Fiskalpakt und SPD-Linke: „Rote Geranien auf Merkels Misthaufen“
Der SPD-Linke Klaus Barthel hält den Kompromiss mit Angela Merkel derzeit für nicht zustimmungsfähig. Er hofft auf Nachbesserungen.
taz: Herr Barthel, werden Sie dem Fiskalpakt zustimmen?
Klaus Barthel: Das sehe ich im Moment noch nicht.
Sind Sie generell gegen den Fiskalpakt oder hängt es von den Bedingungen ab?
Generell halte ich eine EU-weite Haushaltkonsolidierung für notwendig. Aber der Fiskalpakt ist dafür unbrauchbar. Reines Sparen verschärft die Krise und erhöht die Schulden. Wir brauchen einen Richtungswechsel. Und die Finanztransaktionssteuer allein reicht nicht.
Aber die SPD wird dem Fiskalpakt zustimmen.
Abwarten. Es gibt in Fraktion und Partei erheblichen Widerstand. Und die Fraktionsspitze muss schauen, dass die SPD weitgehend geschlossen abstimmt, damit es für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag reicht. Wir übernehmen eine enorme Verantwortung, wenn wir Merkels Konzept ohne wesentliche Änderungen zustimmen.
Was fehlt?
Im Kern vier Punkte. Es muss ein Ende haben, dass die EZB oder letztlich die Steuerzahler den Banken billige Kredite geben, die die Banken mit hohen Zinsaufschlägen weiterverleihen. Wir müssen diese Geldpumpe abstellen. Zweitens: höhere Steuern für Reiche plus einen verstärkten Kampf gegen Kapitalflucht und Steuerhinterziehung. Drittens: ein relevanter Wachstumsimpuls. Viertens: Wir müssen den Lohnsenkungswettbewerb in Europa zu stoppen.
Wie stark ist die SPD-Linke?
Je weiter man sich der Basis nähert, desto stärker sind die Vorbehalte gegen den Fiskalpakt. Wie sich das am Samstag beim SPD-Parteikonvent umsetzt, ist schwer absehbar.
Glauben Sie wirklich, dass sich SPD-Linke gegen Gabriel und Steinmeier stellen?
Es geht nicht um ein Dagegen. Der Beschluss des Parteivorstandes geht in die richtige Richtung. Die Frage ist: Was setzen wir davon durch? Wir dürfen nicht bloß rote Geranien auf den Merkel’schen Misthaufen pflanzen.
Also stimmen Sie am 29. Juni im Bundestag mit Nein?
Das entscheide ich dann, im Lichte der handfesten Tatsachen.
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