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Kristina Schröder und LinksextremismusDie Ministerin weiß von nichts

Das Familienministerium will nicht für die fragwürdige Extremismusbroschüre verantwortlich sein. Dabei finanzierte es die Broschüre mit 120.000 Euro.

Nur Kristina Schröder weiß, warum sie Leute als linksextrem bezeichnet - ob es im Ordner steht? Bild: dpa

BERLIN taz | Linksextremisten können Kristina Schröder und ihren Mannen nichts vormachen. Auch die Tageszeitung Neues Deutschland nicht, weist sie doch "gelegentlich Beiträge mit linksextremistischen Bezügen auf." Oder die Wochenzeitung Jungle World: "In ihr werden regelmäßig unter anderem Fragestellungen des linksextremistischen antideutschen Spektrums aufgegriffen." Zudem fänden sich in beiden Zeitungen "Hinweise auf Veranstaltungen aus dem linksextremistischen Spektrum".

Bezüge, Fragestellungen, Veranstaltungshinweise – viel ist das nicht, was das Familienministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei aufzuführen weiß. Eingereicht hatte die Anfrage der Abgeordnete Jan Korte wegen einer von der Münchner Zeitbild-Stiftung herausgegebene Broschüre "Demokratie stärken – Linksextremismus verhindern", zu der Frau Schröder das Vorwort geschrieben oder wenigstens unterschrieben hat.

Dass beide Blätter nicht in den Verfassungsschutzberichten auftauchen, ficht die Einschätzung des Ministeriums übrigens nicht an. Schließlich seien die Berichte "keine abschließende Aufzählung". Jedenfalls wurden von dieser Broschüre, auch das geht aus der Antwort hervor, rund 25.000 Exemplare gedruckt. Dafür ließ das Ministerium 121.260 Euro springen.

"Intellektuell erbärmliche" Argumentation

Dank dieser Förderung werden nun Schülerinnen und Schüler über das in Artikel 14 Absatz 1 verbriefte Grundrecht ("Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt") aufgeklärt. Um auch Absatz 2 ("Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen") zu zitieren, reichte das Geld hingegen nicht aus.

Vielleicht befand der Stiftungsbeirat, dem unter anderem Bernd M. Michael, Präsident des Deutschen Marketing-Verbandes und Hanns-Eberhard Schleyer, der frühere Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, angehören, diesen Passus auch für lästig.

Aber mit derlei – sagen wir: streitbaren – Aussagen will das Ministerium trotz Vorwort und Finanzierung nichts zu tun haben. Der Inhalt der Broschüre liege im "Verantwortungsbereich der Zeitbild-Stiftung" und werde von der Bundesregierung nicht bewertet. "Intellektuell erbärmlich" findet Jan Korte diese Argumentation. Initiativen gegen Rechts würden durch "Schröders Extremismusklausel dazu genötigt, für die Verfassungstreue sämtlicher Partner zu garantieren, mit denen sie zusammenarbeiten. Kristina Schröder übernimmt noch nicht einmal die Verantwortung für eine diffamierende Zeitung, die ihr Ministerium finanziert hat."

"Blind gegenüber Rechtsextremismus"

Die Sache mit der Diffamierung scheint man in den gebrandmarkten Redaktionen gelassen zu sehen: "Man muss sich nicht schämen, wenn man von Frau Ministerin Schröder als linksextremistisch bezeichnet wird", meint Jürgen Reents, Chefredakteur des Neuen Deutschland. Das Problem sei jedoch, dass das Familienministerium mit dem Vorwurf des Linksextremismus "sehr freihändig" umgehe, während es "zunehmend taub und blind gegenüber dem Rechtsextremismus" sei.

Und Markus Ströhlein, Chef vom Dienst bei der Jungle World, der Kristina Schröder vor einigen Jahren ein ausführliches Interview gegeben hatte, sagt: "Wir hoffen, dass die Bundesregierung trotz der kümmerlichen Argumente, die sie vorbringt, nicht davon absieht, weiterhin an Schulen Werbung für uns zu betreiben."

Noch unbeantwortet ist die Anfrage des SPD-Bundestagsabgeordneten Rolf Schwanitz. Dabei soll die Bundesregierung unter anderem erklären, ob sie einige Songtitel der Rockband "Ton Steine Scherben" für bedenklich hält und wie sie John Lennons "Power to the People" und Herbert Grönemeyers "Kinder an die Macht" bewertet.

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15 Kommentare

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  • R
    Realdemokrat

    Tina du verkennst leider, dass es eben seit Auflösung der RAF keine Linksextremistisch motivierten Morde gab. Autos Anzünden oder sich auf einer Demo den Schal hochziehen ist einfach etwas anderes als Menschen verprügeln oder totschlagen.

     

    Diejenigen, die das verkennen sind meiner Meinung nach genauso gefährlich wie die Nazis die im Schnitt jährlich ca. 5 (Polizei) - 10 (Tagesspiegel) Menschen ermorden.

     

    Gewalt gegen andersdenkende gab es durch Linksextremisten wenn überhaupt dann nur gegen Nazis und selbst das nur sehr selten. Vielleicht lässt du dich ja gerne verprügeln, ich werde mich gegen Nazis wehren. Wenn der Rechte Terror erst die Straßen übernommen hat wie in den "National befreiten Zonen", ist es wie 1933 zu bereits spät.

     

    Auf die Polizei kann man ja nicht einmal hoffen, wenn die Nazis 10 Menschen mit der selben Tatwaffe ermorden.

  • I
    ion

    Ergiebiger, der Transparenz und Förderung der (politischen) Meinungsbildungs-Möglichkeit dienlicher wäre, umfänglich zu recherchieren, welche Bundesministerien, etc., derlei privat generierte (Propaganda-)Projekte nach eigenem gusto, in eigenen Sachen fördern - selbstredend (nur vorgeblich) ohne jegliche (Inhalts-)Kontrolle - und wie solche staatlichen Kooperationen zu 'privat' organisierten Meinungsmachern, Herausgebern, Stiftungen, zu Stande kommen und jurisitisch einzustufen wären - auch unter dem Aspekt, ob solche äußerts fragwürdig generierten 'Lehr-/Lern-/Leer-mittel' an öffentliche Schulen geraten dürfen.

    Dass jedenfalls für eine 'großzügig poppig'-anbiedernd aufbereitete 36-seitige Farbdruck-Kompilation von mit tendenziöser Polemik angereicherten Allgemeinplätzen und Web-Links immerhin stolze 4,85 EUR pro Print-Exemplar aus Steuermitteln verschleudert werden ist definitiv unverschämt!

  • H
    Höhöhöhöhöh!

    Ich habe eben gerade gelesen, die Ministerin von Nichts! Das ist wirklich eine schöne Freudsche Verleserin.

     

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

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    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

    Ministerin von Nichts, ^lol^.

  • V
    vic

    @ T.V.

    ich darf ergänzen?

     

    we don`t need no thought control.

    ...hey Schröder, leave us alone.

  • V
    vic

    Ich bin so frei, und reduziere die Überschrift auf das Wesentliche:

    Die Ministerin weiß nichts.

  • M
    mary

    frau merkel hat bei der auswahl ihrer kabinettmitglieder wenig fingerspitzengefühl gezeigt und da sie sich scheinbar nur noch mit der rettung des euro beschäftigt,bekommt sie wahrscheinlich gar nicht mit,wie zu hause einiges verdammt schief läuft.

  • H
    hunsrückbäuerlein

    das erinnert mich irgendwie an Kalltheo, den wegen Kindergesschrei und Plagierens überforderten Kiregsminister, der garnicht mitbekommt, dass er schon erschossen wurde.

     

    ich kann mir vostellen, dass die junge familienministerin mit ihrer jungen familie voll überfordert ihr amt als familienministerin garnicht mehr weiß was sie getan hat und tut...

     

    man muß ihr dieses Hineinwachsen zugute halten, auch wenn andere dafür den a..hinhalten müssen....

     

    das ist D, Stümper³, die erste garnitur geht sowieso in die Wirtschaft, dort fallen fachliche und soziale Inkompetenz (derzeit noch) weniger auf

  • T
    Thorsten

    " Dabei soll die Bundesregierung unter anderem erklären, ob sie einige Songtitel der Rockband "Ton Steine Scherben" für bedenklich hält und wie sie John Lennons "Power to the People" und Herbert Grönemeyers "Kinder an die Macht" bewertet"

     

    Lächerlich, einfach nur Lächerlich.

     

    Trotzdem darf man Extremismus, egal welche Art, nicht verharmlosen.

     

    Denn sind wir ehrlich: Von wirklicher Freiheit haben weder rechts noch linksextremisten eine Ahnung, wie die Geschichte und die Gegenwart zeigt.

     

    Einem Menschen die Freiheit zu nehmen ist IMMER ein Verbrechen.

  • N
    ninga

    Was macht ein/e anständige/r Kanzler/in, wenn fast alle ihre/seine Minister mit solchen Zutaten stincken? Wie Frau Schröder!

    Der beste Weg ist: Neue Bundestageswahlen.

    Seien Sie Mutig Frau Merkel und entscheide es bitte Heute besser als Morgen!

  • A
    adf

    Es wird noch besser!

    Jetzt gibts sogar noch Geld dafür gegen linke Ideen an Schulen vorzugehen.

     

    http://www.zeitbild-stiftung.de/augen_auf_gegen_extremismus.html

  • PP
    peter pop

    etwas wirr geschrieben: was hat das bundesfamilienministreium nun eigentlich veröffentlicht, oder finanziert odermitfinanziert?????

    und was aben haben "die scherben" damit zu tun???

  • CM
    Carl Max
  • T
    T.V.

    Ganz zu schweigen vom Pink Floyd-Klassiker "We don't need no education", der sicherlich nur von dreckigen Roten geschrieben worden sein kann. Holen wir den kalten Krieg wieder nach Deutschland, dann gehts uns bestimmt besser. Oder, Frau Schröder?

  • V
    vantast

    Es geht hier um Psychologisches, die CDU ist am rechten Auge blind:

    "Die Historiker, Politologen und vor allem die Fakten sprechen dafür, "daß seit dem Wilhelminischen Reich sich die führenden Schichten im wesentlichen gleichgeblieben sind" (Geiss). Die CDU/CSU bilde mit all ihren Unterorganisationen nur die bislang letzte Stufe in der Geschichte der rechten deutschen Sammlungsbewegungen, die sich zum erstenmal 1917 in der Deutschen Vaterlandspartei gegen die Demokratie organisiert haben."

    Klar, daß sie deshalb links immer den Gottseibeiuns sehen, vor allem, da der Geist links steht.

  • T
    Tina

    Es ist völlig in Ordnung, dass die Ministerin den "Kampf gegen Links" aufnimmt, denn der "Kampf gegen Rechts" ist ja schon lange und groß am laufen.

    Das "getroffenen Hunde" bellen, kennen wir ja.

     

    Denn die Anschläge auf die Bahn in Berlin, die vielen brennenden Autos, Gewalt gegen Polizei und Andersdenkende, also all das, was Linksextremismus in Deutschland ausmacht, kann in einer Demokratie nicht hingenommen werden.

     

    Hoffentlich nimmt Frau Schröder auch den "Kampf gegen den Islamismus" stärker auf, denn da ist das größte Zuwachspotential. Übrigens wird Pi-News auch nicht im Verfassungsschutzbereicht aufgeführt genau wie das ND oder die JW. Das Gras ist eben nicht grüner auf der anderen Seite.