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Debatte SozialsystemAbschied von Bismarck

Kommentar von Rainer Kreuzer

Das deutsche Sozialsystem gleicht einem Flickenteppich. Ökonomisch und sozial vernünftig wäre aber eine Kasse für alles und alle.

Bismarck sollte nichts mehr zu sagen haben. Bild: Reuters

W er blickt da eigentlich noch durch? Selbstständig Beschäftigte sollen nach den Plänen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zur „obligatorischen Altersvorsorge“ verpflichtet werden. Hinzu kommen Beiträge zu einer verpflichtenden Erwerbsminderungsrente. Die FDP will noch eine private Pflegepflichtzusatzversicherung einführen, obwohl es eine gesetzliche schon seit 1994 gibt.

Selbstständige können bereits heute privat in die Rürup-Rente einzahlen und abhängig Beschäftigte in die Riester-Rente. Für freiberufliche Künstler und Journalisten ist gesetzlich die Künstlersozialkasse zuständig. Zur Absicherung von Arbeitsunfällen kommt noch die Berufsgenossenschaft hinzu. Eine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige kann unter bestimmten Bedingungen auch freiwillig abgeschlossen werden.

Noch verwirrender wird es, wenn jemand einem Teilzeitjob nachgeht und nebenbei freiberuflich als Künstler Geld verdient. Dann muss geprüft werden, was die Haupt- und was die Nebentätigkeit ist. Während die eine voll beitragspflichtig ist, müssen für die zweite nur Rentenbeiträge gezahlt werden. Beim Finanzamt wird am Ende aber beides voll versteuert.

Es gibt Versicherungsleistungen und steuerfinanzierte Leistungen, Pflichtbestimmungen und Kann-Regelungen im Sozialrecht. Wer von der Agentur für Arbeit kein Geld erhält, muss sich ans Jobcenter wenden. Liegt die Rente unter dem Existenzminimum, wird zusätzliche Hilfe durch die Grundsicherung im Alter fällig. Die Behandlung des Arztes zahlt die Krankenversicherung und die Pflege zu Hause die Pflegeversicherung, obwohl beide unter einem Dach verwaltet werden.

Konkurs anmelden

Spätestens wenn der Patient stationär in einem Heim gepflegt werden muss, kann man das gesamte System aber ohnehin knicken. Dann muss aus der eigenen Tasche gezahlt werden. Wenn dies immer noch nicht reicht, müssen die Kinder der pflegebedürftigen Eltern mehrere tausend Euro monatlich zusätzlich berappen und am besten Konkurs anmelden. Für die viel beschworene Eigenverantwortung und private Vorsorge bleibt dann nichts über.

Wer wann in welche Versicherung wie viel einzahlen muss und welche Leistungen ihm unter welchen Bedingungen von welcher Institution zustehen, ist kaum noch durchschaubar. Selbst Beratungsstellen sind überfordert und die Sozialgerichte mit der Auslegung der spitzfindigen Kriterien, vor allem bei Hartz IV, überlastet. Welcher Bürger verfügt schon über eine vollständige und aktuelle Checkliste?

Rainer Kreuzer

lebt als freier Journalist in Hamburg und ist dort auch als Sozialpädagoge tätig. Seine Themenschwerpunkte sind Sozialpolitik und Wirtschaft.

Das System erstickt an seiner politisch geschaffenen Komplexität. Es führt zu bizarren Auswüchsen: Die Krankenversicherungen zum Beispiel erwirtschaften 20 Milliarden Euro Überschuss, aber die Rente reicht für immer mehr Senioren kaum noch zum Leben aus oder es werden Beitragssätze gesenkt und zugleich private Zusatzversicherungen vom Steuerzahler subventioniert.

Erbe der Bismarck-Reformen

Das System der lohnabhängigen Spartenversicherungen hat Reichskanzler Otto von Bismarck 1883 initiiert, um das Proletariat mit Minimalabsicherungen vom Aufstand abzuhalten. Was damals ein sozialreformerischer Meilenstein war, erweist sich heute als protestantische Kleinkrämerei.

Für jedes soziale Detailrisiko wurde nach und nach ein eigenes Versicherungsmonster geschaffen. Die zwölf Sozialgesetzbücher umfassen inzwischen rund 1.500 Seiten mit endlos verketteten Paragrafen. In denen werden unter anderem die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des einen Kostenträgers mit der Nichtzuständigkeit des anderen verknüpft; es wird definiert, welcher Anteil des Einkommens beitragspflichtig ist und welcher nicht, was selbstständige und was unselbstständige Arbeit sein soll. Wozu dieser unnütze Aufwand?

Er entspricht einem veralteten Standesdenken, einer Zeit, in der zwischen Arbeitern und Angestellten, Selbstständigen und abhängig Beschäftigten noch klar unterschieden werden konnte, in der Berufsbiografien planbar und die Rente kalkulierbar erschienen. Da dem längst nicht mehr so ist, die Übergänge fließend und die Arbeitsformen flexibel geworden sind, fallen immer mehr Menschen bis weit in die Mittelschicht hinein durch die Löcher des sozialen Flickenteppichs hindurch.

Eine Reform folgt der anderen, abwechselnd mit Beitragsentlastungen und neuen Zusatzversicherungen. Rechte Tasche – linke Tasche. Aus volkswirtschaftlicher Sicht werden sämtliche Sozialausgaben ohnehin aus der Masse des gesamten Bruttoinlandsproduktes finanziert. Ihr Anteil, die Sozialleistungsquote, hat sich trotz endloser Reformen seit 1975 kaum verändert und pendelt seitdem eng um die 30-Prozent-Marke.

Was spricht dagegen, das gesamte Paket zu einer Sozialversicherung für alle Bürger zusammenzufassen? Je- der, der Geld verdient, zahlt entsprechend seiner Einkünfte Beiträge ein, gleich, ob es sich um Arbeitslöhne, Mieteinnahmen oder Börsengewinne handelt.

Gewollter Privatvorsorge-Wahn

Das ohnehin schon durchlöcherte paritätische System aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen wäre durch eine Wertschöpfungsabgabe für alle Unternehmen zu ersetzen. Denn durch die bisherige Koppelung der Beiträge an die relativ niedrigen Löhne der abhängig Beschäftigten werden die steigenden Gewinne nicht erfasst. Bosse, die durch Entlassungen Löhne einsparen und somit Versicherungskosten verursachen, werden noch zusätzlich durch den Wegfall der Beiträge für die Entlassenen belohnt. Hier zeigt sich der Nonsens des alten Bismarck’schen Systems.

Eine Sozialversicherung für alle Bürger und alle Risiken, die ein Mindesteinkommen über den Hartz-IV-Sätzen sichert, hieße Abschied zu nehmen vom typisch deutschen Standes- und Neiddenken. Aber in einem Land, in dem ein politisch gesteuerter Privatvorsorgewahn herrscht, der trügerische Glaube, jeder müsse am besten für sich selber sorgen, ist das wohl noch ein weiter Weg. Ihn trotzdem zu gehen, ist eine Frage der wirtschaftlichen und sozialen Vernunft.

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21 Kommentare

 / 
  • T
    Tim

    Es gibt übrigens eine ePetition gegen von der Leyens Pläne zum Rentenversicherungszwang:

     

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition%3Bsa%3Ddetails%3Bpetition%3D23835

  • ST
    Sven Timm

    Sehr geehrter Herr Kreuzer,

     

    das Sozialversicherungs-Rundumschlag-Bashing ist ja nett zu lesen und folgt gängigen trends, aber ich finde, Sie sollten mehr differenzieren und sachverständiger auch in die Tiefe der Teilsysteme schauen. Krankenversicherung und Unfallversicherung sind bspw. sehr verschieden. Auch eine Unterscheidung von Versicherungsleistungen und Sozialleistungen sollte nicht außer Acht gelassen werden. Aber das erfordert natürlich Arbeit und Aneignung und Verstehen von vielen Details, mit denen sich in Politik, Wirtschaft und Medien viele nicht aufhalten wollen. Aber so einfach ist die Welt eben nicht, und das aus guten Gründen. Es sind übrigens nicht alles Dummköpfe, die sich die "Systeme" ausgedacht haben. Die Einheitsversicherungen gab es zu Ostblockzeiten ja schon einmal, und sie waren sowohl bei den Leistungen wie bei den Ergebnissen kläglich, insbesondere, wenn es um das reine Bezahlen hinaus ging. Ihr Rundumschlag läßt Detailkenntnisse vermissen.

    Insbesondere in der Unfallversicherung, wo Prävention ein wesentliches Element ist, greift Ihre Kritik überhaupt nicht oder viel zu kurz. Und hinsichtlich der Beitragszahlung: In der gesetzlichen Unfallversicheurng zahlt nicht der Arbeitnehmer bzw. Versicherte, sondern ausschließlich der Arbeitgeber bzw. Einrichtungsträger wie eine bspw. Schule. Also, bitte etwas mehr Willen zum detailbeachtenden Qualitätsjournalismus, auch wenn dies anstrengender ist.

     

    Mit freundlchen Grüßen

     

    Sven Timm

  • I
    Illoinen

    @von der Gerechte

    Was Sie hier aufstellen, ist eine Milchmädchenrechnung. 4000 Brutto und Steuerklasse III ergibt mit Sicherheit nicht 1700 netto? Also Propaganda? Wir haben bei 5700 brutto lediglich Steuern von 764,33 zu bezahlen. Alles andere wie Geseztliche Rentenbeiträge, Krankenkassen, Arbeitslosen Versicherung, Pflegeversicherungen, sind Abgaben welche ja Versicherungen sind. Im übrigen greifen hier auch noch die Beitragsbemessungsgrenzen.

  • JE
    Jens Eicker

    @von Micha

     

    Das Konzept "Wertschöpfungsabgabe" ist bereits im Falle Schwedens durch den Arbeitsökonomen Meidner ausgearbeitet worden. Der Name des Plans ist Meidner Plan. In der BRD sind vergleichbare Konzepte von Fritz Naphtali mit seinem Konzept der Wirtschaftsdemokratie zu finden.

     

    Der Meidner Plan sah vor, eine gesamtgesellschaftliche Lohnsolidarität einzuführen. Unternehmen mit einer höheren Produktivitätsentwicklung sollten, Gewinne an einen speziellen Pensionfonds überführen. Nach und nach sollte der Pensionfonds die schwedische Wirtschaft unter Kontrolle der Lohnabhängigen überführen.

     

    Die schwedische Sozialdemokratie war an der Regierung. Ohne Kontrolle über die Massenmedien war sie jedoch nicht in der Lage, das Konzept in der erwerbstätigten Bevölkerung zu vermitteln. Hinzu kam die Interessensunterschiede zwischen unterschiedlichen Sektoren der Erwerbstätigen. Facharbeiter haben keineswegs ein Interesse daran, ihren Anteil an den Produktivitätsgewinnen mit den geringqualifizierten zu teilen. Die Erwerbstätigen vertrauen zwar den Gewerkschaften bei Arbeitskmpfen - ihre traditionelle Rolle - jedoch sind sie nicht bereit, den Gewerkschaftsfunktionären die Kontrolle über die Altersvorsorge und den zugehörigen Pensionsfonds zu geben.

     

    Innerhalb der globalen Umwelt hatte die Arbeitgeberseite gute Argumente dafür, die Erwerbstätigen davon zu überzeugen, dass ihre Produktivitätsgewinne für die globale Wettbewerbsfähigkeit reinvestiert werden sollten.

     

    Neben politischen Barrieren ist die Logik des Fondsmanagement ungeeignet für eine gesamtgesellschaftliche Lohnsolidarität, weil Fondsmanager sehr gern in liquide, rasch handelbare Wertpapiere investieren und wieder aussteigen. Durch die hohen Handelsvolumen die Pensionsfonds generieren können, erzeugen sie eine kurzfristige Renditeerwartung. Der Mechanismus führt zum Quartalsdenken im Management.

     

    Der Gedanke einer Wertschöpfungsabgabe ist nicht völlig falsch. Allerdings sollte man mehr Gehirnsubstanz reinstecken. Historisch ist die Wertschöpfungsabgabe beim Meidner-Plan an der Globalisierung gescheitert. D.h. man braucht eine Blaupause für ein neues Handelsmodell, um der Arbeitgeberseite einzuhegen über politische Handelsgesetzgebung. Daneben ist die Entwicklung nachhaltiger Investments notwendig, um Investmentmöglichkeiten jenseits der Rentenpapiere, Aktien und Derivate zu schaffen, damit kein kurzfristiges Quartalsdenken induziert wird.

     

    Die Kontrollrechte der Gewerkschaften über den Pensionsfonds war für die Erwerbstätigen nicht akzeptabel. Möglicherweise sollte man darüber nachdenken, die Kontrolle an regionalen Wirtschaftskonventen zu übertragen. Das Wahlrecht sollte nur Erwerbstätigen ohne Einbeziehung der Arbeitgeberseite und Transferleistungsempfänger ( Lehrer, Fraktionsmitglieder, Beamte, Rentner, Jugendliche ).

  • N
    Nadi

    @Heidschibumbeitschi

    Die SPD hätte nach diesen Zahlen aber allen Grund ...

     

    Der Kommentar ist zutreffend. Aber die Realität ist: Es wird gerade schlimmer und schlimmer. Wenn nicht SPD und CDU aufwachen, dann leben in zehn Jahren Millionen Rentner in extremer Armut und haben wahrscheinlich eine schlechtere medizinische Versorgung als heutige Rentner.

  • DG
    Der Gerechte

    Ein Arbeitgeberbrutto von 4000€ schmilz schnell zu einem Arbeitnehmernetto von 1700€ zusammen. Hat der Arbeitnehmer Familie und einen Arbeitsplatz, den er mit einem Auto erreichen muss, bleibt ihm nichts anderes übrig als seinen Verdienst zu verkonsumieren. Rücklagen kann er da nicht bilden. Wenn er aber seinen Lohn verkonsumiert gehen noch mal Steuer ab, Mehrwersteuer von 19,bzw. 7%, Spritsteuer, Kaffeesteuer, Tabaksteuer, Weinbrandtsteuer und was es sonst noch für indirekte Steuern gibt. Zieht man das von seinem Nettolohn ab, bleiben vielleicht 1200€ von 4000€ übrig, über die der Arbeitnehmer frei verfügen kann. Geht der Arbeitnehmer aber nicht Arbeiten, sondern hat er vielleicht ein Vermögen, das ihm 4000€ im Monat an Zinsen bescheert, gehen mit der Zinsabschlagsteuer und dem Soli 30,5 % ab. Es bleiben ihm also auf alle Fälle 2700 und er muss davon nicht in die Sozialkassen einzahlen. Da stellt sich mir die Frage, warum Arbeit um mehr als das doppelte bestraft wird? Gibt es dafür eine verständliche Antwort?

  • H
    Heidschibumbeitschi

    Ich lach mich tot! Laut Emnid-Umfrage: CDU 36%-SPD 27%.

    Warum sollten die Parteien bei diesen Ergebnissen ihre Politik ändern? Das Volk ist blind. Nicht die Parteien!Die Parteien leben von der Feigheit des Volkes. Jetzt gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit wieder eine große Koalition. Wieder so ein Mist, der den Parteien selbst und den Maßlosen dient und nicht dem Volk.

  • DD
    Doris Dübbert

    Klar doch, bei rund 2 Billionen Staatsverschuldung, den Goldreserven im Ausland und dem Beweis das der Staat mit Geld umgehen kann, graust mir vor den kommenden Tatsachen der Verstaatlichung. Welche Diktatur lässt grüßen???

  • HD
    Horst Dahlem

    Angesichts der in absehbarer Zukunft auf uns zukommenden Probleme aller Sozialversicherungsträger,von Kranken-,Pflege-,Rente-bis zur Arbeitslosenversicherung wird es endlich Zeit die Verwaltungen zusammenzuführen und ALLE Einnahmequellen zur Kostendeckung heranzuziehen.Insbesondere mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in den kommenden 20 Jahren stellt sich die Frage wie hoch die Beiträge der dann arbeitenden Menschen sein sollen? Seriöser Weise kann niemand den Arbeitsmarkt konkret vorhersehen aber es ist bereits jetzt klar zu erkennen daß es nicht sein kann den Faktor Arbeit mit immer höheren Beiträgen zu belasten und Versicherungen,Banken und Großindustrie ein Priveleg nach dem anderen einzuräumen.Die Tatsache daß sich Gutverdiener aus den Sozialversicherungsveranstaltungen diskret heraushalten können ist unter sozialpolitischen Gesichtspunkten eine Kapitulation vor den sozialen Aufgaben unserer Gesellschaft.Sind wir nicht Willens oder nicht Fähig unsere sozialen Sicherungssysteme tragfähig und damit zukunftsfähig zu gestalten? Die großen Volksparteien finden zu diesen Fragen definitiv keine befriedigenden Antworten,im Gegenteil;kaum eine Reform die nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers gewesen wäre,bis hin zur Leiharbeit und Niedrigstlöhnen nebst höheren Sozialversicherungsbeiträgen und verschlankten Leistungskatalogen....Wo bleibt der Aufstand der Massen? Warum wehrt sich kaum einer? Erleben wir hier den"Deutschen Michel"? Oder sind wir schon so verblödet das wir das Spiel der politisch Agierenden nicht zu durchschauen vermögen? Kann es sein das wir auch über unsere Bildungssysteme schnell und gründlich Nachdenken müßen? Ist der Bolognabeschluß (Bachelor/Master)bildungspolitisch sinnvoll? Innovative Entwicklungen in Naturwissenschaften und Technologie kommen inzwischen zunehmend aus asiatischen Staaten.Muß Daimler Jointventures mit chinesischen Firmen eingehen weil diese in Sachen Solarenergie offensichtlich zumindest im industriellen Sektor weit vor uns liegen? Wo bleibt die deutsche Innovation technisch wie sozial???

  • N
    Normalo

    Eine einzige öffentlich-rechtliche Riesen-Bürokratie, die keinen Wettbewerb fürchten muss und deshalb immer behaupten kann, ihre eigenen Bedarfsplanungen seien alternativlos, wäre ein Staat im Staate. Sie wäre mächtiger als alle Ministerien zusammen und vom Rechnungshof nicht mal ansatzweise zu bändigen.

     

    Merkt denn keiner, dass diese immer weiter fortschreitende Konzentration von Geldflüssen in behördlichen (oder quasi-behördlichen) Händen nach und nach jeden Handlungsspielraum auffrisst?

  • EB
    Erich B. Ries

    Interessanter Artikel, dem ich natürlich in vielem zustimmen kann!

    Aber wann berichtet die taz endlich mal über einen Fall von rechtswidriger Aktenvernichtung, Verstoß gegen den Datenschutz und verfassungswidrigem Verstoß gegen das Gleichheitsgebot Art. 3 GG durch die Deutsche Rentenversicherung gegenüber einer schwerbehinderten und chronisch kranken Frau, die seit ihrem 15. Lebensjahr gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, jetzt aber ohne einen Cent im Regen stehen gelassen wird? Der Fall ist umfangreich dargestellt, belegt und engmaschig dokumentiert, leicht im Internet zu finden unter ´zwergdavid gegen riesegoliath` (www.zwergdavid-riesegoliath.jimdo.com ). Das schlimme: Dies ist leider wohl nur die Spitze des Eisberges, wie viele ählich Betroffene inzwischen Suizid begangen haben, darüber existiert wohl keine Statistik....

  • JR
    jan reyberg

    Juhu, mein reden. Und dann am besten noch Kopfpauschale und alle Einkommens-Umverteilung raus aus den Sozialkassen, rein ins Steuersystem, wo sie hingehört!

  • UB
    Uwe Buchholtz

    Warum dann nicht gleich das "Bedingungslose Grundeinkommen" für alle? Man könnte sich eine Menge an Verwaltungsaufwand und somit an Kosten sparen.

  • K
    Kaimo

    Es gibt keine Klassen mehr, Marx ist tot.

     

    taz ist von vorgestern.

    Werdet modern, ihr denkt in Begriffen des vorletzten Jahrhunderts.

  • K
    KFR

    auch die Bismark-Rente ( Zwangs-verdummung der ach so gefährlichen Sozial-Demokratie und anderer Ableger) war erst hoch in den 80ern auszahlbar, während die Lebens-erwartung des Plebs damals 50... 60 Jahre "betrug"; schon damals waren die Maschmeier & Co Systeme zwecks cash-in bis auf ganz wenige privat-wirtschaftliche Ausnahmen sehr beliebt.

  • AH
    Aus Haching

    Ein Artikel, über den es sich lohnt, nachzudenken. Aber noch zwei Anmerkungen:

     

    Eine Vereinfachung der Strukturen der Sozialversicherung führt mit Sicherheit zum Wegfall von zehntausenden Arbeitsplätzen. Wenn es nicht mehr über 100 GKV gibt, braucht man eben auch keine hundert Organisationen mehr. Wo sollen die Arbeitnehmer - deren Image (SOFA) nicht das allerbeste ist - hin?

     

    Zum anderen ist die "Wertschöpfungsabgabe" strukturell unpassend. Wenn alle Einkünfte - d.h. auch der Kapitalertrag aus Aktienbesitz oder Gesellschaftsanteilen - beitragspflichtig wäre, dann dürfte der Gewinn, der in den Kapitalgesellschaften thesauriert wird, nicht mehr zusätzlich besteuert werden. Ansonsten würden ausgeschüttete Unternehmensgewinne doppelt "besteuert" werden.

     

    Scheitern wird dieser Plan - wie alle vergleichbaren - daran, dass die Besitzstände im öffentlichen Dienst sich erfolgreich wehren werden.

  • HD
    Hajdy Do Bajdy

    Die Sichtweise im Artikel ist vernünftig und ähnelt den Gedankengängen bezüglich der „Gesundheitsreform“ in den USA. Auch wenn man das „Recht“ in den USA hat, sich nicht Krankenversichern zu lassen, so kann man keinen Kranken auf der Straße ohne Hilfe liegen lassen. Die Gemeinde zahlt also immer.

     

    Das Grundproblem ist jedoch ein anderes. Man mag erschrecken, dies ist jedoch das tiefere Ergebnis von Hartz IV.

    Wir bekommen kein Wohngeld, weil sonst Menschen auf der Straße landen, sondern weil Hausbesitzer, Banken in der CDU und andere Parteien einen großen Einfluss haben. Wenn man sieht, wohin die Sozialausgaben fließen, so sind die bedürftigen Menschen nur eine Zwischenstation. Die Gelder landen nämlich alle wieder bei den „Geldsäcken“.

     

    Und hier steckt auch die größte Gefahr für unseren Staat, wie auch für die USA. Dies ist gefährlicher wie Terroristen. Da die Hilfe eigentlich nicht dafür gedacht ist um zu helfen, sondern dies ein „Kompromiss“ ist, welcher den Einflussreichen zugute kommt, so wird die Unterstützung für den Bürger oft eine Bluttransfusion für den Staat mit verseuchtem Blut, da in Wirklichkeit oft Geld in veraltete Infrastruktur fließt, welches dann oft genug auf schweizer Konten landet.

    Der Gedanke der Hilfe wird also pervertiert. Dies ist der Hauptgrund der Schieflage in der BRD, wie in den USA.

    Die Unterstützung der Bürger ist nämlich etwas Gutes, da man mit ihr die Infrastruktur eines Staates ausbauen kann. Anstatt dessen werden „Kompromisse“ eingegangen mit Hausbesitzern, die hohe Mieten für ihren veralteten Besitz verlangen. Wir zahlen also meistens für unsere eigene Beerdigung oder den eigenen Gefängnisaufenthalt, anstatt das Geld für eine Hochzeit und die Zukunft auszugeben.

    Der Sozialstaat ist in dieser Hinsicht kein Hindernis für die Zukunft und Zukunftsfähigkeit, sondern gerade im Gegenteil!

  • D
    Detlev

    Die gesellschaftliche Realität und die sachlich beste Lösung sind in Deutschland nicht unter einen Hut zu bringen. Das hat der Kommentator gut erkannt. Deswegen wird es immer mal wieder Überlegungen geben, die Krankenversicherung in eine Art Riester-System zu überführen. Obwohl das kontraproduktiv aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sein muss, ist es aus Sicht von Versicherungsgesellschaften sehr attraktiv, weil der Staat eine große warme Welle niedergehen lässt, wenn er solche Regelungen einführt.

     

    Auch bei Riester sehen sehr viele Versicherte am Ende alt aus, weil die Versicherungen so viel Profit an dieser Regelung machen wollen, dass eben der staatlich erwünschte Effekt sich verwischt bis auflöst, denn Riester ist nicht die einzige Möglichkeit zur privaten Altersvorsorge.

     

    Es ist einfach die Idee, dass ein Staat für kleine private Lobbys profitable Spielwiesen kreiert, die unser Sozialsystem immer mehr zu einem Flickenteppich macht und alleine das Chaos erzeugt massive Chancen für Berater und Verkäufer, dem Kunden am Ende eben gefahrlos eine schlechte Lösung aufdrücken zu können, denn selbst für gebildete Menschen wird es schwer, dies wirklich nachzuprüfen. Und nur Idioten haben Hoffnung, dass Rot-Grün in dieser Hinsicht Abhilfe schaffen wird. Beim letzten rot-grünen Versuch, im Sozialsystem positive Dinge zu errichten, ist nichts Gutes herausgekommen.

    Zum Beispiel hat die Riesterreform genau bei den Bürgern eine hohe, offene Unsicherheit hinsichtlich Altersarmut kreiert, die sie anfangs abdecken sollte.

     

    Da die alte Rentenberechnung nun nicht mehr existiert, gibt's aber auch keinen Zwang, durch gerechtere Steuern zu einer Lösung zu kommen. Wenn man sich die Situation anssieht, dann kann man sagen, dass Deutschland in fünfzehn Jahren in große sozialpolitische Probleme geraten wird und dass es dann sehr schwierig wird, diese zu lösen oder abzumildern. Das ist nämlich die Konsequenz aus dem Flickenteppich: Ein paar bleiben auf der Strecke und diese Gruppe wächst mit der demographischen Veränderung der Gesellschaft, sprich ab 2020 geht mit dem Problempegel steil bergauf.

  • UB
    Ulrich Burzeya

    Das sollte bei irgendeiner im Parteiprogramm stehen. Schon richtig lange überfällig. Wohl nicht notwendig in diesem Sinne noch auf die Geschichte mit dem zu brechenden Stock und den Stöcken zu verweisen. Hat mal jemand augerechnet, wieviel von den 30% überhaupt am Kunden ankommt?

    Aber was machen wir mit den dann überzähligen Verwaltungsarbeitsplätzen? Sind bestimmt einpaar super Teilzeitarbeitsplätze von Alleinerziehenden darunter, oder? Würde ein solcher Schub entsprechend viele neue Arbeitsplätze generieren? Fragen über Fragen, wenn wir erstmal anfangen zu rütteln...

  • M
    Micha

    Sehr guter Artikel m.E.! Das Konzept "Wertschöpfungsabgabe" müsste aber noch ausgearbeitet werden.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Momentan steuern wir auf das Doppel-System zu. Jeder soll überall anteilig Einzahlen und trotzdem (zusätzlich) für sich selber sorgen, da es keine Leistungen mehr gibt, da die Verwaltung alles schluckt. Leben kommt später.