Lobbyismus bei EU-Datenschutz: Kommissarin widerspricht Lobbyplag
Die Debatte um Lobby-Einfluss in Brüssel schlägt hohe Wellen. Die für die Datenschuztzregelungen zuständige EU-Kommissarin Kroes weist die Kritik von sich.
BRÜSSEL/BERLIN dpa | EU-Kommissarin Neelie Kroes hat Vorwürfen widersprochen, bei der Neufassung des europäischen Datenschutzrechtes hätten Unternehmensvertreter einen zu großen Einfluss gehabt. „Kein Lobbyist sagt mir, was zu tun ist, weder ein amerikanischer noch irgendein anderer“, schrieb Kroes am Montag auf ihrem Twitter-Profil.
Aktivisten hatten zuvor einen angeblich zu weitgehenden Einfluss von Unternehmen auf die Formulierung neuer EU-Regeln zum Datenschutz im Internet angeprangert.
Auf der Plattform „Lobbyplag.eu“ warfen sie den EU-Parlamentariern vor, ihre Änderungsvorschläge für die neue EU-Datenschutzrichtlinie teilweise wörtlich aus Lobby-Unterlagen übernommen zu haben.
Die Aktivisten sammelten Textstellen, die ihrer Darstellung nach auf Einreichungen von Unternehmen wie Amazon und Ebay oder Interessenvertretungen wie die Amerikanische Handelskammer und die Vereinigung europäischer Banken zurückgehen.
EU-Parlament berät
Der Name „Lobbyplag“ ist angelehnt an Projekte wie „Guttenplag“, bei denen Nutzer gemeinsam nach abgeschriebenen Stellen in Doktorarbeiten suchen.
Die Europäische Union ringt seit einem Jahr um eine Überarbeitung der bisherigen Datenschutzregeln, die aus dem Jahr 1995 stammen. EU-Justizkommissarin Viviane Reding arbeitete Vorschläge für einheitliche Regeln in den 27 Mitgliedsstaaten aus, die sie im Januar 2012 vorlegte. Derzeit berät das EU-Parlament über die Pläne.
Der deutsche EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) beklagte bereits das „doch sehr umfangreiche Lobbying“ von Unternehmen. Albrecht ist Berichterstatter im federführenden Innenausschuss des EU-Parlaments.
Besonders Internetunternehmen aus den USA betrieben einen großen Aufwand, sagte er der dpa anlässlich des EU-Datenschutztages Ende Januar. Das liegt auch daran, dass EU-Regeln weitreichende Auswirkungen haben würden: „Wir setzen damit auch einen Standard“, sagte Albrecht.
Doch auch an seinem Vorgehen gibt es Kritik. So warf ihm der CDU-Europaparlamentarier Axel Voss vor, für seine eigenen Änderungsvorschläge Formulierungen von Datenschutzaktivisten übernommen zu haben. Voss spricht in der Reformdebatte für die christdemokratische EVP-Fraktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos