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FDP-Politiker erwägt VertrauensfrageWesterwelle will es wissen

Guido Westerwelle kämpft um sein Amt: Auf der Klausurtagung der FDP will der Außenminister offenbar die Vertrauensfrage stellen. Doch Namen von Nachfolgern kursieren bereits.

Guido Westerwelle steht vor der Klausurtagung der FDP unter Druck. Bild: dpa

BERLIN dpa/dapd | Die Zukunft von Außenminister Guido Westerwelle bleibt ungewiss. Nach Informationen der Rheinischen Post erwägt der 49-Jährige, in der am heutigen Dienstag beginnenden Klausurtagung der FDP-Bundestagsfraktion die Vertrauensfrage zu stellen. Westerwelle sei fest entschlossen, um sein Amt zu kämpfen, berichtet die in Düsseldorf erscheinende Zeitung unter Berufung auf Parteikreise. Deshalb müsse es eine "klare Entscheidung" geben, ob die Partei ihn noch im Amt haben wolle.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle weist Gerüchte um eine angebliche Vertrauensfrage von Westerwelle jedoch zurück. "Davon ist mir nichts bekannt", sagte Brüderle kurz vor Beginn der Herbstklausur im ARD-"Morgenmagazin". Er wäre von derartigen Plänen Westerwelles sicher informiert worden. "Deshalb ist das kein Thema", sagte Brüderle. Westerwelle könne "sehr wohl" bis Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben.

Die FDP-Bundestagsfraktion trifft sich ab dem Nachmittag zu einer dreitägigen Herbstklausur auf Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach. Westerwelle will an der Tagung teilnehmen. Er steht wegen seiner Haltung zum Nato-Einsatz in Libyen auch in den eigenen Reihen in der Kritik. FDP-Chef Philipp Rösler hatte am Montag deutlich gemacht, dass Westerwelle nunmehr ein Minister auf Bewährung sei.

Endgültig will die Parteispitze laut Leipziger Volkszeitung nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18. September über die Zukunft des Außenministers entscheiden. Rösler und FDP-Generalsekretär Christian Lindner seien sich einig, dass Westerwelle im Fall schlechter Wahlergebnisse durch Staatsminister Werner Hoyer abgelöst werden solle, meldet das Blatt unter Berufung auf das direkte Umfeld des Parteichefs.

"Parteitaktische Phantomdebabtte"

Mehrere FDP-Politiker stellten sich hinter den Außenminister. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr und die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, zeigten sich davon überzeugt, dass Westerwelle im Amt bleiben werde. Bahr nannte Rücktrittsforderungen der Opposition in der Westdeutschen Zeitung eine "parteitaktische Phantomdebatte". Schließlich habe es bei der deutschen Enthaltung zum Libyen-Einsatz im UN-Sicherheitsrat auch Beifall von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gegeben.

Pieper wies in der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung darauf hin, dass hinter der Enthaltung die gesamte Bundesregierung und nicht nur ein einzelner Minister gestanden habe. "Guido Westerwelle ist und bleibt der deutsche Außenminister", sagte sie. "Er ist fester Bestandteil des Teams in der FDP. Und er macht seine Aufgabe außerordentlich gut."

Der schleswig-holsteinische FDP-Landesvorsitzende Jürgen Koppelin macht die Medien für die anhaltende Kritik an Westerwelle verantwortlich. Die deutsche Presse habe sich auf Westerwelle eingeschossen und ihn trotz seiner guten Arbeit von Anfang an im Amt nicht fair behandelt, sagte Koppelin im Deutschlandfunk. Westerwelles Ablehnung eines Militäreinsatzes in Libyen sei richtig gewesen. Koppelin sagte, er könne grundsätzlich Kriegseinsätze nicht loben.

Die SPD rief Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, ihre Richtlinienkompetenz wahrzunehmen und die Debatte über Westerwelle zu stoppen. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Gernot Erler warnte in den Kieler Nachrichten, Deutschland könne sich keinen Außenminister auf Abruf leisten.

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10 Kommentare

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  • N
    NotorischerNoergler

    Ich wünsche dieser Partei mit ihren seltsamen "Granden" f. d. P.;will sagen: Fast drei Promille.

  • N
    Nordwind

    Laufen schon Wetten durch welche Drehtür der geht?

     

    @StefanMarc

     

    "Für die FDP war der Wahlsieg vor zwei Jahren ein historischer Sieg in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland."

     

    Sehe ich auch so. Zum ersten mal in der Geschichte wurde der bananenrepublikanische Charakter der BRD deutlich in persona sichtbar.

  • V
    vic

    "Koppelin sagte, er könne grundsätzlich Kriegseinsätze nicht loben."

     

    Endlich mal ein vernünftiger Satz aus dem Mund eines Politikers.

  • O
    Oliver

    @StefanMarc:

     

    Es geht nicht darum, für die Partei relevante Leistungen Westerwelles abzuerkennen, sondern der Realität ins Auge zu sehen. Und die Realität zeigt offensichtlich, dass Westerwelle in seinem aktuellen Amt nicht viel zustande bringt. Ich schäme mich jedenfalls für den politischen Stil von Westerwelle und Merkel.

  • S
    StefanMarc

    Achso und eines noch..

     

    Ich kann zwar nachvollziehen, wenn sowohl linke Journalisten auf der taz als auch konservative Journalisten auf Rheinischer Post, FAZ und Welt zur Attacke seit zwei Jahren blasen, um Westerwelle runterzuschreiben und zu schmähen. Dazu war der Wahlsieg der FDP und Westerwelle zu hoch und damit hatten weder linke noch konservative Journalisten gerechnet und waren maßlos über den historischen Wahlsieg der FDP erbost.

     

    Aber das Ihr, in diesem Fall die Rheinische Post, mittlerweile zu objektiven Falschmeldungen greift, übersteigt doch nun die Schmähartikelflut der Journalistenmeute.

     

    Da schreibt die Rheinische Post, das Westerwelle die Vertrauensfrage heute stellt, was objektiv falsch ist, und alle Journalisten bei der taz, bei der FAZ, bei der Welt, usw. schreiben diese Meldungen mit entsprechenden Schmähartikelschriften.

     

    Den eigentlichen Schaden bei dieser Kampagne gegen Westerwelle erleidet nach meiner Einschätzung nicht die FDP sondern es ist unsere deutsche Medienwelt, die hier noch weiter sich selbst durch Falschmeldungen in die Gosse runterschreibt.

     

    Woher nimmt die Rheinische Post die Erkenntnis, das Westerwelle heute eine Vertrauensfrage stellt ??? Und was veranlasst Journalisten auf der taz, bei der Welt, bei der FAZ diese Meldung dann aufzugreifen, ohne erst mal zu prüfen, ob das denn überhaupt stimmen könnte.

  • S
    StefanMarc

    Liebe taz-Autoren bei all Euren Schmähartikeln gegen Westerwelle solltet Ihr zumindest einige Fakten begreifen.

     

    Für die FDP war der Wahlsieg vor zwei Jahren ein historischer Sieg in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

     

    Und der Grund für diesen Wahlsieg liegt im Wahlkampf und der Oppositionsarbeit vom polarisierenden Westerwelle begründet.

     

    Warum sollte die FDP einen der eigenen fähigsten Politiker absägen, dem sie erst vor zwei Jahren einen historischen Wahlsieg zu verdanken hat ?

     

    Die heutige Regierung mit den Minsterämtern von Rössler, Niebel, Leuttheusser-Schnarrenberg, usw. gäbe es ohne Westerwelle nicht.

     

    Warum sollte daher die FDP Westerwelle rausschmeißen, nur weil es die Linken, die Sozialdemokraten, die Grünen sowie unsere Journalistenmeute möchte ? Die FDP wird sicherlich nicht von den Leuten gewählt, die heute die Ablösung so lautstark fordern.

  • JK
    Juergen K.

    Ich halte schon den Verbleib im Bundestag überhaupt problematisch.

     

    Zu welchem Thema soll der den Mund überhaupt noch aufmachen

     

    ohne zerfleddert zu werden ?

     

    Aber wenn denn offensichtlich er nie wieder den Mund aufmachen wird

    -zur Zeit darf er ja noch Dank Róeslers Gnaden vom Blatt ablesen-

     

    wodurch soll sein Bundestagsmmandat gerechtfertigt werden.

     

    Mitleid und Apanage ?

  • A
    Andrea

    Die FDP-Fraktion hat kaum jemanden mit Rückgrat, der Westerwelle zum Verzicht auffordern wird. Er selbst verweigert beharrlich die Realität anzuerkennen. Es wäre an der Zeit für die Kanzlerin, Westerwelle zum Schutz seiner Person, abzuberufen.

  • UR
    Udo Radert

    Wenn man nach dem Märchenbuch geht,

     

    ... dann sollte ein Minister ja nun in allererster Linie dem Land dienen und wenn er in dieser Funktion (aus Gründen, die hauptsächlich in seinem Verhalten und seinen Fehlentscheidungen liegen), dem Land mehr schadet als nutzt, dann sollte er gehen.

     

    Soweit die Theorie.

     

    In der Praxis befolgt das bekanntlich kaum ein Minister, egal, aus welcher Partei und heutzutage schon gleich zweimal nicht.

     

    Aber es gibt trotzdem Unterschiede im Ausmaß des Schadens, der dann verursacht wird und wenn dieser Schaden für das Land zu groß ist, dann muss man - verdammt noch mal - auch die Konsequenzen ziehen.

     

    Wenn dies ein genauso macht-, wie selbstverliebter Minister aber nicht selber kann, dann müssen eben andere das tun aber es muss letztendlich getan werden, nicht nur aus außen-, sondern vor alle auch aus innenpolitischen Gründen.

     

    Wie soll man denn die Selbstdarstellung der Politiker insgesamt weiterhin aufrechterhalten, wenn einem - wie bei Westerwelle - eben täglich vorgeführt wird, dass nicht nur eine Person, sondern eine ganze Regierung versagt und unfähig ist, den Schaden zu beheben.

     

    Ihn sogar noch täglich vergrößert.

     

    Nein, die gesamte Politik führt sich da immer mehr selbst ad absurdum, der Schaden trifft eben zwar hauptsächlich aber nicht etwa nur alleine, die derzeitige Regierung.

     

    An die Langzeitfolgen im Innern, da scheint überhaupt keiner zu denken und man tut dann regelmäßig nur wieder angeblich "verwundert" über die "Politikverdrossenheit" oder gibt dem (bekanntlich ja immer zu schönen oder zu schlechtem) Wetter die Schuld an der schon wieder gesunkenen Wahlbeteiligung.

     

    So lügt man sich (und uns) also regelmäßig die Taschen voll und hofft, dass es keiner weiter merkt.

  • B
    BerlinaWoman

    Man muss Westerwelle persönlich nicht lieben. V. a. da er ja bereits liiert ist. Dass er Deutschland entgegen dem Kriegsgezetter aus SPD, Grünen und der taz NICHT in den Krieg gegen Libyen geführt hat, ist eine anerkennenswerte Leistung, die in der täglichen Medienhetze gegen ihn in keinster Weise gewürdigt wird.

    Fragwürdig ist seine aktuelle Meinungsäußerung zum NATO-Krieg. Aber mittlerweile fehlt ihm unter dem Dauerfeuer der manipulierenden Medien vermutlich bereits der Rückhalt seiner Chefin. In Deutschland gehört mittlerweile gefragt: wer lenkt die Medienmeinung und manipuliert damit Regierungshandeln?