Kristina Schröders Extremismusklausel: Länder gegen Gesinnungscheck
Extremismusklauseln für Initiativen gegen rechts? Viele Bundesländer kritisieren Kristina Schröders Idee - und lehnen eine Klausel für eigene Programme ab.
BERLIN taz | Familienministerin Kristina Schröder (CDU) steht alleine da. Während sie an der heftig umstrittenen Extremismusklausel als Förderungsbedingung für Anti-rechts-Initiativen festhält, will kaum ein Bundesland eigene Gesinnungschecks für Landesprogramme einführen. Besonders aus den Ost-Ländern kommt scharfe Kritik an Schröders Idee, Projektträger eine Erklärung ihrer Verfassungstreue unterschreiben zu lassen.
Das von CDU und SPD regierte Thüringen werde bei der Vergabe von Landesmitteln keine Erklärung verlangen, heißt es im dortigen Innenministerium. Es verweist auf die Stasi-Erfahrungen vieler Ostdeutscher.
In Brandenburg, wo SPD und Linkspartei in der Regierung sitzen, meint das Innenministerium: "Die Extremismusklausel ist das Ergebnis einer politischen Haltung, die engagierten Bürgern und Vereinen mit obrigkeitsstaatlichen Vorbehalten und bürokratischem Formalismus begegnet." Laut Innenminister Dietmar Woidke (SPD) könnte sie sich sogar als "schädlich erweisen, weil sie einem Klima des Misstrauens Vorschub leistet".
In Mecklenburg-Vorpommern ist Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) der Ansicht, Schröder schieße weit über das Ziel hinaus. Die Ablehnung der Extremismusklausel durch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) ist seit Längerem bekannt, und der rot-rote Berliner Senat will juristisch gegen die Klausel vorgehen.
Selbst im von CDU und FDP regierten Baden-Württemberg existiert bisher keine an Schröders Idee angelehnte Generalklausel oder Erklärung, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums. In der Regel werde bei der Förderwürdigkeit von Projekten jedoch der Staats- oder Verfassungsschutz konsultiert. "Es ist in Ordnung, wenn man schaut, wem man Steuergeld gibt."
Sachsen ist nach Einschätzung des Kulturbüros Sachsen, welches Projekte berät, das einzige Bundesland, das sich bei seiner Fördermittelvergabe für Demokratie- und Toleranzinitiativen an Schröders Extremismusklausel für Bundesprogramme wie "Zusammenhalt durch Teilhabe" oder "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" orientiert. Wer sächsische Landesförderung will, muss sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.
Auch wenn eine Extremismusklausel im zweiten Teil der Erklärung nach einer aktuellen Änderung entfällt, sollen Vereine aber von ihren Partnern ebenfalls eine Treueerklärung einfordern. Sachsen hatte mit seiner harten Haltung schon im November einen Eklat produziert, als der sächsische Demokratiepreis durch einen Preisträger abgelehnt wurde.
Die neue sächsische Erklärung wird von Initiativen scharf kritisiert. Das Kulturbüro Sachsen und die Opferberatung RAA bezeichneten sie als eine "Verschlimmbesserung". Sie verweisen auf das Mitte der vergangenen Woche vom Juristischen Dienst des Bundestages vorgestellte Gutachten, wonach ein Bekenntniszwang nur bei besonderer Treuepflicht von Beamten oder Einbürgerungswilligen besteht.
Außerdem sei es absurd, jedem Projekt- oder Diskussionspartner plötzlich mit Misstrauen zu begegnen und eine Erklärung abzuverlangen.
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