Kolumne Über Ball und die Welt: Das Ende der britischen Hegemonie
Fußball ist die zur Globalisierung passende Körperkultur. Das hat man jetzt auch auf den Fidschiinseln erkannt und in eine neue große Fernsehshow gepackt.
D er Chef einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt hat jüngst erklärt, dass Sport ein Werkzeug des „Nation Building“ sei. Soll heißen: Er taugt ziemlich gut, wenn man so etwas wie einen richtigen Staat aufbauen will. Deshalb, so führte der Fernsehboss, ein früherer Journalist namens Riyaz Sayed-Khaiyum, weiter aus, wird künftig eine neue große Fußballshow zu sehen sein. „Fiji Foot“ heißt sie, läuft im Programm der Fiji Broadcasting Corporation (FBC), und der Fußball, der präsentiert wird, ist, man ahnt es schon, der der Fidschiinseln.
Was hat das mit Nation Building zu tun, könnte man fragen, es gibt doch die Republik Fidschi schon eine ganze Weile? Und warum Fußball, schließlich ist dort Rugby der mit Abstand populärste Sport? Die Antwort hat etwas damit zu tun, dass sich Fußball immer mehr als die zur Globalisierung passende Körperkultur entpuppt.
Was da künftig regelmäßig über Fidschi-Fernseher läuft, ist das Ergebnis einer Kooperation von FBC mit dem nationalen Fußballbund FFA. Bob Kumar, der FFA-Chef, erklärte, er und seine Funktionärskollegen hätten schon ziemlich lange die Idee gehabt, das Medium Fernsehen zu nutzen, um ihren Sport zu promoten. „Die Ozeanische Fußball-Konföderation OFC hat uns das Equipment gegeben und unsere Leute ausgebildet.“
Ist das nicht bizarr? Der Fußballverband lässt sich alles zuschustern, was man so braucht, um eine Fernsehsendung zu machen, erschnorrt oder erkauft sich beim größten Sender des Landes einen attraktiven Sendeplatz, und diese merkwürdige Aktion wird auch noch vollmundig mit politischen Begriffen aufgepeppt, als ob man gerade eine Diktatur gestürzt hätte und jetzt eine demokratische Gesellschaft aufbauen wollte.
ist freier Autor der taz, mehr Infos auf martinkrauss.de.
Verbreitete Logik
Es ist nicht bizarr, sondern gehorcht einer sehr verbreiteten Logik. Nun herrscht zwar in Fidschi das Militär, das sich 2007 an die Macht geputscht hatte – aber mit der bald jeden Freitagabend laufenden Fußballshow hat das, wenn überhaupt, nur sehr vermittelt etwas zu tun. Schon eher damit, dass vom Commonwealth, von der alten britischen Hegemonie, die Rugby und Kricket nach Asien gebracht hat, nicht mehr viel übrig bleibt.
„Die werbende Kraft des modernen Sports ergreift auch die weitere Inselwelt des Pazifischen Beckens“, hatte schon der deutsche Sportfunktionär Carl Diem 1960 geschrieben. „Vor allem scheinen die Bewohner der Fidschi-Inseln sich auszuzeichnen.“ Diem glaubte fest daran, mit dem Sport europäische Macht in jedem Winkel der Erde begründen zu können.
Dass auf den Fidschiinseln Rugby populärer ist, hat ähnliche Ursachen wie die, dass in der früheren portugiesischen Kolonie Brasilien Fußball und in Ländern wie Kuba oder Nicaragua Baseball, gern auf Spanisch „Beisbol“ gerufen, gespielt wird. Sport gehört zum Menschsein, und wenn die menschliche Gesellschaft so eingerichtet ist, dass die einen über die anderen herrschen, dann bringen die oben auch ihren Sport mit.
Der Fußball ist da keine Ausnahme, auch nicht auf den Fidschis. Zur Teilhabe am Weltmarkt gehört nicht nur, dass Länder darum buhlen, günstige Produktionsstätten für transnationale Konzerne zu sein, nicht nur, dass die Universitäten marktkompatible Experten ausbilden, nicht nur, dass Sozialsysteme, wie es so eklig heißt, „verschlankt“ werden und auch nicht, dass in jeder Stadt der Erde McDonald’s, Rossmann- oder Starbucks-Filialen rumstehen.
Weltweit vermarktbar
Auch der Fußball gehört zur Globalisierung: Hier werden mit Lionel Messi oder David Beckham Weltstars geschaffen, die, anders als die Helden des Rugby- oder Baseballsports, wirklich in der ganzen Welt bekannt sind. Sie sind auch global vermarktbar. Der Weltsport Fußball hilft, nationale Schranken niederzureißen.
Wenn also eine scheinbar simple Sache wie die Platzierung einer neuen Fußballshow im Fernsehen der Fidschis mit Nation Building begründet wird, zeigt das, wie sehr auch der Fußball seine Bedeutung hat, wenn eine neue Weltordnung entsteht.
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