Kommentar Referendum in Rumänien: Der Kampf geht weiter
Nach dem gescheiterten Referendum bleibt Rumäniens Politik paralysiert. Präsident Basecu spricht sich für eine Aussöhnung aus, tut aber nichts dafür.
D ie Volksabstimmung zur Absetzung des rumänischen Präsidenten Traian Basescu ist gescheitert. Das gesetzlich vorgesehene Quorum von 50 Prozent plus einer Stimme konnte nicht erreicht werden. Von den 46,13 Prozent, der rund 18 Millionen Wahlberechtigten, die sich am Urnengang beteiligt hatten, stimmten 87,55 Prozent gegen Basescu, 11,12 Prozent für ihn.
Rein arithmetisch gesehen ist das Resultat für das Ansehen des Siegers verheerend. Aber auch für die Gegner des liberaldemokratischen Präsidenten aus dem sozial-liberalen Parteienbündnis USL ist der Misserfolg ein herber Schlag.
Dennoch erklärten sich alle Beteiligten gleich nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen zum Gewinner. Alle sprechen von einem Sieg der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit im EU-Land Rumänien und stilisierten sich zu lupenreinen Europäern.
Der angeschlagene Basescu schien wenig beeindruckt zu sein, von der großen Zahl von Wählern, die gegen ihn gestimmt haben. Die Schuldigen an diesem negativen Votum waren seiner Ansicht nach die Fernsehsender eines Oligarchen, die die Menschen aufgehetzt und in die Irre geführt hätten.
In einer TV-Erklärung kündigte Basescu an, sich bis zum Ende seines Mandats für die Aussöhnung der gespaltenen rumänischen Gesellschaft einsetzen zu wollen. Gleichzeitig enthielt diese Ankündigung aber eine neue Kriegserklärung an seine politischen Gegner. Er sagte, er werde in den nächsten zwei Jahren alles daransetzen, die Parlamentsreform zu verwirklichen.
WILIAM TOTOK ist Schriftsteller und Publizist. In seiner Heimat Rumänien gehörte er in den 1970er Jahren zum Dissidenten-Literaturkreis „Aktionsgruppe Banat“, seit 1987 lebt er in Berlin. Zuletzt forschte er zur Geschichte des Holocaust in Rumänien.
Seit einigen Jahren schon versucht Basescu die beiden Kammern des Parlaments zusammenzulegen und die Gesamtzahl der Abgeordneten auf 300 zu reduzieren. Gerade dieses umstrittene Projekt war es, das in der Vergangenheit zum offenen Konflikt zwischen Präsident und Parlament geführt und den Streit zwischen den Parteien geprägt hatte.
Für die Unterstützer des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Victor Ponta und des liberalen Interimspräsidenten, Crin Antonescu liegen die Ursachen der geringen Beteiligung in Budapest. Der ungarische Premier Viktor Orban hatte nämlich der starken ungarischen Minderheit in Rumänien empfohlen, das Referendum zu boykottieren. Das gleiche hatte Basescu von den Rumänen verlangt. Die Rumänienungarn waren tatsächlich dem Aufruf Orbans nachgekommen und haben so durch ihr Fernbleiben das Wahlergebnis maßgeblich beeinflusst.
Mit dem Wiedereinzug Basescus in den Präsidentenpalast ist der Machtkampf zwischen dem Staatsführer und der sozialliberalen Koalitionsregierung nun aber keineswegs beendet. Die im Herbst anstehenden Parlamentswahlen in diesem Herbst werden die verfeindeten Akteure zu weiteren handstreichartigen Offensiven inspirieren.
Um die Glaubwürdigkeit der gesamten politischen Klasse in Rumänien wieder herzustellen, hätten die exponierten Personen aus dem Volksbefragungsdebakel Konsequenzen ziehen müssen. Ein freiwilliger Rücktritt des angeschlagenen Präsidenten und eines durch Plagiatsvorwürfe moralisch kompromittierten Premiers sowie die Ankündigung von vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wären die richtigen Schritte gewesen. So bleibt die Gesellschaft zutiefst polarisiert. Die Kampfhähne stehen sich weiterhin unversöhnlich gegenüber. Der Kampf geht somit in eine weitere Runde.
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