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Facebook und DatenschutzDer Mann, der nervt

Der österreichische Student Max Schrems hat 22 Beschwerden gegen Facebook eingereicht. Irische Datenschützer wollen jetzt nicht mehr mit ihm reden.

Eine Fliege auf dem Bildschirm: So ungefähr nehmen anscheinend Facebook und irische Datenschützer Max Schrems wahr. Bild: dapd

Max Schrems nervt. Damit hat der Wiener Jurastudent viel erreicht. Er hat nicht nur Facebook dazu gebracht, ihm einen Teil der Daten zu schicken, die das soziale Netzwerk von ihm gespeichert hat.

Er hat mit seiner Initiative Europe vs. Facebook auch maßgeblich dazu beigetragen, dass der irische Datenschutzbeauftragte seit vergangenem Jahr prüft, ob Facebook sich an die Datenschutzstandards Irlands hält. Formal schließlich sitzt Facebook Europa im irischen Dublin.

Schrems nervt so sehr, dass der irische Datenschutzbeauftragte jetzt erst einmal nicht mehr mit ihm reden will. Irische Datenschützer machen Schluss per SMS, so und so ähnlich lauten gerade die Schlagzeilen, die Schrems diktiert.

Die kleine Behörde aus Irland hatte im Dezember 2011 einen Prüfbericht vorgelegt – auch als Reaktion auf den Wiener Aktivisten, sagte man damals. Facebook versprach, beim Datenschutz in einigen zentralen Punkten nachzubessern – vor allem was die Information seiner Mitglieder anbelangt. Im März dann, als das Netzwerk einiges hätte erledigt haben sollen, verstrichen einige Fristen unbeachtet, anderes war erledigt worden – noch einmal über Gesichtserkennung informieren beispielsweise.

Schrems nervte weiter: „Es scheint, als lasse sich die irische Behörde mit Freuden von Facebook auf der Nase herumtanzen.“ Er schickte Briefe nach Irland, Mails, ließ unterschiedlichste Telefone klingeln. Er gab sich mit den vorsichtigen Veränderungen nicht zufrieden. Er drang auf eine formale Entscheidung und verlangte, stärker in das Verfahren eingebunden zu werden.

Die Antworten aus Dublin wurden zurückhaltender. Es unterschrieb jetzt oft der Stellvertreter, Gary Davis, und nicht mehr der Chef, Billy Hawkes. Weiterhin stand häufig das Wort „amicable“ in diesen Briefen, wenn es um eine Lösung des Streits ging: einvernehmlich.

Aggressiv und öffentlich

Schrems mailte und rief an, immer wieder, er setzte Deadlines und forderte formalere Maßnahmen, klare Ansagen. Sehr höflich bedauerte Gary Davis schließlich, dass Schrems bei seinen Anrufen die Qualifikation der Datenschützer infrage gestellt habe, dass er ihre Methoden anzweifelte. Schrems tat das in den vergangenen Tagen immer aggressiver, auch öffentlich.

Irgendwann kam dann diese SMS: „Max, I know you have contacted the office. Neither the commissioner nor myself are available to speak to you. Regards Gary.“ Kein Gesprächsbedarf mehr, danke. Man sei „stunned“ and „shocked“, antwortete Schrems. Es gehe hier doch um „basic respect for another person“, um Respekt also. Er fühlte sich zusehends weniger ernst genommen. „Knalleffekt in Irland: Behörde mach Schluss mit uns … per SMS!“, schrieb Schrems also am Montag über seinen Presseverteiler. Die Schlagzeile verbreitete sich, volle Aufmerksamkeit. Auf der Webseite von Europe vs. Facebook ist seitdem die Kommunikation zwischen dem Jurastudenten und der Behörde nachzulesen.

Ein Briefwechsel, der zeigt, wie zaghaft die zwanzig Datenschützer aus Irland am Ende doch mit Facebook umgehen. Ein Briefwechsel, der verdeutlicht, wie sehr Max Schrems nerven kann. Und wie sehr das alles auch sein persönlicher Kampf ist. Er bitte nun, schreibt Schrems zuletzt, das Verfahren auszusetzen und bezüglich seiner 22 Beschwerden erst einmal nichts mehr zu unternehmen. Das klingt ein wenig beleidigt.

Der Irish Data Protection Commissioner informiert auf Nachfrage etwas gelassener: Ende September oder Anfang Oktober werde man nach einer neuerlichen Prüfung entscheiden, ob Facebook nun rechtlich belangt werden müsse. Derzeit habe man Schrems nichts Neues zu sagen, weshalb die Chefs nicht telefonisch zur Verfügung stünden. Alle Argumente seien ja ausgetauscht. Allein aus diesem Grund habe man aus Höflichkeit nach seinen diversen Anrufen noch einmal eine SMS verschickt.

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3 Kommentare

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  • TW
    Tatjana W.

    Gott sei Dank gibt es moderne Davids wie Max Schrems.

    Auch ich habe, nachdem mein Konto bei Facebook aus unerfindlichen Gründen gesperrt (nicht gelöscht) wurde, versucht europäischen Recht folgend meine Daten bei Facebook übersendet zu bekommen um diese dann schließlich löschen zu lassen.

    FAZIT der ganzen Geschichte: Daten angefordert Sept. 2011, schriftlich nachgehackt im November (bei irischer Datenschutzbehörde & Facebook), die einzigen Antworten die gekommen sind waren Aufforderungen sich einzuloggen (da kann man die Daten dann ja sehen)...auf mein Einwand das mein FB-KTO ja gesperrt wäre kam wieder.....nix.

    Ständig wechselnde Facebook Mitarbeiter namens Gary, John, Mary etc. schreiben bei jeder neuen Aufforderung eine neuen Schmarren uswuswusw.

     

    Mittlerweile habe auch ich, EvF folgend, die irische Datenschutzbehörde wegen Nichts-Tun und Unfähigkeit bei der europäischen Kommission angezeigt......

     

    Daher: Ein Hoch auf Europe-versus-Facebook!!!

  • BG
    Bruno Gotenhaupt

    Es gibt schon einen Grund weshalb Facebook, twitter und Google den europäischen Hauptsitz in Dublin / Irland gewählt haben.Neben der unbedeutenden Gewerbesteuer die im EU Vergleich minimal ist ist auch der `irische Datenschutz` löchriger als ein Schweizer Käse mit vielen Hintertürchen gespickt das Unternehmen hemmingslos ausnutzen. Zum Beispiel in Irland gilt bezüglich Datenverarbeitung von persönlichen Angaben neben der EU-Datenrichtlinien auch das sog. `Safe-Harbour-Agreement` das es Unternehmen aus Übersee ermöglicht, persönliche Daten an dritte Unternehmen Zwecks Verarbeitung weiterreichen zu dürfen. Da diese dritten Unternehmen in Billiglohnländern wie Afrika oder Asien sitzen haben diese das `Safe-Harbour-Agreement` zugestimmt in der sie sich verpflichten, den europäischen Standard einzuhalten. Da dies in der Praxis sehr schwer Überprüfbar ist, landen schon einmal personenbezogene Daten wie Geburtsdaten, Namen, Wohnsitz und Kontaktdaten wie die e-mail Adresse oft bei dubiosen Datenhändlern aller Art (Spielcasinos, Sex-Chatlines etc). Ein Beispiel: Wenn man sich bei einer `Branding-Company` (z.B. Google, Facebook oder Paypal) in Irland um einen Job bewirbt wird man gleich zum Bewerbungsprozess darauf hingewiesen, Zwecks Referenzverifikation des Lebenslaufs Daten an dritte Firmen weitergeleitet werden im Zusammenhang mit dem `Safe-Harbour-Agreement` und irgendwann im Laufe von Monaten oder Jahren muss man sich nicht wundern wenn man mit Viagra-Potenzmitteln oder Spielcasino-Bonusspielen die e-mail zugespamt bekommt. Deshalb wundert mich das Verhalten des irischen Datenschutzbeauftragten nicht, ich bin selber Opfer dieses Datenmissbrauchs geworden.

  • UZ
    und zu

    wenn nur jede/r juristisch bewandert wäre und die zeit/ muße hätte, den verf*X* goliaths dieser welt das leben zu versüßen... respekt diesem david.