Facebook-Gründer Zuckerberg: Privatsphäre ist "überholt"
In einem Interview hat sich Mark Zuckerberg, Chef des sozialen Netzwerks Facebook, zum Datenschutz geäußert. Die Privatsphäre sei eine "alte Konvention".
In den letzten Wochen stand das soziale Netzwerk Facebook massiv in der Kritik von Datenschützern: Die Seite hatte praktisch über Nacht ihre Regeln zum Schutz der Privatsphäre verändert und standardmäßig deutlich mehr Informationen für Nicht-Freunde sichtbar gemacht, als dies zuvor der Fall war. Um nicht zu viele Daten mit "Freunden von Freunden" oder anderen Unbekannten zu teilen, müssen die 350 Millionen Nutzer seither höllisch aufpassen – mancher Netzpromi hatte sich daraufhin sogar ganz aus dem Angebot verabschiedet.
Gelernt scheint der Internet-Konzern daraus jedoch nicht zu haben. Mark Zuckerberg, 25-jähriger Gründer und Firmenchef von Facebook, äußerte sich nun in einem Interview zum Datenschutz. In dem Gespräch mit Tech-Blogger Michael Arrington anlässlich einer Preisverleihung im Silicon Valley sagte er, Facebook habe sich schlicht an die heutigen "gesellschaftlichen Normen" angepasst.
"Als ich im Studentenwohnheim in Harvard angefangen habe, fragten viele Leute noch, warum man überhaupt irgendwelche Informationen ins Internet stellen wolle." In den letzten sechs Jahren habe sich mit dem Bloggen und anderen neuen Diensten aber sehr viel verändert. "Die Leute fühlen sich nicht nur wohl dabei, mehr und andersartige Informationen zu teilen, sondern offener und mit mehr Leuten."
Facebook fühlt sich demnach nicht wie andere Firmen "gefangen von alten Konventionen". Man fühle sich wie eine Neugründung und passe sich an. "Andere Firmen würden keine Änderung der Privatsphäreneinstellung für 350 Millionen Nutzer vornehmen. Wir hielten das aber für wichtig." Facebook habe sich deshalb gefragt, was derzeit die "gesellschaftliche Norm" sei. "Und dann haben wir es einfach getan."
Kritiker sind mit Zuckerbergs Erläuterung allerdings keineswegs zufrieden. Der viel gelesene IT-Journalist Marshall Kirkpatrick, der das Interview mit dem Facebook-Boss transkribierte und ins Netz stellte, schrieb, die Aussage sei unglaubwürdig. "Facebook reflektiert nicht einfach die Veränderungen der Gesellschaft. Ich denke, Facebook selbst schafft soziale Veränderungen." Zuckerberg verhalte sich deshalb arrogant.
Das Silicon-Valley-Klatschblog "Valleywag", das die Veränderungen bei Facebook besonders kritisch beobachtet hatte, schrieb, Zuckerberg sei derjenige, der die Kontrolle habe. "Zuckerberg schafft die gesellschaftlichen Normen und verändert sie mit seinem Produkt." Für User, deren Fotos oder Freundeslisten plötzlich ungewollt für Fremde sichtbar wurden, ist die Erklärung ebenfalls unbefriedigend.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße