Kommentar Openleaks contra Wikileaks: Der Krieg der guten Absichten
Die Schlammschlacht der Leaks-Websites klärt auch die Sicht auf die wesentlichen Dinge: Die Technik muss sicher sein und nur wenige Menschen dürfen sich damit befassen.
S treit im Lager der Leaker, Kopfschütteln bei allen Beobachtern. Wikileaks und Openleaks bauen sich beide derzeit technisch neu auf, niemand kann Dokumente bei ihnen hochladen. Es gäbe also Arbeit genug. Trotzdem haben sie nichts besseres zu tun, als sich öffentlich zu demontieren.
Das zumindest ist der Eindruck, der in der Öffentlichkeit entsteht. Dass bei beiden weiter an der Sache gearbeitet wird, spielt dabei für das Bild nach außen keine Rolle.
Für die taz als Medienpartner von Openleaks ergeben sich daraus direkte Fragen, denn wir müssen potentiellen Whistleblowern begründen, warum und ab wann wir gerade diese Methode nutzen.
ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Openleaks will einige Probleme des alten Wikileaks beheben: Es entscheidet nicht der Betreiber der Whistleblower-Plattform, wann welche Dokumente von wem veröffentlicht werden. Das entscheidet der Tippgeber. Dann sorgt die Software dafür, dass die Dokumente in einer sicheren Form an das ausgewählte Medium weitergegeben werden. Dort gibt es eine geprüfte Infrastruktur und Zugang nur für eingeweihte und geschulte Mitarbeiter um die Gefahr von Sicherheitslücken so weit wie möglich zu minimieren.
Außerdem überprüft so nicht ein Kreis von Freiwilligen rund um das Leak-Portal die Dokumente, sondern die Medien selbst - und die stehen dann rechtlich wie auch mit ihrem guten Namen dafür ein, dass sie niemanden gefährden und nur ethisch wie legal vertretbare Dinge veröffentlichen.
Klingt gut und ist auch besser, als alles was sonst an leak-Struktur im Lande zur Verfügung steht. Kann man jedoch als Tippgeber wie auch als Medium Wikileaks oder Openleaks noch trauen? Nach dem Streit mit schmutzigen Details und Widersprüchen in aller Öffentlichkeit? Schön ist so ein Streit wahrlich nicht, weil er der Sache des Leakens schadet.
Aber er ändert nichts am Sinn von neuen Wegen, der Öffentlichkeit vertrauliche Dokumente zukommen zu lassen. Die Menge an hochgeladenen Dokumenten bei solchen Websites zeigt auch das Bedürfnis und den Willen der Tippgeber. Viele geben inzwischen dem Internet den Vorzug vor dem klassischen, ebenfalls mit Gefahren verbundenen Postweg. Und manche Dokumente lassen sich mit vertretbarem Aufwand auch nur in digitaler Form weitergeben.
Die Schlammschlacht der Leaks-Websites klärt paradoxerweise die Sicht auf die wesentlichen Dinge bei der Sache: Die Technik muss sicher sein, der Kreis der damit befassten Menschen möglichst überschaubar. Denn auch weniger ausdrucksstarke Persönlichkeiten als die Sprecher von Open- und Wikileaks begehen Fehler.
Bei zurückhaltenden Menschen und in einem weniger umkämpften Feld werden die Fehler vielleicht nicht über die Medien diskutiert, bleiben aber Fehler. Wenn es glaubhaft gemacht werden kann, dass die Kanäle des Leakens sicher sind, dann wird es funktionieren. Hier wird Offenheit helfen. Bevor die Technik an den Start geht, muss sie also nachvollziehbar geprüft werden.
Niemals wird ein Whistleblower hundert Prozent risikofrei Dokumente veröffentlichen können. Aber es geht darum, das Risiko zu minimieren. Openleaks und Wikileaks in dem Zusammenhang schon zu verdammen, dazu ist es zu früh. Denn nicht ihre Persönlichkeiten werden entscheidend sein für die Sache, sondern ihre Technik, ihre Erfahrung und wie sie das umsetzen. Daran gilt es weiter zu arbeiten und nicht vorschnell ein hoffentlich wichtiges neues Werkzeug des Journalismus zu beerdigen.
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