewundert. Aber das ist die EU: Es wird immer wieder versprochen und in Aussicht gestellt, wie gut dies alles der Allgemeinheit täte, was für tolle Sprünge nach Oben bald folgen würden. In Wirklichkeit würde Europa auch mit Grenzübergängen und Zollbuden florieren, weil die positiven Effekte der EU-Entgrenzung immer übertrieben wurden und werden.

     

    Man muss sich nur vor Augen führen, dass Ursula von der Leyen die vereinigten Staaten von Europa vorschlug, als es in ihrem eigenen Ressort genug andere Baustellen gab. Es zeigt eben, wie sinnentleert die Idee einer tollen EU gepuscht wird, obwohl der Bürger gar nicht weiß, was ihm vergangene Beschlüsse gebracht haben. Deswegen weiß er auch nicht, was es in Zukunft noch bringen soll. Und die NGOs wollen klar mit am Tischen sitzen und zwar im Restaurant im Hinterstübchen, wo die echten Entscheidungen getroffen werden, nicht dort, wo sie einen mit Dokumenten kiloschwer erschlagen.