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Kommentar GrundschulvergleichBayerische Helden

Felix Zimmermann
Kommentar von Felix Zimmermann

Der Leistungsvergleich der Grundschulen kommt zu dem Ergebnis: Tolle Bayern, doofe Berliner, Bremer, Hamburger. Als ob es darum ginge.

W ieder ist es an der Zeit, Beileidsbekundungen an bayerische Grundschüler zu schicken. Die Buam und Madln, sie können mal wieder alles besser, diesmal: lesen und schreiben, wie der Bildungstest ergeben hat, der keinen so schönen Namen trägt wie sonst – Pisa oder Iglu –, sondern schlicht und fürchterlich Grundschulleistungsvergleich heißt.

Aus einem Bundesland stammend, das bei Bildungsstudien traditionell schlecht abschneidet, und in einer Stadt lebend, die immer Schlusslicht ist, mag man unter Neidverdacht stehen, aber man möchte wirklich nicht in der Haut der Jungbayern stecken. Wie vermutlich bei allen Grundschulkindern hierzulande lasten auf ihren schmalen Schultern schon die Schulranzen mit all den Büchern und Heften viel zu schwer.

Doch sind sie es, die auch noch die Bürde tragen müssen, Jahr für Jahr, Studie für Studie als Retter, Helden, Zukunft einer sich ansonsten im Sinkflug befindenden Bildungsnation zu gelten: Ohne euch gehen hier bald die Lichter aus!

Felix Zimmermann

ist Leiter der sonntaz.

Und das aufgrund von Studien, die so wenig aussagekräftig sind. Weil sie seit je dieses Ergebnis liefern: tolle Bayern, doofe Berliner, Bremer, Hamburger. Weil ihre Ergebnisse – von Erkenntnissen kann ja keine Rede sein – nur dazu beitragen, den einen das Gefühl zu geben, zu einer Lesen-und-Rechnen-Elite zu gehören, und den anderen aufs Schulbrot zu schmieren, wie weit zurück sie sind.

Weil sie das Selbstbewusstsein im Süddeutschen beheimateter Politiker stärken, denen es daran aber ohnehin nicht mangelt. Weil der Vergleich zwischen den Realitäten in Flächenländern wie Bayern und Stadtstaaten zwar erlaubt ist, aber ein Gesamtergebnis in Form einer Rangliste gar nicht erbringen kann. In Bremen, Berlin, Hamburg lebt man einfach bunter, rauer, vielfältiger als im bayerischen Oberland. Kann man dort denn überhaupt etwas anderes tun als lesen und Hausaufgaben machen?

Alle schlottern sie wieder wegen dieser Studie, halten die Bildungskatastrophe für unumkehrbar, fordern Verbesserungen, sehen im Süden die Zukunft und sonst nur Düsternis.

Sie sollten gelassen darauf vertrauen, dass nicht allein vom Lesen und Rechnen unser aller Wohl abhängt. Dass es schön ist, wenn bayerische Kinder toll lesen können, dass die Kinder anderswo aber auch gewappnet sind für das, was diese Studien nie erfassen: das Leben.

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Felix Zimmermann
wochentaz
Geboren in Göttingen, hat Geschichte und Soziologie in Bielefeld, Madrid und München studiert, war auf der Henri-Nannen-Schule in Hamburg, anschließend Lokalreporter der Berliner Zeitung und deren Nahostkorrespondent in Tel Aviv und Ramallah. Nach der Rückkehr freier Journalist in Oldenburg für überregionale Zeitungen und Magazine und Gründer des leider eingegangen Onlinemagazins Oldenburger Lokalteil. Leitete von 2012 bis 2021 das taz-Wochenendressort, lebt wieder in Oldenburg.
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32 Kommentare

 / 
  • B
    berufsschullehrer

    Was sagt denn der Vergleich?

    Mittelwerte aus einer Testsituation sind wiederholt in Bayern besser

    als in NRW oder Berlin...

    Abgesehen davon, dass die deutsche Halbtagsschulen die Hausaufgabenarbeit der Eltern mit testet

    (der Einfluss von Schule ist in Deutschland kleiner als der der Eltern!)

    und der Frage, ob Kinder, die gut bei den Tests sind, auch später mal

    besser gebildet oder ausgebildet sind -

    Fakt ist, dass die bayerischen Grundschulen in Klasse 3 und 4 mehr Unterrichtszeit haben -

    2 Wochenstunden - als in NRW.

    Das ist die einfachste Erklärung - bei gleichen Klassenstärken usw sind die besser, die mehr Lernzeit haben.

    Bayern investiert halt mehr in seine Grundschulen und das zeigt sich.

    Mehr Ideologie und Theorie ist für mich nicht notwendig, um das zu erklären.

    Weiter hat z. B. NRW knappe Unterrichtszeit mit Englisch und Religion gefüllt, zu Lasten der Kernfächer Lesen, Schreiben, Rechnen.

    Jeder neue Bimbam geht zu Lasten der Kernfächer und damit zu Lasten der Kinder, die mehr Zeit brauchen oder weniger zu Hause unterstützt werden.

    Mehr brauche ich nicht als Erklärung.

    Das Kinder irgend etwas aus den Lerninhalten der Kernfächer NICHT brauchen sollten, ist bullshit.

    Das immer mehr Kinder sich immer schwerer ins System Schule einfügen, ist Tatsache.

    Da müssen dann eben die Eltern nacharbeiten oder es klappt nicht.

    Jedenfalls wird es nicht mehr Personal oder kleinere Klassen geben, denn sparen müssen ja alle Länder.

    Das alte Lied: Wenn die Länder nicht mehr Unterrichtszeit pro Kind und Vorschulbildung zahlen wollen, hängt es an den Eltern.

    Es muss scheinbar noch schlimmer werden, bevor es vielleicht mal besser wird.

  • KS
    Klaus Schübel

    Stellen wir uns vor, dass das Ergebnis des Grundschulvergleichs ganz anders aussähe: Berlin, Bremen und Hamburg ganz oben, Bayern ganz unten. Würde Felix Zimmermann dann einen ähnlichen Kommentar schreiben, in dem nur die Namen der Bundesländer vertauscht wären. Wohl kaum!

     

    Lesen, schreiben und rechnen sind nicht so wichtig? In Berlin lernt man das Leben? Was meint er damit? Ick werd eh mal Hartz IV?

     

    Bayern besteht nicht nur aus dem Oberland. Es ist ein Industrieland, in dem es in Städten wie Nürnberg, Fürth, Erlangen, Augsburg ebenfalls viele soziale Brennpunkte, bildungsferne Familien und Familien mit Migrationshintergrund gibt. Die Stadtteile Hasenbergl oder Neuperlach in München dürften sich in dieser Hinsicht nicht sehr von ähnlichen Stadtteilen in Berlin (z. B. Neukölln) unterscheiden. Trotzdem scheint es uns besser zu gelingen, diese Problem anzugehen, zu fordern und zu fördern, statt sie einfach beiseitezuschieben und zu ignorieren nach dem Motto: Was nicht sein darf, das nicht sein kann!

     

    Wie ist denn wieder einmal die Reaktion auf das Buch des Bezirksbürgermeisters von Neukölln: Stimmt so nicht, redet Quatsch, ist bestimmt ein Rassist!

     

    Wenn Sie, geehrter Herr Zimmermann, sich ein eigenes, realistisches Bild von den Verhältnissen im bayerischen Oberland machen wollen, so lade ich Sie gerne ein, mich und meine 4. Grundschulklasse zu besuchen. Dann werden Sie sehen, ob es sich nur um lauter gequälte und gedrückte Kinder handelt, die den ganzen Tag bei uns nichts anderes tun können als lesen und Hausaufgaben machen. Dann werde ich Ihnen auch gerne zeigen (Erlaubnis der Eltern des Mädchens vorausgesetzt), dass ein Mädchen aus dem Kosovo in meiner Klasse nach einem Jahr in Deutschland wahrscheinlich besser schreiben und lesen kann als so mancher Bio-Deutsche aus Berlin.

     

    Ihr Kommentar erinnert mich, mit Verlaub, doch sehr an die Fabel vom Fuchs und den saueren Trauben.

  • PA
    Pete aus Bayern

    Grüße aus Bayern. Ich durfte mich vor nicht all zu langer Zeit durch das bayerische Schulsystem quälen und war sogar so verrückt, vor kurzem mein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen. Dieser "Kommentar" ist, mit verlaub, weltfremder Unfug. Das leben in Bayern sei nicht so "bunt, rau, vielfältig", was immer der Autor uns damit versucht zu vermitteln, evtl. geht es ja darum, seinen Namen zu tanzen. Scheinbar ist er der Ansicht, in Bayern sehe es noch so aus wie in einem alten Heimatfilm. Natürlich hinkt ein Vergleich zwischen Stadt und der Fläche Bayerns etwas, der Unterschied liegt aber nicht an irgendwelchen "bunten, rauen oder vielfältigen" Umständen, sondern schlicht daran, dass hier die Terror-Umgestaltung des Schulsystems bisher nur das G8 hervorgebracht hat und der Rest noch relativ unberührt geblieben ist. Aber vielleicht wünscht sich der Autor auch ein Deutschland, in dem Lesen und Schreiben nichtmehr wichtig ist, eben ein bunteres, raueres und vielfältigeres Deutschland. Ich bin ebenfalls kein Mathematiker und habe mein Abitur u.a. in drei Sprachen abgelegt, evtl. könnte mich der Verfasser dieses Kommentars noch in Sachen Mathematik schlagen, spätestens nach dem Lesen hier aber, bin ich mir sicher, geistig habe ich die Nase vorn.

  • TD
    Thomas das Landei

    Zunächst hatte ich diesen Kommentar für einen schlechten Witz gehalten. Aber er war ja wohl leider ernst gemeint.

    Sehr verkürzt und pointiert ausgedrückt sagt der "bunte, raue und vielfältige" Autor darin ja in etwa: "Lese- und Schreibkompetenz sind irrelevant, zumindest für einen taz-Kommentator".

     

    Das finde ich doch schon sehr schockierend, ist aber leider keine Ausnahme für das aktuelle Niveau der taz. Mit "Qualitätsjournalisums", den die taz oft genug selber postuliert, hat das nix zu tun. Ich bin seit '88 Abonnent, und seit '92 Genosse, aber zunehmend enttäuscht über solche krassen Fehlleistungen, und in der Konsequenz auch kurz davor, sowohl Abo als auch Genossenschaft zu kündigen.

     

    PS: dies ist mein zweiter Kommentar zu diesem Thema. Der erste wurde wohl zensiert ???

  • D
    DEWo

    Bei vergleichenden Schulstudien kommt immer wieder zutage: Die Gesamtschule sowie das „Förderstufen-System“ haben ungeheuren Schaden angerichtet, was die Lern- und Bildungsqualität betrifft. Die Forderung nach „Chancengleichheit“ ist eine Utopie für die Praxis, denn der Ruf nach „sozialer Gerechtigkeit“ ist aus dem Bildungsneid hauptsächlich der „Roten“ entstanden, der letztlich darauf abzielt, die von ihrer Familie besser geförderten Kinder auszubremsen, um so mehr „Gleichstand“ zu erzwingen.

    Beweise dafür gibt es genug: Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg und Thüringen gehen mit bestem Beispiel voran, denn diese Bundesländer schneiden bei Vergleichstudien immer deutlich am besten ab. Es ist wohl kein Zufall, das hier die „Schwarzen“ das Sagen haben oder bis vor kurzem noch hatten (BW). Bremen und Berlin (rot regiert) sind dagegen die absoluten Schlusslichter!

    Nicht eine „moderne“ Lehrmethodik bringt Fortschritte, sondern das konsequente Anhalten der Lernenden dazu, auch solche Dinge durchzuziehen, die angeblich keinen Spaß machen: Dies führt zu einem echten Durchhaltevermögen!

    Außerdem gilt es, von der propagierten „Spaßgesellschaft“ abzulassen, denn man weiß, dass eine Entscheidung nach Lust und Laune keine echte ist, folgt doch nur dem „Bauchgefühl“ - und macht Kinder entscheidungsunfähig!

    Die Folgen: Über 12% der Jugendlichen eines Jahrganges machen keinen Schulabschluss und mehr als Dreimillionen (!) der jungen Leute zwischen 16 und 28 Jahren haben keine Berufsausbildung!

    Dies gilt es endlich zu ändern, und zwar durch konsequentes Anleiten eines Kindes von den ersten Lebenstagen an! Und dazu sind an erster Stelle die Eltern aufgefordert, denn sie sind am nächsten dran! Hier müsste man ansetzen, indem man Eltern konkrete Erziehungshilfen etwa dadurch gibt, dass die öffentlich-rechtlichen Medien entsprechend produziertes Anschauungsmaterial regelmäßig ausstrahlen, wodurch Eltern lernen könnten, wenigstens die gröbsten Erziehungsfehler zu vermeiden!

  • S
    Sebastian

    Ein erschütternd schwacher Kommentar, ohne jeden Inhalt. Dabei wäre es so leicht, die Schwächen des bayerischen Bildungsmodells zu entblößen. Beispielsweise könnte man mal nachprüfen, welcher Anteil der bayerischen Schüler einfach auf Förderschulen abgeschoben werden. Ebenfalls kritisch zu sehen ist die niedrige Abiturquote in Bayern, die beweist, dass das Bildungssystem dort so selektiv ist, wie in keinem anderen Bundesland. Mit diesen Schattenseiten sollte man sich dringend intensiver auseinandersetzen.

  • D
    DEWo

    Dass jemand wie Herr Zimmermann Leiter der „sonntaz“ ist, lässt tief blicken und offenbart ein zweifelhaftes Grund-Niveau der TAZ überhaupt! Dass derart dümmliche Anschauungen dort veröffentlicht werden, ist Beleg genug dafür!

    Aus fast jeder Zeile des Kommentars wird deutlich, warum hier so geschrieben wird: Purer Bildungsneid quillt aus allen Löchern, und der Herr versucht die eigene Position zu stärken, indem er andere schlecht redet!

    Es wäre doch wesentlich sinnvoller, eins und eins zusammenzuzählen anstatt mit Dreck zu werfen: Die Summe von allem erst führt zu den Unterschieden in den Leistungsergebnissen! Und da haben die Bayern die besseren Grundlagen, denn hier gibt es noch die funktionierende Großfamilie und ein Schulsystem, das nicht jedweden Blödsinn von angeblich fortschrittlichen Unterrichtsmethoden mitgemacht hat!

    Fortschrittlich sind diese Dinge in einer Beziehung: Sie entfernen sich (schreiten fort) von soliden Lerngrundlagen und darüber hinaus von einer soliden Lebensgestaltung.

    Das, was der Autor hier ausspuckt, sind extrem dümmliche Versuche, über das eigene Defizit hinwegzutäuschen, denn er selbst kommt aus einer Region, die sich Lernqualitäts-Behinderungen auf die Fahne geschrieben hat: Da rühmen sich die Bremer zum Beispiel, dass sie schon 60 Jahre lang rot regiert werden, obwohl sie sich dadurch qualitativ auf vielen Gebieten zum Schlusslicht der Nation entwickelt haben

    Die Medien tragen in ihrer Oberflächlichkeit immer wieder dazu bei, das gemeine Volk dumm zu halten und der Spaßgesellschaft das Wort zu reden: Welch grauenhaftes Vernichten von Werten, die einmal unser Land an die wissenschaftlich-qualitative Spitze in der Welt brachten!

    Und seit einigen Jahrzehnten permanenter Niedergang: Die 68er lassen grüßen!

  • A
    ABC

    Wer sich allzu naiv auf diese Studie verlassen wird, verfehlt die Realität. Das war schon bei PISA 1 so. Die Rangfolge sah plötzlich bei der Diskussion der Fachleute auf dem Siemensforum völlig anders aus.

    Im Falle der bayerischen Grundschule bekommt man mehr Einblick, wenn man das Buch einer engagierten Grundschullehrerin (Sabine Czerny) liest: Strafversetzt wegen zu guter Leistungen ihrer Schüler. Sie begründet sehr gut, was an unseren Schulen zu verbessern wäre.

     

    http://www.sueddeutsche.de/karriere/kritik-an-guten-noten-nicht-zu-viele-einser-bitte-1.592366

     

    PS.: Aufschlussreich sind gerade auch die Leserkommentare von betroffenen Eltern!

  • TD
    Thomas das Landei

    Habe den Kommentar zunächst für einen misslungenen Scherz gehalten, aber er war ja wohl leider ernst gemeint. Leicht verkürzt sagt der "raue, bunte und vielfältige" Herr Zimmermann ja in etwa: "Lese- und Schreibkompetenz sind irrelevant, zumindest für einen taz-Kommentator".

     

    taz-Abo seit '88, taz-Genosse seit '92 -- aber viele weitere Bespiele eines solchen "Qualitätsjournalismus" brauche ich nicht mehr, um beides sehr enttäuscht zu kündigen.

  • VZ
    von ZZZ

    Dank an viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner:

    Weiß der Kommentator überhaupt, wovon er spricht? (Immerhin darf er in der TAZ kommentieren!)

    Und er reiht sich mit seiner besonders dümmlichen Argumentation ein in die Reihe derer, die sagen:

    - man kann nicht Offenbach mit Rosenheim vergleichen (die hessische Kultusministerin)

    - bayrische Mütter gehen nicht arbeiten und kümmern sich um ihre Kinder (der bayr. Minsterpräsident)

    - bayerische Kinder können vielleicht "toll lesen", Kinder anderswo sind aber "gewappnet (...) "für das Leben" (Felix Zimmermann in der TAZ)

    Leben ohne lesen, das endet in funktionalem Analphabetismus. Woher kommen dann die Leserinnen und Leser der Taz? Nur noch aus Oberbayern!!!

  • C
    Christian

    Und noch ein Wort an die Kritiker der "gleichmacherischen Bildungsideale": In der hier untersuchten Grundschule werden übrigens alle Kinder zusammen unterrichtet. Sogar in Bayern.

  • C
    Christian

    Das ist doch nicht euer Ernst, dieser Artikel. Wie Brïdler richtig sagte, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Studie wäre ja sehr willkommen gewesen, aber hier als das einzige Argument anzuführen, dass es wichtiger ist "street-savvy" zu sein und das raue Leben der Großstadt gelebt zu haben als lesen und rechnen zu können ... das wäre selbst für einen Abiturienten eine gewagte Behauptung, aber für Grundschüler? "Lächerlich" trifft es irgendwie nicht ganz.

  • K
    Kritiker

    In Bayern spielen dafür später die Schulleistungen eine eher geringe Rolle.

     

    Der eher konservative Vorsitzende der Bayerischen Industrie und Handelskammer hat früher einmal kritisiert, dass die unzureichenden Lese- und Rechenleistungen bayerischer Schulabgänger wahrscheinlich auch damit zusammenhängen, dass die Schulleiter zu sehr nach Parteibuch ausgewählt werden (Das bezog sich wohl mehr auf weiterführende Schulen).

     

    Ein bayerischer Ministerpräsident (Stoiber) war ein schlechter Schüler - Wiederholer wegen Latein. Als Abiturient fiel er auch nur durch die Fähigkeit zu weitgehendem rülpsen auf. Als Jurastudent hat er immerhin mit einem 3er-Examen einen anständigen Abschluss gemacht.-

     

    Ein bayerischer Wissenschaftsminister (Th.Goppel) schaffte das Abitur auch nur gerade noch. Nach Aussagen von Mitschülern half ihm dabei die Tatsache, dass man den Sohn eines Ministerpräsidenten doch etwas anders behandelte. Es schloss sich ein 23-Semester-Studium an allerdings mit diversen Nebentätigkeiten.

     

    Ich fürchte, dass da einigen bayerischen Schülern noch die Augen aufgehen werden...

  • A
    Anwesend

    Über solche Kommentare könnte man lachen, wenn es nicht so traurig ist.

    Hat man in den Verlieren-Ländern schon aufgegeben?

    Es ist ja nicht nur Bayern. Mit BW, SN, TH liegen die üblichen verdächtigen gleich auf den folgenden Plätzen.

     

    Die Konsequenz müsste eigentlich sein, dass kein Schüler ohne altersentsprechende Deutschkenntnisse eingeschult wird. Für diese Schulvorraussetzungen sind die Eltern zuständig und nicht die Schule. Warum sollte auch ein großteil der Schüler darunter leider. Am besten man prüft ab den 4 Lebensjahr jährlich die Entwicklung und zieht die Konsequenzen --> Kindergartenzwang für Nachzügler.

    Die Eltern haben kein Recht den Kindern die Zukunft zu versauen.

    Berlin kann ja mal in Magdeburg nachfragen, welche Schlüsse in den letzten Jahren gezogen wurden. Aus einem Land am Ende solcher Vergleiche ist guter Platz in der ersten Hälfte geworden.

  • MH
    Michael Hunger

    Ach du großer Gott! Es gibt also Wichtigeres im (Schul)leben, als lesen und rechnen gelernt zu haben? Diese Haltung des Kommentars ist entweder naiv oder zynisch, nämlich den Bildungsverlieren gegenüber. Was soll denn aus all den möchtegern-coolen Jungen und Mädchen aus den rauhen Großstädten des Nordens einmal werden, die jährlich die Schule als funktionale Analphabeten verlassen: Kleinkriminelle oder Stripperinnen?

     

    Diese Frage zu stellen, zeugt übrigens nicht von Spießertum oder konservativem Denken - es ist links im besten Sinne: Gute Bildung ist nämlich eine Voraussetzung, um sich politisch zu engagieren oder gegen Unternehmerwillkür zu wehren. Deshalb ist "Gute Bildung für alle" die richtige Forderung - nicht diese Kommt-schon-jeder-irgendwie-klar-Ignoranz.

  • B
    Bayernpfälzer

    Oh Mann, das ist genau die Art von spätpubertierendem Berlin-Boheme-Spießergerede, weswegen ich nie nach Berlin gezogen bin. Seid stolz darauf, dass ihr jetzt alle Teil des "wilden Lebens" seid, und ja, Berlin ist "rauer" als München, von mir aus. Aber könntet ihr euch in Zukunft unter euch feiern und den Rest der Republik (speziell die, die zufällig oder freiwillig im Süden wohnen) damit verschonen, dass ihr ihnen zum x-ten mal vorkaut, dass ihr die wilde Boheme im rasend rauen richtigen Leben seid und der Rest ein einziger hinterwälderisch-reaktionärer Trachtenverein mit Spießerkindern.

  • J
    Jörg

    Das Resüme dieses Kommentars ist also:

    1. Scheissegal, welche Qualität die Schule eurer Kinder hat, sie lernen doch sowieso alles durch das wahre Leben.

    2. Jede Studie, die nicht das von mir gewünschte Ergebnis zeigt, ist methodisch schlecht und wertlos

    3. Ich möchte nichts verbessern oder ändern, da es nicht nötig ist.

    Na toll!

  • S
    Stadtstaat

    Jetzt weiss ich warum ich im Leben nicht klarkomme: ich komme nicht aus Berlin.

     

    Ich hoffe "Notiert" hat Recht

  • MS
    Markus Stapf

    Es ist tatsächlich ein Problem, dass diese Studien eine ganze Generation von Eltern völlg verrückt macht, die diesen Stress leider nicht selten auf die eigenen Kinder überträgt.

     

    Daraus aber zu schließen, die Politik oder gar die Praxis sollte sie ignorieren und ihnen auch noch jeden Erkenntnisgewinn abzusprechen, zeugt einfach nur von Ihrem Desinteresse sich mit den Erfordernissen von Bildung auseinander zu setzen. Wenn große Teile der SchülerInnen heute nicht in der Lage sind Texte sinnerfassend zu lesen, so schränkt das nicht nur die Verwertungsinterressen der Wirtschaft sondern vor allem auch die Möglichkeit zur Teilhabe an gesellschaftlichem und kulturellem Leben ein.

  • BI
    B. Ildung

    Genau der richtige Ton für diese absurde Studie und die schrille Debatte darüber. Die, die hier nörgeln, verstehen das nur nicht.

  • W
    wauz

    Gruppierte Daten

     

    Der tolle Bayern Effekt ist eigentlich ganz einfach nachzuvollziehen: er liegt in einer verschleiernden Gruppierung der Daten.

    Bayerische Großstädte schneiden nicht besser ab wie die andere Großstädte. München spielt in der gleichen Liga, wie Bremen und Hamburg.

    Hamburg Bremen fehlt es nur an ländlichen Gegenden, in denen das alte Schulsystem weniger Schaden anrichtet...

  • IL
    Ideologische Logik ist toll

    "Und das aufgrund von Studien, die so wenig aussagekräftig sind. Weil sie seit je dieses Ergebnis liefern: tolle Bayern, doofe Berliner, Bremer, Hamburger."

     

    Stimmt, denn eines ist ja logisch: Die Studien wären aussagekräftig wenn sie das umgekehrte Ergebnis liefern würden.

    Leider fehlt mir das dicke ideologische brett vor dem kopf um der logik des Autors zu folgen. Dann noch etwas Bayern-Bashing, das tut der linken Seele immer gut. Ich mache da gerne urlaub und finde man kann dort mehr machen als Hausaufgaben. Na dann tschüß lieber Autor und liebe taz und nicht vergessen die Kinderchen von der Privatschule abzuholen.

  • N
    netzer

    Recht hat der Autor.

     

    An dieser Stelle sei an Friedrich den II. erinnert. Der hat in Preußen schon vor ca. 300 die ersten inclusiven Schulen für gemeinsames Lernen einrichtete. Zwar nur für die Klassen 1-4 ; aber immerhin.

     

    Die Bauernkinder sollten nur das Nötigste lernen, damit sie nicht, wie Friedrich befürchtete, in die Städte laufen und »Sekretairs werden wollen.

  • N
    Noname99

    Ich kenne das bayerische und das niedersächsische Schulsystem durch meine Kinder und habe vor dem Hintergrund Zweifel an den Kriterien der Leistungsdefinition des Tests. Mal ganz abgesehen davon, dass in den einzelnen Bundesländern die SchülerInnen durchaus unterschiedlich auf die Tests vorbereitet werden - in Bayern werden hier auf jeden Fall mehr Anstrengungen vorgenommen. Aber auch wenn Lesen, Schreiben und Rechnen wichtig sind (und rd. 20% funktionale Analphabeten völlig inakzeptabel sind), so gilt gleichwohl, dass die klassischen repetetiven Kompetenzen ihren Stellenwert in einer Gesellschaft mit Taschenrechnern und Internet verändern. Außerdem - und dies ist weit wichtiger - sagen diese Leistungen nichts über eigenständige Strukturierungsfähigkeit und erst recht nichts über Sozialkompetenz und Konfliktfähigkeit aus. Bei unseren Kindern hat der Wechsel von Niedersachsen nach Bayern ihnen jedenfalls jeden Spaß am Lernen ausgetrieben (der kam erst nach dem Abitur wieder), und ich kenne kein Land, in dem die Reproduktion sozialer Ungleichheiten so ausgeprägt ist wie in Bayern.

    Außerdem kann ich als Hochschullehrer mit Studierenden aus der ganzen Republik keine länderspezischen Differenzen feststellen. Stattdessen stelle ich eher eine insgesamt leicht sinkende "Studierfähigkeit" fest (im Sinne von Stukturierungsfähigkeit, Reflexivität und handwerklicher Kompetenz). Allerdings werden diese Kriterien in den PISA- und sonstigen Tests im UNterschied zu den repetetiven Kompetenzen nur begrenzt "abgeprüft" - was eindeutig gegen die Tests spricht.

    Auffallend ist allerdings nicht nur, dass diese Veränderung mit der Umstelung auf das Bachelor-/Master-System korreliert. Ebenso auffallend ist, dass sich eine spezifische "Spreizung" der Studierenden abzeichnet: Es gibt auf der eine Seite eine relativ gleich bleibende Spitzengruppe(die sich auf auch nicht länderspezifisch differenzieren lässt und die keiner Förderung bedarf). Auf der anderen Seite sinkt die Gruppe der "Mittleren" (mit Noten zwischen 2 und 3), und dafür steigt die Zahl derer, die zwischen 3 und 4 abschließen.

    Das hat zwar alles nichts direkt mit der Leoistung in Grundschultests zu tun. Aber die sich im Unibereich abzeichnenden "neuen Ungleichheiten" bauen auf der Schulbildung auf, und die ist in Bayern zwar "anders", aber keineswegs besser als in anderen Bundesländern. Denn hier werden spezifische repetetive Fähigkeiten gefördert, aber nicht unbedingt Eigenständigkeit, Strukturierungsfähigkeit und Reflexivität.

  • S
    schlaraffe

    Und ich frage mich, warum ich die Schule besucht und abgeschlossen habe und seit 30 Jahren arbeite. Ich Depp; dieser Artikel öffnet mir die Augen. Zuerst dachte ich es sei eine Persiflage auf HH oder HB, aber nun erkenne ich den Unsinn eines schlischen Daseins. Vielen Dank für die Aufklärung.

  • B
    Brïdler

    "...als im bayerischen Oberland. Kann man dort denn überhaupt etwas anderes tun als lesen und Hausaufgaben machen?"

     

    Äh,.. ja!

     

    Ansonsten stellt sich bei mir der Eindruck der Vorposter ein, besonders von "Ratlos" und "Notiert".

     

    Und das tragische ist:

    Es gäbe an dieser Studie wohl wirklich auch methodisch zu kritisieren, und im weiteren zumindest auch Ursachenforschung zu betreiben. Keine Zeit dafür, wegen des 'rauen Lebens'?

  • H
    Harald

    1998 sagte der nicht des Linken verdächtige Theo Sommer in einem Leitartikel in der ZEIT, "daß deutsche Bildungssystem gehört an der Wurzel ausgerissen."

     

    Zwei Jahre später trat ein Begriff in die öffentliche Wahrnehmung, der eine historische Zäsur beschrieb: Der Pisa Schock. Zäsur weniger wegen des Schocks, sondern das eine Thema, daß nun wirklich überhaupt niemand interessiert, nämlich Pädagogik, es in die Öffentlichkeit schaffte.

     

    Seither gilt: Sinkende Bildungsausgaben bei einem stetigen mehr vom Gleichen.

     

    In der Bildungslandschaft wie der Bildungspolitik werden strukturelle Deputate verteidigt und vererbt, die eine Anpassung an reale, anthropologische und entwicklungspsychologische Voraussetzungen unmöglich machen. Allenfalls gelingt es höchst vereinzelt und temporär, eine zeitgemäße Bildungsarchitektur für Kinder zu verwirklichen.

     

    Seit Bismarck hat sich im Kern der deutschen Pädagogik nichts! geändert: Dem Edukanten wird ein Nicht-Wollen unterstellt, welches es ihm mit einer Sanktionshierarchie von lebensfeindlichen Maßnahmen auszutreiben gilt.

     

    Wohin das führt, kann anhand des gerne zitierten Beispiels erkannt werden, daß in keinem europäischen Land der Bildungs-/Schulerfolg eines Kindes stärker mit dem Elternhaus korreliert, als in Deutschland.

     

    Bloß: Auf den naheliegenden Umkehrschluss dieser Aussage kommt irgendwie niemand ...

  • A
    Aesop

    "Ein Fuchs, der auf die Beute ging,

    fand einen Weinstock, der voll schwerer Trauben

    an einer hohen Mauer hing.

    Sie schienen ihm ein köstlich Ding,

    allein beschwerlich abzuklauben.

    Er schlich umher, den nächsten Zugang auszuspähn.

    Umsonst! Kein Sprung war abzusehn.

    Sich selbst nicht vor dem Trupp der Vögel zu beschämen,

    der auf den Bäumen saß, kehrt er sich um und spricht

    und zieht dabei verächtlich das Gesicht:

    Was soll ich mir viel Mühe nehmen?

    Sie sind ja herb und taugen nicht."

     

    Aesop in der Version von Ramler

  • N
    Notiert

    Ich muss zugeben, dass ich zuerst echt überlegen musste, ob der Artikel ernst gemeint ist. Aber inzwischen finde ich es wunderbar, wie Sie den sonst bei der taz so üblichen Relativismus auf satirische Weise entlarven. Danke!

  • R
    Ratlos

    Äääh, und was war das gerade? Eine Art Kapitulationserklärung linker Welterklärer?

  • S
    Seppl

    Und bayerische Kinder sind nicht für das Leben gewappnet oder wie?

     

    Mal wieder ein schöner Artikel von einem Neider, der auf die Trümmer seiner gleichmacherischen Bildungsideale starrt.

  • X
    XXX

    Das ist genau das dumme Geschwätz, dem man nicht auf den Leim gehen sollte. Ohne vernünftig lesen zu können mag man vielleicht auf ein Leben als Jäger und Sammler besser vorbereitet sein, aber bestimmt nicht auf einen sinnvollen Platz in unserer Zivilisation.