Kämpfe in Neukölln: Ordnung müsste sein, aber …
In wilden Neukölln versucht das Bezirksamt neuerdings, mehr Ordnung zu schaffen. Mit unterschiedlichem Erfolg.
Es ist wirklich ein Ding: Neukölln, der für seine Wildheit und Renitenz bekannte Stadtteil, räumt gerade richtig auf. Losgegangen war das mit der Ankündigung des Bezirksamtes, gegen wild entsorgten Sperrmüll künftig streng vorzugehen: mit Warnschildern! Darüber hatten wir uns bei der taz ein wenig lustig gemacht: Warnschilder! Hihi! In Neukölln! Hoho! Doch zwei Tage später verstummten wir in Ehrfurcht. Auf den unterdessen aufgestellten Schildern prangte der Hinweis auf Bußgelder von bis zu 50.000 Euro – wir hatten die Neuköllner Bezirksämtler unterschätzt. Sie kennen ihre Pappenheimer.
Nun folgt der nächste Versuch, für mehr Ordnung zu sorgen. Geräumige Fahrradstellplätze mit Bügeln zum Anschließen der Räder sollen an unübersichtlichen Kreuzungen die Sicherheit erhöhen, teilte das Bezirksamt Ende Mai mit und begann gleich mit deren Aufstellung. Einen der elf ausgewählten Standorte kreuze ich täglich und kann seither beobachten, wie die neue Ordnungsmaßnahme ankommt. Und zumindest an dieser Ecke scheitert das Bezirksamt bisher – an der Renitenz der NeuköllnerInnen ebenso wie an sich selbst.
An der betreffenden Kreuzung treffen Radler-, Autofahrer- und FußgängerInnen aus fünf verschiedenen Richtungen aufeinander. Die Straßen sind schmal, es gilt rechts vor links – eine Regel, die vielen unbekannt zu sein scheint. Mehrmals wöchentlich finden in der Nähe Märkte statt, die das Verkehrsaufkommen erhöhen. Mit anderen Worten: Es herrscht permanent Chaos. Und mangels Autoparkplätzen sind auch die Kreuzungen andauernd zugeparkt.
Nun sollen das Fahrradparkplätze verhindern, die an einigen Kreuzungsecken mehrere Quadratmeter Straßenfläche belegen und den VerkehrsteilnehmerInnen den Überblick erleichtern sollen, da Fahrräder nicht so blickdicht wie Autos sind. Doch da das Bezirksamt, das ja die Einhaltung von Regeln fordert, sich natürlich zunächst selbst an solche halten muss, sind die Bügel vorschriftsmäßig in gewissem Abstand zu den Straßenecken aufgestellt. Die Folge: AutofahrerInnen parken weiterhin direkt an den Kreuzungsecken, mangels Platz jetzt aber nicht mehr quer, sondern längs – was die Unübersichtlichkeit und damit die Gefährlichkeit der Kreuzung jedenfalls an dieser Stelle eher erhöht.
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