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Greenpeace zündet Feuerwerk im AKWWunderbar leuchtende Abklingbecken

Raketen im Morgengrauen: Die Umweltschützer halten Frankreichs Meiler für zu wenig geschützt vor Terrorismus. Die Polizei nimmt acht Aktivisten fest.

Feuerwerk, wie schön: Da strahlt das AKW Cattenom Foto: Greenpeace

Paris taz | Ein alarmierender Bericht ist gut, ein Feuerwerk zur Veranschaulichung ist besser. Um augenfällig vorzuführen, wie mangelhaft der Schutz französischer Atomkraftwerke vor eventuellen Terroranschlägen ist, haben Greenpeace-Aktivisten in der Nacht zum Donnerstag auf dem Gelände des AKW Cattenom in Lothringen ein Feuerwerk gezündet.

Der Sinn der Aktion: den zuständigen Atombehörden und der ahnungslosen Öffentlichkeit zeigen, dass ebenso gut eine Bombe hätte hochgehen können, wenn nicht die Umweltschützer, sondern Terroristen in das Atomkraftwerk eingedrungen wären.

Die AKW-Betreiberin EDF versuchte, den Vorfall zu verharmlosen. Die Gendarmerie habe acht Greenpeace-Leute gegen 5.30 Uhr in der Früh festgenommen, sie seien nicht in die „nukleare Zone“ des Meilers gekommen.

Dieser Darstellung widerspricht Greenpeace: Die Feuerwerkskörper seien vor einem Becken zur Zwischenlagerung verbrauchter Brennstäbe gezündet worden, die Polizei sei erst spät eingetroffen. Die Abklingbecken mit radioaktivem Material seien im Unterschied zum Reaktor nicht speziell geschützt.

Nicht alle entdeckten Mängel publiziert

Das nur rund zehn Kilometer von der deutschen Grenze entfernte Atomkraftwerk Cattenom ist umstritten. In der Anlage kommt es immer wieder zu Pannen, Experten zählen es zu den „größten Risiko-AKWs“ in Europa. Vor Kurzem hatte Greenpeace zudem erneut darauf hingewiesen, dass die französischen Atomanlagen ungenügend vor Terroranschlägen durch Flugzeuge oder Hubschrauber geschützt seien.

Die Sicherheitslücken seien zum Teil so gravierend, dass man nicht alle entdeckten Mängel publizieren wollte. Nur die zuständigen Behörden seien informiert worden, um potenziellen Attentätern keine Tipps zu geben.

Experten zählen Cattenom unweit der deutschen Grenze zu den größten Risiko-AKWs in Europa

Drei Viertel des französischen Stroms kommen aus Atomkraft, im Land stehen 58 AKWs – der zweitgrößte Reaktorpark der Welt. Hinzu kommen die im Bericht besonders kritisierte Wiederaufbereitungsanlage La Hague und Atomlager an anderen Standorten. Im Bericht, den Greenpeace bei sieben Experten in Auftrag gegeben hatte, werden 63 „besonders exponierte Installationen“ aufgelistet.

Beim Bau der Reaktoren sei die Gefahr einer Kernschmelze in die Sicherheitsbestimmungen integriert worden, doch bis zum 11. September 2001 dachte kaum jemand an Attentate. Laut Greenpeace würde die Terrorsicherung rund 1 Milliarde Euro pro AKW kosten. EDF hat lediglich vor, bis 2023 insgesamt 700 Millionen Euro zur Verbesserung der Sicherheit zu investieren. Denn, so EDF, „unsere Anlagen sind so konzipiert, dass sie allen Arten von Aggressionen, natürlichen oder vorsätzlichen, inklusive Flugzeugabstürzen standhalten“.

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1 Kommentar

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  • Man muß ja offenbar gar nicht in den Reaktor, das Abklingbecken beschädigen oder das Wasser abpumpen würde wohl schon reichen... wenn das ein paar Stunden lang keiner merkt, könnten die Dinger ganz schön heiß werden. Aber all das interessiert Staat und Atomindustrie gar nicht. Vielleicht hat die Aktion ja den einen oder anderen Beamten doch zum Nachdenken gebracht...

     

    Greenpeace macht doch noch die eine oder andere sinnvolle Aktion.