Gutachten zu Arafats Todesursache: Kein Gift gefunden
Französische Wissenschaftler widerlegen die These, dass der frühere Palästinenserpräsident vergift worden sei. Schweizer Experten hatten zuvor anderes gesagt.
NANTERRE afp | Der frühere Palästinenserführer Jassir Arafat ist nach Ansicht französischer Experten nicht durch den radioaktiven Stoff Polonium vergiftet worden. Die von der französischen Justiz beauftragten Experten schlössen eine Vergiftung aus, verlautete am Dienstag aus mit den Ermittlungen in Nanterre bei Paris vertrauten Kreisen. Vielmehr weise vieles auf eine natürliche Todesursache hin.
Der französische Sender France Inter berichtete, die Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass Arafat „an Altersschwäche“ in Folge eines schweren Infekts gestorben sei. Die Staatsanwaltschaft von Nanterre wollte die Angaben zum französischen Untersuchungsbericht am Dienstag zunächst nicht kommentieren.
Arafat war im November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren gestorben, die Todesursache blieb unklar. Die Palästinenser vermuten, dass Arafat von Israel vergiftet wurde, was Israel vehement zurückweist. Arafats Witwe Suha erstattete 2012 in Nanterre Anzeige gegen Unbekannt wegen Mordes.
Zuvor hatten Schweizer Experten berichtet, sie hätten in Proben aus den persönlichen Sachen Arafats eine erhebliche Konzentration des radioaktiven und hochgiftigen Stoffs Polonium nachgewiesen. Polonium war 2006 verwendet worden, um den früheren russischen Spion Alexander Litwinenko in London zu ermorden.
Drei Wissenschaftlerteams beauftragt
Im Zuge der Ermittlungen ließen französische Ermittlungsrichter im November 2012 die sterblichen Überreste Arafats in Ramallah exhumieren und untersuchen. Rund 60 Proben der Exhumierung wurden zu Untersuchungen an drei unabhängig voneinander arbeitende Wissenschaftlerteams in Frankreich, der Schweiz und Russland übergeben.
Die Schweizer Experten erklärten dann vor rund einem Monat, in den sterblichen Überresten Arafats seien bis zu 20 Mal höhere Polonium-Werte gemessen worden als üblich. Dies deute darauf hin, dass Arafat das Gift „von außen“ zugeführt worden sei. Es könne aber nicht zweifelsfrei gesagt werden, „dass das Polonium die Todesursache war“. Die offizielle Veröffentlichung der russischen Expertise steht noch aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei