Die schönsten Steueroasen (5): Eine Stadt mit ramponiertem Ruf
Singapur galt stets als sicherer Hafen für unversteuerte Gelder. Dieses Image will der Stadtstaat abschütteln – mit fragwürdigen Erfolgsaussichten.
BANGKOK taz | Premierminister Lee Hsien Loong wird nicht müde zu betonen, dass er alles dafür tut, Singapur zu einem sauberen Land zu machen: „Wir haben kein Interesse daran, ein Ort der Geldwäsche zu sein“, sagt er. „Warum auch sollten wir dieses zwielichtige Geschäft betreiben wollen? Genau das aber wird dem Stadtstaat immer wieder vorgehalten – eine Finanzoase zu sein, wo sich unversteuertes Vermögen parken und waschen lässt.“
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) hat zusammengetragen, wer mutmaßlich Schwarzgeld in Singapur gebunkert hat, darunter korrupte indonesische Geschäftsleute und Mitglieder der Militärjunta in Birma.
Immer wieder hatten die Behörden beteuert, die strenge Wahrung des Bankgeheimnisses diene nur dazu, die privaten Interessen von Investoren zu schützen, und nicht, um Steuerbetrügern einen sicheren Hafen zu bieten. Dass Singapur seit Jahrzehnten autoritär von der People’s Action Party, PAP, regiert wird, Meinungs- und Pressefreiheit massiv beschnitten werden und Kritiker der PAP unter anderem mit Verleumdungsklagen überzogen und auch schon mal in den finanziellen Ruin getrieben werden, ficht globale Investoren und Anleger nicht an.
Seit dem 1. Juli macht die Regierung aber ernst: Für die 5,3 Millionen Einwohner gilt Steuerhinterziehung seitdem als Straftat, vor allem wenn schmutzige Gelder damit gewaschen werden sollen. Auch die Banken machen sich strafbar, wenn sie trotz Betrugsverdachts Vermögen auf Konten deponieren.
Die schönsten Steueroasen: Am 5. September startet der Gipfel der 20 größten Industrie- und Schwellenländer in St. Petersburg. Hauptthema: Steuerparadiese trockenlegen. Die taz zeigt sie jetzt schon: die schönsten Steueroasen der Welt.
Das Sparmodell Singapurs: keine Steuern auf Kapitalerträge
Rang im Schattenfinanzindex: Das Steuernetzwerk Tax Justice Network listet Singapur auf Platz 6.
Steuerdaten per Gerichtsbeschluss
Die Geldhäuser haben bis Ende Juni 2014 Zeit, die Nachprüfung verbleibender Konten zu vervollständigen. Zudem hieß es, die Behörden sollten in Zukunft ohne Gerichtsbeschluss Steuerdaten anfordern können, um sie ausländischen Fahndern zu übergeben. Allerdings muss ein konkreter Verdacht vorliegen. Und dennoch ist Singapur weiter einer der attraktivsten Bankenplätze überhaupt.
Nahezu alle internationalen Geldhäuser sind im viertgrößten Offshore-Finanzzentrum der Welt vertreten. Deutsche Steuerbehörden sind über angekaufte CDs mit Steuerdaten auf die Spur Schweizer Banken gelangt, die Steuerhinterziehern geholfen haben sollen, ihr Vermögen in Fernost zu verstecken.
Von der Grauen Liste gestrichen
Ausländische Vermögen in Höhe von 1,3 Billionen Euro sollen in Singapur geparkt sein. Aus gutem Grund: Lokale Einkommen werden mit höchstens 20 Prozent versteuert, Kapitalgewinne sind von Abgaben befreit. Bereits 2009 hat Singapur erstmals nach Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sein Finanzregelwerk verschärft. Folge: Die „Löwenstadt“ wurde von der Grauen Liste der Staaten gestrichen, die bei der Herausgabe von Konteninformationen mauern.
Im Mai dieses Jahres erklärte Singapur, man werde dem OECD-Abkommen zum Austausch von Steuerdaten mit insgesamt 84 Ländern beitreten.
Ob so ein jahrzehntealtes Geschäftsmodell endet? Kritiker wie das Tax Justice Network mahnen bereits, dass der Stadtstaat weiter von schmutzigem Geld überschwemmt werden wird. Der Erfolg des von Premier Lee Hsien Loong ausgerufenen Kampfes hängt davon ab, ob die neuen Regelungen tatsächlich umgesetzt – und vor allem: wie dies kontrolliert wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Kretschmer als MP von Linkes Gnaden
Neuwahlen hätten der Demokratie weniger geschadet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen