Bundesgerichtshof zur Neonazi-Terrorzelle: Beate Zschäpe bleibt in Haft
Beate Zschäpe bleibt vorerst in Haft. Der Bundesgerichtshof entschied, die Gefahr einer Flucht sei sehr hoch, da sie wenige soziale Bindungen habe.
BERLIN/FREIBURG taz | Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe bleibt in Haft. Dies hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit einem am Mittwoch bekannt gemachten Beschluss entschieden. Die von Zschäpes Anwälten eingelegte Beschwerde gegen den Haftbefehl wurde damit abgelehnt. Gegen Zschäpe bestehe „dringender Verdacht“ der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung NSU, die neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund und eine Polizistin ermordete, sowie der besonders schweren Brandstiftung an ihrem Wohnhaus in Zwickau. Eine Mittäterschaft an den Morden wird Zschäpe bislang aber nicht vorgeworfen.
Für eine NSU-Mitgliedschaft Zschäpes spricht nach Ansicht der Richter, dass sie schon in den ersten Diskussionen nach dem Abtauchen Anfang 1998 gemeinsam mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos dafür plädiert habe, sich zu bewaffnen und „mehr“ zu machen. In Gesprächen mit den Gesinnungsgenossen Ralf Wohlleben und Holger G. habe es nach Aussagen von G. „drei gegen zwei“ gestanden. Auch später sei das „Trio“ von den Unterstützern immer als Einheit wahrgenommen worden, bei der Zschäpe eine „durchaus gleichberechtigte Stellung“ innehatte, so der BGH.
Zschäpe habe allerdings auch konkrete „logistische“ Tatbeiträge geleistet. So sei sie an der Beschaffung von Pässen sowie der Anmietung von Wohnungen und Fahrzeugen beteiligt gewesen. Sie habe Geld der Gruppe als Reserve bei Holger G. deponiert und nach der Flucht aus Zwickau mehrere DVDs mit dem NSU-Bekenner-Video abgesandt.
Für eine Fortdauer der Haft spreche, dass Zschäpe mit „mehrjährigem Freiheitsentzug“ rechnen müsse, kaum noch soziale Bindungen habe und wisse, wie man im Untergrund leben kann.
Aus Kreisen des Innenministeriums war vor einigen Wochen die Befürchtung gestreut worden, man habe gegen Zschäpe nicht genug in der Hand. Dies hat der BGH mit seinem ersten Beschluss in Sachen NSU nun aber widerlegt. Vor einer Woche hatte Generalbundesanwalt Harald Range angekündigt gegen Zschäpe werde vermutlich im Herbst Anklage erhoben. Der Prozess würde dann voraussichtlich im Winter beginnen.
„Kein Medienauftritt“ für Zschäpe
Damit wird Zschäpe erstmals am 12. März ihre Zelle verlassen - um vor dem Thüringer Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden auszusagen. Ihre Anwälte kündigten aber bereits an, dass Zschäpe auch dort ihr Schweigen fortsetzen werde. Vor dem seit Anfang Februar parallel tagenden U-Ausschuss des Bundestags soll die 37-Jährige nicht sprechen, bekräftigte Ausschussmitglied Petra Pau (Linke) am Mittwoch. Sie wolle Zschäpe dort „keinen Medienauftritt“ bieten. Auch der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) hatte sich dagegen ausgesprochen.
Wurden im U-Ausschuss des Bundestags bisher nur Ermittlungsakten angefordert, soll nun im März in einer ersten Anhörung Barbara John, Ombudsfrau der NSU-Opferangehörigen, sprechen. Anschließend sollen Experten über den Nachwende-Rechtsextremismus und über Sicherheitsstrukturen gegen rechte Straftaten referieren. Pau forderte die Berufung eines gesonderten Ermittlungsbeauftragten für den Ausschuss, der sich durch die NSU-Ermittlungsakten arbeiten soll. Allein die Bundesanwaltschaft verfüge über 2.500 Ordner, sagte Pau.
Am Donnerstag wird sich der Bundestags-Untersuchungsausschuss mit dem Thüringer NSU-Ausschuss in Berlin treffen, um zu besprechen, wie man sich in der Aufklärungsarbeit nicht ins Gehege kommt. Auch in Sachsen ist ein U-Ausschuss geplant. Heikel: Hier würde auch die NPD mit am Tisch sitzen. Pau sagte, sie wünsche sich „sogar noch mehr Ausschüsse“, etwa in Bayern. Dort hatte die NSU fünf ihrer zehn Morde verübt.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gab am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestag bekannt, dass von den Angehörigen der Mordopfer sowie den Betroffenen der zwei Bombenanschläge der Rechtsterroristen in Köln bisher 61 Personen entschädigt wurden. Insgesamt seien 412.000 Euro ausgezahlt worden.
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