Kritik an Schröders Extremismusklausel: „Jetzt muss sie vollständig fallen“
Kristina Schröders Extremismusklausel ist rechtswidrig. Nun fordern Oppositionspolitiker ihre Abschaffung – und stellen die Kompetenz der Ministerin in Frage.
BERLIN taz | Nach dem Urteil des Dresdner Verwaltungsgerichts zur umstrittenen „Extremismusklausel“ haben führende Oppositionspolitiker am Donnerstag Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) aufgefordert, bei der Förderung von antirassistischen Projekten ab sofort auf den Bekenntniszwang zu verzichten. Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte der taz: „Nachdem nun die Rechtswidrigkeit festgestellt ist, muss die Extremismusklausel unverzüglich abgeschafft werden.“
Neben Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) äußerste sich auch Linkspartei-Chef Klaus Ernst kritisch. Der taz sagte Ernst: „Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für eine wankende Ministerin. Die Extremismusklausel hat das Engagement gegen rechts behindert. Sie muss jetzt vollständig fallen.“
Sebastian Nerz, Vorsitzender der Piraten, sagte der taz, er „bezweifle, dass das Familienministerium überhaupt in der Lage wäre, eine Regelung zu finden, die juristisch und handwerklich in der Lage wäre, zu regeln, was das Ministerium regeln möchte: Mit der Klausel soll politisch missliebigen Gruppen die Weltsicht der Ministerin aufgedrückt werden.“
Das Bundesfamilienministerium reagierte zurückhaltend auf das Urteil, gegen das noch Berufung eingelegt werden kann. Das Ministerium will zunächst die schriftliche Begründung abwarten. Am Mittwoch hatte das Dresdner Verwaltungsgericht die unter Familienministerin Schröder eingeführte „Extremismusklausel“ für rechtswidrig erklärt. Die Unterzeichnung dieses Verfassungsbekenntnisses ist für zivilgesellschaftliche Initiativen eine Bedingung zum Erhalt von Fördermitteln des Bundes im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus.
Neben dem eigenen Verfassungsbekenntnis verlangt die Klausel, dass Empfänger von Fördermitteln auch die Verfassungstreue ihrer Projektpartner zu prüfen hätten. Antirassistische Initiativen kritisieren dies als „Gesinnungs-TÜV“. Der Berliner Rechtswissenschaftler Ulrich Battis hatte den Bekenntniszwang als „verfassungsrechtlich bedenklich“ bezeichnet.
Das Verwaltungsgericht Dresden hat bei seiner Würdigung jedoch keine Grundrechtsabwägung vorgenommen, sondern nur geprüft, ob die Klausel juristisch und handwerklich in Ordnung ist. Das sei sie nicht, entschieden die Richter. Der Grund: Die Anforderungen an die Projektträger seien zu unbestimmt, um daran konkrete Förderzusagen zu knüpfen. So sei nicht klar, wie Initiativen in der Praxis ihre Partner konkret auf deren Verfassungstreue überprüfen könnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann