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Kommentar EurogipfelPunktsieg für Hollande

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die EU plant eine neue Wachstumsstrategie und setzt sich über Merkels Denkverbote hinweg. Sie selbst mauert und isoliert sich damit selbst.

E uropa nimmt vom einseitigen Sparkurs Abschied. Dies ist die gute Nachricht vom EU-Sondergipfel aus Brüssel. Nach sechsstündiger Diskussion waren sich die 27 Staats- und Regierungschefs einig, dass die EU neue Wachstumsimpulse braucht, um die schwere Krise zu überwinden. Frankreichs neuer Präsident Francois Hollande hat damit einen ersten Punktsieg errungen - denn er hatte das Wachstum auf die Agenda gesetzt.

Die schlechte Nachricht ist, dass die EU gespaltener denn je ist. Man war sich zwar einig über das Ziel, doch nicht über die Mittel. Hollande wünscht sich zur Ankurbelung der Konjunktur ein ganzes Arsenal von Maßnahmen und kennt dabei keine Tabus. Sogar die umstrittenen Gemeinschaftsanleihen, die so genannten Eurobonds, brachte er wieder ins Gespräch.

Indessen mauert die Kanzlerin. In Brüssel antwortete Angela Merkel auf Hollandes Ideen mit einem dreifachen Nein: keine Eurobonds, keine schuldenfinanzierten Wachstumsprogramme, und keine anderen Experimente. Obwohl sich die Eurokrise täglich zuspitzt, tat sie immer noch so, als sei Europa mit ihrem Fiskalpakt auf gutem Kurs und als reichten ein paar Strukturreformen, um das Wachstum zu fördern.

Eric Bonse

ist EU-Korrespondent der taz mit Sitz in Brüssel.

Protest gegen Deutschland

Mit dieser Blockadehaltung isoliert sich Merkel zunehmend selbst. Beim Gipfel hatte sie nur eine Handvoll Länder – Österreich, die Niederlande, Schweden ­– hinter sich. Die meisten EU-Staaten setzen hingegen wie Hollande auf neue Ideen. Sie wollen es nicht länger hinnehmen, dass sich Deutschland auf den Kapitalmärkten zum Nulltarif Geld leihen kann, während Spanien und Italien Rekordzinsen zahlen müssen.

Diese Ungleichgewichte zerstören Europa, schimpfte Parlamentspräsident Martin Schulz. Tatsächlich birgt die Zinsdifferenz erheblichen Sprengstoff. Deutschland profitiert von der Eurokrise, während Südeuropa langsam aber sicher krepiert. Man muss schon sehr borniert sein, um in dieser Lage Denkverbote erlassen zu wollen. Doch genau das hat Merkel beim EU-Gipfel versucht – und ist gescheitert.

Durchsetzen konnte sie sich hingegen mit ihrer harten Linie zu Griechenland. Athen soll nur im Euro bleiben, wenn es die Sparauflagen auf Punkt und Komma erfüllt. Dabei fordern sogar die EU-freundlichen Traditionsparteien Pasok und die Nea Dimokratia Nachverhandlungen. Merkels Botschaft läuft daher auf einen Rausschmiß hinaus. Er könnte, wenn sich die Europäer nicht gut vorbereiten, den Anfang vom Ende des Euro einläuten. Doch die 27 machen weniger den je den Eindruck, als hätten sie die Lage im Griff.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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7 Kommentare

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  • TT
    Toll, toll, toll

    Holland der Retter. Ein phantastischer Typ. Ein echter Sozialist. Wie schon die taz wie die restliche unabhängige Qualitätsmedienandschaft gleich lobte, hat er sein Gehalt und das seiner Minister um 30% gekürzt. Gut, nachdem Sarkozy die Gehälter vorher um 200% erhöhte, aber darum gehts doch nicht und dafür kann Holland auch nichts. Die Absicht zählt. Jetzt möchte er auf die Kosten Deutschlands und anderer Nichtpleitestaaten in ganz Europa Kredite aufnehmen können. Das ist doch sinnvoll. Für ihn zumindest. Wer will es ihm verübeln? Die Grünen wie die SPD sind dafür, die SED kann gerade nicht die suchen den neuen GeneralsekräterIn. Natürlich müssen wir zahlen. Wegen 1945 und so. Europa hat es ohne Euro ja nie gegeben. Es waren außerdem die Grünen und die SPD welche gegen alle faschistischen Nationalistenrassisten den Euro den Griechn gaben. Damals hieß es auch das sei falsch. Ohne das hätten wir jetzt doch gar kein Europa! Also Holland, mein strahlender sozialistischer Held, ich und die taz drücken dir ganz toll die Daumen. Wenns alles zusammenkracht, dann holen wir uns geld von den Amis. Genau, wegen Vietnam. Oder den Mongolen. Ist ja auch nicht uneuropäischer als die Türkei. Also Hollande: Toi, toi, toi!

  • M
    Marcus

    Im Endefeckt sind Eurobonds nichts anderes als ein versuch an der Deutschen Kreditwürdigkeit zu profitieren ohne Deutschland noch fragen zu müssen. Wobei die extrem guten Deutschen werte wohl weniger mit Deutschland als der Kreditunwürdigkeit der Anderen zu tun hat und somit sich in Eurobonds wohl lange nicht so stark auswirken wirde wie erwartet. Intressant auch das es sich bei den genanten Merkelunterstützern um eben jene EU Länder handet die noch solvent sind. Merkel hat durchaus bereits gezeigt das Sie bereit ist mit enormen Summen in Europa zu helfen, auch zum unwillen vieler Wähler. Aber die entscheidung darüber ob mit Steuergeldern geholfen wird abzugebne kann nicht im Intresse der Wähler sein, warumm solten Sie denn dan noch eine Bundesregirung wählen. Bilaterale Kredite sind Böse aber Eurobonds die nichts anderes sind als gigantische Kredite für ganz Europa, an denen man sich als Hafter beteiligt, die man aber nur begrenzt kontroliert sind die Lösung.

  • G
    Gabriel

    Soziale Härten und Ungerechtigkeiten müssen abgebaut werden, innerhalb der Länder und zwischen EU-Ländern. Vitamin-B Geschichten wie mit Wulf und der FDP müssen weg. Die FDP besetzt alles was unter Niebel steht mit gering kompetenten Parteigenossen (Beispiel: Büssemaker im BMZ). Deutschland könnte direkt etwas für die soziale Situation in Griechenland tun. Andererseits, wir konkurrieren mit den BRIC-Staaten, die zB die deutschen Solarpanel-Firmen in den bankrott treiben. Wo ist da die EU-Strategie bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden in Frankreich und Rente mit 60?

  • M
    M_M_S

    "EU-Gipfel berät über Wachstumsimpulse" las ich bezogen auf den EU-Gipfel im März 2012. Von daher kann ich keinen Punktsieg für Hollande erkennen, da das Thema schon da war.

     

    Frau Merkel hat im übrigen Recht, dass das Thema Euro-Bonds momentan keiner Diskussion bedarf. Und man darf gespannt sein, wie der sich noch im Wahlkampf befindende "neue Napoleon" nach der Wahl darauf reagiert, wenn er die Souveränität seines Landes so weit aufgeben müsste, damit Euro-Bonds möglich werden. Im Moment will der doch nur seine teuren Wahlversprechen mit billigem Geld dank Euro-Bonds zu Lasten der deutschen Steuerzahler auf Pump finanzieren.

     

    Wieso ist Frau Merkel isoliert, wenn Finnland, Niederlande und Schweden hinter ihr stehen? War es nicht Hollande, der sagte, es habe sogar Länder gegeben, die noch stärker gegen Euro-Bonds seien als Deutschland?

  • S
    Sebastian

    Sehr lustig. Bei allen anderen Zeitungen und Newsportalen sieht man das ein wenig anders...

     

    Die Realität ist eine andere. Herr Hollande isoliert sich gerade und Frau Merkel hat einige Unterstützer innerhalb der europäischen Union.

     

    Aber die taz schreibt sich die Wahrheit immer ein wenig zurecht. Getreu dem Motto: Die Linken kommen, die Probleme gehen.

     

    Man sollte Herrn Hollande sagen, dass sein wirtschaftliches "starkes" Frankreich bei Eurobonds auch tief in die Tasche greifen muss. Aber man kann dem Herren nichts vorwerfen. Bald sind ind Frankreich Parlamentswahlen. Da muss er sich noch ein wenig profilieren...

  • K
    KFR

    ...in den EU-Verträgen steht was anderes ( hat Herr Hollande sicher noch nicht gelesen ), die Finanzgewalt von Kommunen, Städten, Länder, Staaten and Goldman-Sachs-Seilschaften und Rating-Agenturen zu delegieren ist nun wirklich kaum noch mit demokratischen Prinzipen zu vereinbaren. Sorry !

  • W
    wolf26

    Bravo Hollande! Weiter so!

    Die Merkel kann es nicht ertragen

    Fehler zuzugeben.Rechthaberisches

    Weib!

    So sind eben Weiber.