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Kommentar BundesbankPropaganda für Anfänger

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Wenn die Bundesbank vor „Verlusten“ warnt, ist das nicht nur sachlich falsch, sondern auch nicht ihr Job. Wäre sie eine normale Sparkasse, wäre sie überflüssig.

D ie Bundesbank rechnet mit Verlusten! Und die Eurokrise ist schuld! Das ist die eigentliche Nachricht der Jahrespressekonferenz, die Bankchef Jens Weidmann am Dienstag abgehalten hat. Aber was ist ein Verlust bei einer Notenbank? Das ist weniger eindeutig, als es scheint.

Die Bundesbank tut so, als wäre sie ein normales Unternehmen. Sobald ein Risiko in Sicht ist, werden „Rückstellungen“ gebildet. Gewinne werden nicht vollständig ausgeschüttet, sondern teils zurückgehalten, damit das Plus von heute den eventuellen Verlust von morgen ausgleicht. So macht es jeder Autokonzern und jede Sparkasse. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Bundesbank kein normales Unternehmen ist. Sie kann unbegrenzt Verluste machen – weil sie das Geld selbst schöpft, also druckt.

Wie munter Notenbanken ins Risiko gehen können, zeigt die Schweiz: Dort hat die Nationalbank angekündigt, dass sie den Franken bei 1,20 Euro stabilisieren will. Dies wird nur geglaubt, weil die Bank erkennbar bereit ist, unbegrenzt Franken auf den Markt zu werfen. Steigt der Frankenkurs dennoch, drohen Milliardenverluste. Trotzdem hat noch niemand von einem denkbaren Untergang der Schweizer Nationalbank geredet.

Bild: taz
Ulrike Herrmann

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Wenn also die Bundesbank vor „Verlusten“ warnt – dann ist dies keine ökonomische Notwendigkeit, sondern eine politische Aussage. Die Bundesbank will die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank diskreditieren. Sie will bei den Wählern verankern, dass es gaaaaaaanz gefährlich sei, Staatsanleihen aufzukaufen oder Banken mit billigem Geld zu versorgen.

Diese politische Mission der Bundesbank ist nicht nur sachlich falsch; ohne die EZB-Geldpolitik wäre der Euro längst zusammengebrochen. Noch erstaunlicher ist, dass die Bundesbank selbst nicht versteht, warum es sie gibt: Wäre sie eine normale Sparkasse, wäre sie überflüssig. Zentralbanken existieren nur, damit wenigstens eine Institution steuern kann. Eben weil sie „Verluste“ verkraftet.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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6 Kommentare

 / 
  • ZL
    Zufaelliger Leser

    Sehr geehrter Frau Hermann,

     

    ich finde es unverantworlich von Ihnen als "wirtschaftspolitische Korrespondentin" der taz in der aktuellen Lage solchen wirtschaftlichen Unsinn zu publizieren. Wie schon in einem anderen Kommentar bemerkt ist die Schweizer Zentralbank und die Deutsche Zentralbank keinesfalls vergleichbar.

     

    Ihre Darstellung laesst nur zwei Schluesse zu:

    -Ihnen fehlt die nötige wirtschaftlich Kompetenz fuer Ihren Posten

    -Sie versuchen bewusst die Tatsachen zu verdrehen damit ihre politische Botschaft unterstuetzt wird

     

    Bitte beachten Sie das ich nicht den politischen Inhalt ihres Kommentar kritisiere. Als Journalistin haben Sie die Verantwortung den oeffentlichen Diskurs zu erhellen und nicht zu verdunkeln.

  • E
    econome

    Hallo Frau Herrmann,

     

    die Bundesbank innerhalb des Eurosystems und die Schweizerische Bundesbank mit eigener Währung sind nicht ganz dasselbe. Insbesondere begibt eben nicht die Bundesbank, sondern die EZB den Euro.

     

    Ich denke deshalb nicht, dass Ihre Aussage falsch ist, suche aber nach der technisch zutreffenden Begründung.

     

    LG

  • FA
    Frank Abel

    Rückstellungen sind normale Risikovorsorge und müssen nicht unbedingt zu Verlust führen.

     

    Neben Griechenland gab es acu 2 Fälle eines Zahlungsausfalls in Deutschland im ltzten Jahrhundert, somti ist doch dem lezten klar, Staatanleihen sind generell nicht sicher.

     

    Ich investierre nach den Erfahrungen der Vorfahren nie in Staatsanleihen oder habe Kontontakt zu Instituten, die vom Staat gezwungen wurden oder werden können in Staatspapiere zu investieren "financial Repression" (Lebensversicherer, Banken).

     

    Der Umgang mit Staaten als Vertragspartner ist ohne Gleichordnungung (Griechenland nachträgliche Kodnitionenänederung, Dt. Nichtigkeit Forderungen gegen das Reich aber BRD als Rechtsnachfolger) und daher sollte man solche Vertragsverhältnisse meiden.

     

    Die alte Regel: Mache nur Geschäft mit ehrbahren, solventen Partern, gilt auch in heuiger Zeit. leiber weniger, dafür aber keinen Ärger oder mögliche Verluste. Mit freundlichen Grüßen F. Abel

  • I
    Illoinen

    @von Kassandro,

    ich finde es schade, dass Ursachen und Wirkung vom "Main Stream" in Deutschland verwechselt wird. Wer mehr als ein Jahrzehnt, eine Lohndumping Politik wie in Deutschland betrieben hat und betreibt, hat damit die Wettbewerbsfähigkeit der kleinen Länder massiv untergraben. Vor der Währungsunion lag der Export bei ca. 60 Milliarden, nach der Währungsunion hat sich dieser Wert verdreifacht. Solange Deutschland Gewinne durch den Export erzielen konnte, war das kein Problem, jetzt aber wo diese Ungleichgewichte offensichtlich werden, war nicht Deutschland dafür verantwortlich sondern wieder einmal die "Verschwenderischen" kleinen Länder in der EU an allem Schuld? Immer sind Minderheiten für die Probleme verantwortlich. Nach dem Motto: " Gewinne auf Grund der massiven Exportpolitik in der EU, werden gerne gemacht, aber Verluste bitte schön, gehen uns nichts an?" Hier passt auch, dass nur Defizitsünder bestraft werden, Überschusssünder aber eher weniger. Wer sich aber wie ein Parasit verhält, braucht sich im Nachhinein nicht beschweren. Im Übrigen die sog. "Schrottanleihen" von denen Sie hier schreiben, damit hat man der Finanzindustrie ein tolles Geschäftsmodell eröffnet. Brünning war damals gescheitert, und der gleiche Versuch wird auch heute scheitern. Deutschland kommt mir vor wie ein "Elefant im Porzellanladen"

  • T
    Tingeltangel

    Wenn der Euro an allem schuld ist, warum schafft man ihn dann nicht ab? Einer ist immer schuld. Einmal die Globalisierung, dann der Euro, dann die Arbeitslosen. Schuld hat einzig und allein, das kapitalistische System, das ständig nach Wachstum schreit und doch Armut schafft.Bankenkontrolle und Energie-Konzerne verstaatlichen. Wenn die Ausgaben für die Bevölkerung nicht stetig steigen ist auch generell Wachstum da und die Lohnerhöhungen könnten geringer ausfallen. Aber dies passt den Nimmersatten ja nicht in den Kram.Erhöhung, Erhöhung, Erhöhung-, aber Hungerlöhne für die, die das Kapital erwirtschaften-, wie soll das denn funktionieren. Das beste Beispiel: Überschüsse bei den Krankenkassen durch Beitragserhöhung. Was passiert: diejenigen, die ohnehin schon genug hätten, erhöhen sich die Vorstandsgehälter.

  • K
    Kassandro

    Schade, dass Frau Herrmann weder erklärt, warum es ungefährlich ist, Schrottanleihen von Pleitestaaten zu kaufen und Schrott als Sicherheit bei den Dreijahres-Tendern zu akzeptieren. Aber ihr Beitrag ist ja auch offensichtlich ein politischer, kein ökonomischer.