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Kolumne Press-SchlagKlassenbucheintrag für Kalle

René Hamann
Kolumne
von René Hamann

Rummenigge pestet, Watzke kontert. Die Bundesligisten Bayern München und Borussia Dortmund streiten sich. Mal wieder.

„Love is just a four-letter word.“ Marco Reus, noch in Dortmund. Bild: dpa

B orussia Dortmund II spielt eigentlich in der Dritten Liga. Gestartet ist das Team mit vier Punkten aus drei Spielen; zuletzt gab es eine Auswärtsniederlage bei Wehen Wiesbaden (ein klägliches 0:1). Damit liegt die Zweite des BVB derzeit auf Platz 10 der Tabelle.

Aber warum erzählen wir das? Um Verwechslungen zu vermeiden. Mancher meint nämlich, die zweite Mannschaft des BVB sei jüngst auf Amerika-Tournee gewesen und hätte dabei so bescheiden gespielt, dass einer ihrer Repräsentanten, der gebürtige Westfale Karl-Heinz Rummenigge, gleich nach Verstärkungen aus der ersten Mannschaft gerufen hätte.

Nach WM-Goldie Mario Götze und dem Polen Robert Lewandowski soll jetzt auch Marco Reus aus der ersten BVB-Mannschaft kommen und die schwächelnde zweite Mannschaft verstärken, die sich zuletzt bei einem 1:2 gegen Altherren-Ami-All-Stars blamierte, meinte der ehemalige Stürmer von Borussia Lippstadt. Kost ja nix. Da stünde ja sogar eine Überschreibungssumme in dessen Vertrag, und die wäre international betrachtet höchst lächerlich.

Der Oberfunktionär der ersten Mannschaft des BVB, in der letzten Saison immerhin Tabellenzweiter und gefühlter (und, sollte der Videobeweis doch noch rückwirkend eingesetzt werden, auch tatsächlicher) Pokalsieger, wies diese Forderung umgehend und leicht oberlehrerhaft zurück. „Karl-Heinz Rummenigge nimmt durch sein Verhalten billigend in Kauf, dass das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Borussia Dortmund und Borussia Dortmund II weiter beschädigt wird“, so der Geschäftsführer ungefähr irgendwo im Internet.

Klassenbucheintrag für Kalle! Vom Kindergarten in die Grundschule ist es bekanntlich nur ein Schritt. Aber ja, verständlich ist die Empörung natürlich schon. Die angeblich zweite Mannschaft des BVB hat ihre eigene Jugendarbeit trotz des Transfers des Ex-DFB-Jugendtrainers Motzki seit der Demission von Louis van Gaal ganz schön schleifen lassen. Und wo kein Badstuber, Lahm, Müller, Schweinsteiger mehr heranwachsen kann, muss halt nachgefüllt werden, und zwar am besten aus erster Adresse. Kost ja nix.

Nichts als Getöse

Aber vielleicht schieben die Oberen aus dem Ruhrgebiet dem jetzt einen Riegel vor. Der große Player aus dem Süden sitzt eh gerade hinter schwedischen Gardinen, die Zeit ist reif für etwas Unabhängigkeit. So wird das Getöse des kleinen Kalle dann ein Getöse bleiben, wenn endlich die Lücken in den Verträgen gestopft werden. Ich mein: Ausstiegsklausel! So etwas kann sich ein Topverein heutzutage nun wirklich nicht mehr leisten.

Trost kommt aus den Geschichtsbüchern des Fußballs. Auch der ruhmreiche FC Barcelona, eine weitere Zieladresse des Zweitverwertungsklubs von der Isar (Guardiola, Thiago!), hat lange bitter schlucken müssen, bis derartige Aderlässe endlich gestoppt waren. Jahrelang sind die ganz Großen von Barça zu Real Madrid gewechselt – von Alfredo di Stéfano über Bernd Schuster bis zu Luís Figo, der der bislang letzte galaktische Transfer. Heutzutage traut sich Real nicht mehr ran. Denn Barça ist ein auch ökonomisch ernst zu nehmender Konkurrent geworden.

Muss Real halt woanders kaufen gehen. Bei den Bayern zum Beispiel. Das sollte der Borussia genauso Mut machen, wie der Umstand, dass der neue Zweittorwart bei der angeblichen Zweiten des BVB, Pepe Reina, auch aus der Jugend von Barcelona stammt. Reus heißt übrigens auch eine Stadt im Süden Kataloniens, nicht unweit von Pep Guardiolas Geburtsort gelegen.

Bayern München II hingegen hat in der letzten Saison knapp den Aufstieg in die Dritte Liga verpasst. Gegen die Fortuna aus Köln. Die hat – in München! – in letzter Minute das im Grunde völlig unverdiente entscheidende Tor geschossen. Man nennt es auch die Wiedergeburt des Fußballgottes. Oder, weil Fortuna, der Göttin.

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René Hamann
Redakteur Die Wahrheit
schreibt für die taz gern über Sport, Theater, Musik, Alltag, manchmal auch Politik, oft auch Literatur, und schreibt letzteres auch gern einmal selbst.
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3 Kommentare

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  • (und, sollte der Videobeweis doch noch rückwirkend eingesetzt werden, auch tatsächlicher)

     

    faellt ihnen etwas auf, lieber Autor?

    dass hat mit meinung nichts mehr zu tun. das ist schlechtes verlierertum wie es schlimmer kaum geht.

    uebrigens hat dortmund vor 2 jahren reus von gladbach gekauft, genauso wie ihn bayern jetzt von dortmund kaufen wird. warum? 1. weil reus will, 2. weil bayern dazu bereit ist die abloesesumme, die dortmund mit reus vertraglich vereinbart hat, zu bezahlen.

    ganz genauso laeuft das ab im kapitalistischen profisport.

    wenn man damit unzufrieden ist, koennte man sich entweder vom fussball abwenden, oder dachverbaende(FIFA, UEFA, DFB, DFL)

    zu aenderungen bewegen oder meinetwegen sogar in der politik anfragen.

    ABER BITTE NICHT andauernd auf den Protagonisten einhacken, der unter GEGEBENEN UMSTAENDEN (die fuer alle gelten und immer galten), dass beste machen.

    denn das ist wie gesagt, nicht mehr als das Jammern eines schlechten Verlierers

    Passend zum schlechten verlieren ist auch, das im Artikel verschwiegen wird, dass jedes jahr mindestens ein dortmunder leistungstraeger den verein verlaesst(sahin, kagawa, goetze, lewandowski)

    moeglicherweise sehen die meisten topspieler den bvb nur als sprungbrettzwischenstation ihrer karriere an und lassen sich deshalb ausstiegsklauseln in ihre vertraege integrieren.

    dass man darueber als bvb anhaenger nicht sonderlich erfreut ist, versteh ich, jedoch gibt das niemanden das Recht andere vereine zu verurteilen.

    • @Raeuber Alibabas:

      Ach ja, wirklich? Reus will? Da wissen Sie ja mehr als Reus selbst. Und nein, nicht jeder Spieler will zum FCB.

       

      Mindestens ein Leistungsträger verlässt jedes Jahr den Verein? Nun, es war nie mehr als einer - nur zur Klarstellung, denn mit mindestens suggerieren Sie, dass es auch schon mehr waren.

       

      Dass der FCB verurteilt wird liegt im übrigen nicht daran, dass er anderen Vereinen Spieler weglauft - das ist in der Tat üblich. Der Grund ist vielmehr, dass der FCB systematisch seit Jahrzehnten versucht, seine direkten Konkurrenten zu schwächen - mit lauteren und vor allem auch mit unlauteren Methoden. Hinter dem Rücken der Vereine mit Spielern verhandelt, Vorverträge abschließt, mit Hilfe der Berater Gerüchte streut, Meldungen an die Presse durchsteckt (gerne vor wichtigen Spielen des Gegners) etc. Ein durch und durch asoziales Gebaren mit teils krimineller Energie.

       

      Und um auch mal mit einer anderen Mär aufzuräumen: die meisten finden den FCB und seine Repräsentanten nicht deswegen unsympathisch, weil er erfolgreich ist. Sondern wegen ihrer überheblichen Art und Weise, mit der sie auf ihre unterlegenen Gegner behandeln, wegen ihrer Arroganz und wegen der Tatsache, dass sie anderen nicht den Dreck unter den Fingernägeln gönnen können.

  • Eigentlich ist in diesem Beitrag schon alles gesagt. Es hat sich in der komischen allgemeinen Wechselszenerie in allen drei Bundesligen eine sehr gefährliche Entwicklung herausgebildet, wo terminisierte Verträge mit ihren irrsinnigen Ausstiegklauseln scheinbar keine Rolle mehr spielen und einen unnormalen Hick-Hack verursachen, indem die finanziell stärkeren Vereine die "Rosinen" aus den anderen herauspicken möchten.

     

    Vereine, die ein paar €uro mehr in ihren Kassen haben, schnüffeln natürlich mit wesentlich größerem Erfolg um die anscheinend "fetten Brocken" herum als die "armen" auf viele kleine Sposoren angewiesenen Mitbewerber.

     

    Was mich beunruhigt, ist die Lüge mit dem viel zitierten Nachwuchs aus den eigenen Nachwuchszentren! Nur sehr selten gelingt es einzelnen Talenten, im Männerbereich später bei der eigenen "Ersten" sofort Fuß zu fassen. Was passiert dann? Sie werden wie eine Handelsware verliehen, um die Eingewöhnung möglichst gewinnbringend von anderen Clubs organisieren zu lassen. Falls es mit der erwünschten Entwicklung nicht so klappt, wird das Talent danach einfach verkauft!

     

    Ein wenig schmunzeln die Fußballanhänger schon, wenn zum Beispiel die Bayern den ein paar Millionen gekosteten Einkauf eines bei der WM positiv aufgefallenen Torhüters vermelden, der aber nur in der Hierarchie vermutlich als Dritter die Ersatzbank drücken dürfte.

     

    Wer nach den von der Justiz verursachten völligen Durcheinander in der Leitungsetage bei dem FC Bayern tatsächlich das Sagen hat, ist sehr schwierig, herauszufinden. Da jeder Einzelne irgendwie vorbelastet erscheint, wäre es bestimmt vorteilhaft, sich nach Außen, besonders in Richtung Ruhrgebiet, besser zurückzuhalten.....