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Drei Jahre Haft für UmweltsünderKnast wegen Verschmutzung am Po

Ein italienisches Gericht hat drei Manager wegen Umweltverschmutzung verurteilt. Sie befeuerten ein Kraftwerk im Podelta mit schwefelhaltigem Öl.

Das Kraftwerk habe eine Ausnahmegenehmigung gehabt, sagen die Verurteilten. Bild: dpa

ROM taz | Drei Jahre Haft für zwei frühere Vorstandsvorsitzende des größten italienischen Stromkonzerns Enel verhängte am Montag ein Gericht im norditalienischen Rovigo. Den Richtern zufolge sind die beiden Exchefs Franco Tatò und Paolo Scaroni die Hauptverantwortlichen für die systematische Umweltverschmutzung, die über Jahre hinweg von dem im Podelta an der Adriaküste gelegenen Kraftwerk Porto Tolle ausging.

Porto Tolle, 1984 fertiggestellt, ist mit einer Leistung von 2.600 Megawatt eines der größten Kraftwerke Europas. Befeuert wurde es mit hoch schwefelhaltigem Öl, so der zentrale Punkt der Anklage, die sich auf die Jahre 1998 bis 2005 richtete. Das Gericht wirft Enel nun vorsätzliche Umweltverseuchung vor, verursacht durch einen weit über den Grenzwerten liegenden Ausstoß von Schwefeldioxid und Feinstaub.

So stellte ein Gutachten des staatlichen Gesundheitsdienstes einen deutlichen Anstieg von Bronchialerkrankungen im direkten Umland fest, ein Gutachten der staatlichen Umweltbehörde bezifferte Umwelt- und Gesundheitsschäden in der Region auf 3,6 Milliarden Euro.

Enel und ihre früheren Chefs dagegen ziehen sich auf die Position zurück, dass das Kraftwerk Porto Tolle seit 1990 eine Ausnahmegenehmigung zum Einsatz des Schweröls gehabt habe. In der Tat hatte die italienische Regierung seinerzeit der Enel gestattet, zunächst den Betrieb in der ursprünglichen Form fortzusetzen.

Kraftwerk liegt still

Das allerdings war für das Gericht kein Grund, jetzt Gnade walten zu lassen. Enel habe es versäumt, überhaupt vernünftige Messanlagen zu installieren; im Übrigen seien die Ausnahmegenehmigungen mit der Maßgabe zu einer zügigen Umrüstung des Kraftwerks erfolgt.

Deshalb traten jetzt im Prozess das Umweltministerium ebenso wie die Region Emilia Romagna als Nebenkläger auf – eine einigermaßen bizarre Wendung, denn der Staat hält mit über 30 Prozent Aktienanteilen die Kontrollmehrheit bei Enel.

Für Porto Tolle hat das Urteil keine unmittelbare Konsequenz: Seit 2009 liegt das Kraftwerk still. Enel will von Öl auf angeblich sauberere Kohle umrüsten, hat dafür aber bisher die Genehmigungen nicht erhalten.

Die jetzt verurteilten Exchefs kündigten an, in Berufung zu gehen. Paolo Scaronis Karriere könnte aber vor dem Aus stehen: Der 67-jährige Manager ist gegenwärtig Chef des ebenfalls vom Staat kontrollierten Energiekonzerns ENI.

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Themen #Umwelt
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2 Kommentare

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  • Oh mann, bei der überschrift will man fast empfehlen, sich immer schön den hintern abzuwischen. bei den konsequenzen! aber ich will ja nicht pubertär erscheinen ;-)

  • Eine Lösung wäre die Umstellung schon; schwefelarme Anthrazitkohle ist allemal besser als stark schwefelhaltiger Schwerölrückstand aus der Erdölverarbeitung.

     

    Interessant ist hier die ursprüngliche Massgabe zur Umstellung des Kraftwerks auf schwefelarme Brennstoffe, die Ausnahmegenehmigung für stark schwefelhaltiges Schweröl und die zeitlich doch recht stark aufgebohrte Nutzung der Ausnahmegenehmigung.

     

    Dass die Justiz hier gegen ein Unternehmen mit Kontrollmehrheit des Staates vorgeht, offenbart einerseits die lasche (oder nicht vorhandene) Wirksamkeit ebendieser Kontrollmöglichkeit, andererseits darf die Justiz entsprechend dem Gleichheitsgrundsatz Staatsbetriebe nicht bevorzugen.