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Kommentar Wahl in NRWRiecht nach Angst

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin in NRW, hat der Linken nicht zum ersten Mal eine klare Absage erteilt. Diesmal wirkt sie aber seltsam.

Kratftvoll von der Linken abgewendet Foto: reuters

H annelore Kraft wirkt auf den letzten Metern unsouverän. Natürlich ist es keine Überraschung, dass die Sozialdemokratin, die sich wie die rechtmäßige Königin Nordrhein-Westfalens fühlt, gegen die Linke eine tiefe Abneigung hegt. Kraft erzählt seit Jahren, dass die Partei nicht regierungsfähig sei, dass sie in einem Wolkenkuckucksheim lebe, dass sie sich nicht an die in der Verfassung festgeschriebene Schuldenbremse halten wolle.

Doch der strikte Ausschluss von Rot-Rot-Grün ein paar Tage vor der Wahl ist eine Notoperation, die nach Angst riecht. Kraft hat im Wahlkampf Fehler gemacht, und sie hat es nicht geschafft, den Schulz-Hype zu verstetigen. In Umfragen liegt sie wieder Kopf an Kopf mit dem CDU-Mann Armin Laschet, der klug zwischen Sicherheitsthemen und einer modernen Migrationspolitik balanciert.

Krafts Worte

Vier Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ein rot-rot-grünes Bündnis nach dem Urnengang ausgeschlossen. "Mit mir als Ministerpräsidentin, sage ich klar, wird es keine Regierung mit Beteiligung der Linken geben", sagte Kraft am Mittwoch im Westdeutschen Rundfunk. Krafts Herausforderer Armin Laschet (CDU) warf der Düsseldorfer Ministerpräsidentin umgehend Wählertäuschung vor. Linken-Chef Bernd Riexinger bescheinigte Kraft Kleinmütigkeit.

Mit der Absage an die Linke will Kraft nun all jene WählerInnen binden, die Rot-Rot-Grün für die Rückkehr des Kommunismus halten. „Alarmstufe doppelrot“ plakatiert die CDU. Und das Märchen von der dunkelroten Gefahr verfängt leider bis heute, auch wenn Rot-Rot-Grün in Thüringen sozialdemokratische Politik macht und Außenpolitik in einem Bundesland keine Rolle spielt.

Kraft geht nun in eine Falle, die die SPD eigentlich aus dem Weg geräumt haben wollte. 2013 beschlossen die Sozialdemokraten, Koalitionen mit der Linkspartei nicht mehr grundsätzlich auszuschließen. Diese kluge Entscheidung kam schon damals viel zu spät.

Mehrere Optionen zu haben, das ist in dem komplexer werdenden Parteiensystem wichtiger denn je. Eine ängstliche SPD, die sich dauerhaft zur Wasserträgerin der CDU degradiert, kann sich gleich eine Grabplatte ans Willy-Brandt-Haus schrauben.

Kraft hätte auf die Kampagne der NRW-CDU auch selbstbewusst antworten können: Nein, wir schließen diese Koalition nicht aus. Aber seien Sie ­sicher – mit uns wird es keinen finanzpolitischen Amoklauf geben.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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11 Kommentare

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  • 6G
    64662 (Profil gelöscht)

    Auf den Wahlplakaten der Linkspartei steht "Sozial auch nach der Wahl". Für "Sozialdemokraten" wie Frau Kraft so etwas vermutlich eine große Unverschämtheit? ;)

    • @64662 (Profil gelöscht):

      Ja. Insbesonder bei eh schon vorhandener Nervösität. Und die AfD wirbt auch mit pseudosozialen Versprechen. Denn was soll das Wahlplakat zum nach Pfandflaschen wühlenden Renter nach einem "langen Arbeitsleben" sonst aussagen? Die von der AfD geplanten drastischen Kürzungen machen diese Plakate besonders dreist.

       

      Und mal nebenbei: Änderungen im Rentenrecht (Bundesgesetz) brauchen nicht einmal die Zustimmung Bundesrates.

  • Laschek hat noch nicht einmal seinen persönlichen Büroleiter im Griff.

    Dieser, ein aroganter, unmotivierter

    und abweisender Typ, hatte ich im letzten Jahr am Telefon.

    Wer solche Mitarbeiter hat, deren Partei kann keinesfalls gewählt werden.

  • Könnte ich in NRW am nächsten Sonntag wählen, würde ich keinesfalls

    mein Kreuz b.d. unsäglichen Spezialdemokraten machen.

    Die Kraft gefällt mir gar nicht, weil selbstherrlich und teilw. arogant.

    In diesem Landtag wird es voraussichtlich 6 Parteien geben und ich hoffe, das diese Pharisäer von Spezialdemokraten nicht mehr regierungsfähig sein werden.

    Die einzigst wählbare Partei sind die Linken, denn das sind die echten Sozialdemokraten.

    Denn wer hat unter Schröder und den Quacksalbern grün den Arbeiter verraten, es waren die unmöglichen Sozialdemokraten mit den Grünen, die den größten Sozialabbau i.d. Geschichte uns allen diktiert hatten.

    SPD, Grüne, FDP, CDU sind auf Lebenszeit unwählbar geworden.

    Diese Neoliberalen sind keinen Pfifferling wert !

  • "mit uns wird es keinen finanzpolitischen Amoklauf geben"

     

    Rot-Grün hat bereits ausgereicht dieses Bundesland wirtschaftlich und finanziell zu schädigen. So gesehen gibt es diesen Amoklauf schon.

  • SAFT- UND KRAFTLOS...

    kommt sie daher die altbackene wahlkampfmaschine der spd und spult immer die gleiche leier ab: "ohne die linke". ohne die linke geht es nicht, genossen, wenn ihr denn je wieder eine machtoption haben wollt. aber der stresemann und das kleine schwarze für die grosse koalition hängen ja schon gebügelt im schrank. armes deutschland.

  • Völlig richtiger Kommentar. Die SPD hat sich wieder mit der alten Rote-Socken-Masche vorführen lassen. Sie wird es am Ende wieder vergeigen. Denn ohne die Linke wird es nicht gehen. Das sollte auch Frau Kraft wissen. Worauf setzt sie denn? Auf rot-grün? Das war einmal, vor 20 Jahren.

     

    Die SPD ist zu einem roten Trojanischen Pferd verkommen, das von CDU und Arbeitgebern vor der Wahl in die Arbeiterviertel gerollt wird...

     

    Profitieren tun CDU und vielleicht noch Grüne, wenn es denn zur Jamaika-Koalition kommt. Für die SPD werden die Koalitionsoptionen rar, außer der Linken gibt es da nicht mehr viel. In NRW gibt's keinen SSW!

     

    So sieht Realitätsverleugnung aus.

  • Öhm, nachdem die PDS zusammen mit dem WASG zusammengegangen ist, und die SPD in Berlin 2006 dann gemeinsam regierten, sanken die Umfragewerte der SPD. Und erholen sich seitdem auch nicht.

    Und Schulz und das Saarland ging den Bach runter, just nachdem Lafontaine seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit bekannt gegeben hat. Und ich kenne ehrlich gesagt auch niemanden, und habe auch nie jemanden kennengelernt der rot-rot (mit oder ohne grün) gut findet.

     

    Wenn die SPD langfristig wieder auf die Beine kommen will, muss sie Allgemein zur Realität zurück und eingestehen das sie Fehler gemacht hat, die wirklichen Probleme in der BRD mal beim Namen nennen (auch die selbst eingebrockten), reale Umweltpolitik machen (die Kohlekumpels in Frührente schicken, der Autoindustrie mal richtig auf den Zahn fühlen), und erkennen das die Malocher von gestern nicht mehr existieren und heute am Schreibtisch sitzen. Eine Politik die sich durch das Internets und die Datensammlungsproblematik ergeben darf auch noch angefangen werden. Und von jemandem besprochen werden der das Thema auch versteht!!

     

    Aber die SPD versemmelts indem sie lieber nach Mehrheiten sucht, sich auf die Schulter klopft, und ansonsten nichts auf die Reihe bekommt und Merkels Politik abnickt anstatt mal lautstark(!) Akzente zu setzen.

    • @F. Tee:

      Aber es scheint eine Mehrheit in Deutschland hat keine Probleme damit, dass sich Deutschland an Völkerrechtwidrigen Kriegen beteiligt, Drohnen ohne Ramstein nicht möglich wären. Es scheint in Deutschland kaum jemand zu geben, das sich der Westen incl. Deutschland mit seinen gerade einmal 10% der Weltbevölkerung, regelmäßig als weiße Herrenrasse sich über das Völkerrecht stellt, es mit Füßen tritt und den Rest der Welt ins Chaos stürzt?

  • Ich wähle sozial und demokratisch. Also _nicht_ SPD.

    • @Andreas Säger:

      Habe ich bereits durch Briefwahl erledigt.

      Na ja, ich traue keinem Wahlbüro und schon gar nicht der Auszählung.

      Alles was ich nicht selbst manipuliere,

      ist getürkt.