Kommentar U-Ausschuss zum Nazitrio: Mit angezogener Handbremse
Schwarz-Gelb und SPD tun sich schwer mit dem Ausschuss zum Naziterror. Da passt es ins Bild, dass Grüne und Linke kaum Kompetenzen bekommen.
D as scharfe Schwert der Opposition, der Untersuchungsausschuss, droht stumpf zu werden. Eine ganz große Koalition ist dafür verantwortlich.
Da wäre die Regierung, die aus dem Totalversagen der Ermittler und der Kumpanei des Verfassungsschutzes mit Neonazis die Konsequenz zieht, Polizei und Geheimdiensten noch mehr Kompetenzen zu verschaffen, statt mehr Transparenz zu verschreiben. Die Union schickt mit Clemens Binninger zudem einen Abgeordneten federführend in den Ausschuss, der bereits klargemacht hat, wo er die Schwerpunkte sieht, nämlich wiederum bei der Analyse der "Sicherheitsarchitektur", also dem optimalen Austausch von Informationen.
Und da ist die SPD, die lange herumlavierte und sich schließlich doch für einen Untersuchungsausschuss entschied. Aus der Fraktion hieß es, man habe zunächst geprüft, ob nicht eine Bund-Länder-Kommission geeigneter sei. Das Abwarten dürfte vor allem parteitaktischen Kalkülen geschuldet sein. Immerhin hieß der Bundesinnenminister zur NSU-Hochzeit Otto Schily, in Thüringen regiert eine große Koalition - und im Bund vielleicht bald auch wieder. Außerdem stellen die Sozialdemokraten mehrere Landesinnenminister, die an weiteren Enthüllungen über das antikommunistische Sturmgeschütz namens Verfassungsschutz kein Interesse haben.
Robert von Seeve ist Autor der taz.
Da passt es ins Bild, dass Grüne und Linke zwar im U-Ausschuss sitzen, ihnen aber durch die Zusammensetzung des Gremiums das Recht auf Beweisanträge verwehrt wird. Eine massive Behinderung, denn in den U-Ausschüssen sollte das Mehrheitsprinzip nur eingeschränkt gelten, um eine Kontrolle der Mehrheit zu garantieren. Die eigentlich oppositionelle SPD agiert hier wie eine Regierungspartei.
Hoffnungsträger ist nun Sebastian Edathy. Der Sozialdemokrat könnte sich als unparteiischer Ausschussvorsitzender profilieren. Dem Vertrauen in Parteien, Institutionen sowie der Wahrheitsfindung würde es guttun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour