„Guardian“-Redakteur über Zerstörung: „Cameron schickte hohen Beamten“
Richard Norton-Taylor spricht über den Druck von Regierung und Geheimdiensten auf den „Guardian“ und sagt, weshalb das Blatt die Festplatten zerstörte.
taz: Herr Norton-Taylor, warum hat der Guardian nicht über die Festplatten-Zerstörung berichtet, als dies Ende Juli passierte?
Richard Norton-Taylor: Regierung und Geheimdienste haben damals großen Druck ausgeübt. Premier David Cameron schickte seinen höchsten Beamten zu unserer Chefredaktion. Die stimmte der Zerstörung zu. Man wollte die Regierung nicht durch einen Bericht über die Aktion provozieren, denn sie hätte juristisch reagieren können. Dann hätten wir das Material aushändigen müssen, und der Richter hätte wohl eine einstweilige Verfügung verhängt. Wir hätten dann bis zum Prozess nicht mehr über die Spähaktion berichten dürfen.
Warum hat Chefredakteur Alan Rusbridger nun doch berichtet?
Einzelne Journalisten hatten ohnehin schon darüber geschrieben. Auch erhöhte die Regierung den Druck auf uns, indem sie David Miranda, den Lebenspartner unseres Journalisten Glenn Greenwald, neun Stunden lang festhielt und verhörte.
69, ist der beim Guardian zuständige Redakteur für Geheimdienste und Sicherheitsfragen.
Regierung und Geheimdienste müssen gewusst haben, dass es Kopien des Materials gibt.
Ja, das sollte man annehmen. Vielleicht wollte die Regierung Washington zeigen, dass sie etwas unternimmt. Man befürchtete wohl, dass Russland oder China sich ins Guardian-Computersystem hacken könnten. Die Zerstörung war eher ein symbolischer Akt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste