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Bankenproteste auch in DeutschlandVorbild USA

Wenn es nach Oskar Lafontaine geht, dann sollen auch die Deutschen gegen die Macht der Banken demonstrieren. Attac hat schon einen Termin im Auge: Den 15. Oktober.

Proteste: Heute in den USA - morgen schon in Deutschland. Bild: dapd

BERLIN afp | Der frühere Linken-Chef Oskar Lafontaine hat die Bürger in Deutschland aufgefordert, wie in den USA gegen die Macht der Banken zu demonstrieren. Er machte in einem Gastbeitrag für Handelsblatt Online die "Finanzmafia" für die Finanz- und Eurokrise verantwortlich. Er kritisierte, die Banken würden von Spitzenpolitikern wie Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy mit Euro-Garantien geschützt.

"Die jungen Spanier und Griechen wissen, dass sie die Ungerechtigkeit und die fehlenden Lebensperspektiven nicht nur ihren jeweiligen Regierungen zu verdanken haben, sondern vor allem Frau Merkel und Herrn Sarkozy", schrieb Lafontaine. "Aber den Deutschen gaukelt man vor, sie müssten in Athen demonstrieren, um ihr Geld wiederzusehen." Ein Besuch des Bankenzentrums in Frankfurt läge näher.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac rief am Freitag für den 15. Oktober zu einem Aktionstag gegen die Finanzwirtschaft auf. Attac erklärte in Frankfurt mit Blick auf den internationalen Aktionstag: "Es ist an der Zeit, nach dem Vorbild der Spanier, Griechen und New Yorker auch bei uns auf die Straßen zu gehen und Flagge für echte Demokratie zu zeigen."

In zahlreichen deutschen Städten solle am Samstag kommender Woche demonstriert werden, darunter auch vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. Weltweit seien Proteste in über 40 Ländern geplant. Zum Auftakt soll laut Attac bereits an diesem Sonntag die Westminster Bridge in London blockiert werden.

"Merkel hat erhebliche Mitverantwortung"

Linke und Grüne kritisierten indes die Bereitschaft von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), in Not geratenen Banken mit Staatsgeldern zu helfen. Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger vom Freitag, immer mehr junge Leute würden anfangen, selbstständig zu denken. Sie wollten sich nicht mehr von den Finanzmärkten "am Nasenring durch die Manege ziehen lassen". Er glaube allerdings nicht, dass es hierzulande so schnell zu derart heftigen Protesten wie in den USA kommen werde, sagte der 81-Jährige, der auch Attac-Mitglied ist.

Grünen-Chef Cem Özdemir erklärte mit Blick auf mögliche neue Staatshilfen für Banken, es sei bemerkenswert, wie schnell die Kanzlerin bereit sei, "Banken mit Steuergeldern zu retten und wie lange sie gezögert und gezaudert hat, als es um ein europäisches Partnerland ging". Er gab Merkel und ihrer Regierung eine "erhebliche Mitverantwortung" dafür, dass Finanzmärkte und Banken in Europa gegenwärtig "erneut in eine Krise schlittern". Union und FDP hätten notwendige Reformen versäumt.

Linksfraktionschef Gregor Gysi nannte es "ungeheuerlich", sollten europäische und deutsche Steuerzahler zur Begleichung der Schulden der Banken herangezogen werden. In einem solchen Fall müssten den Steuerzahlern auch die Bankeneinnahmen zustehen, also die Großbanken zu öffentlich-rechtlichen Instituten nach Vorbild der Sparkassen umgestaltet werden.

Angesichts zunehmender Schwierigkeiten europäischer Banken hatte sich Merkel in den vergangenen Tagen dafür ausgesprochen, in Schieflage geratende Banken mit staatlicher Hilfe zu rekapitalisieren. Hintergrund ist die Sorge, dass aus der Schuldenkrise eine Kreditkrise erwachsen könnte, die dann negativ auf die gesamte Wirtschaft im Euro-Raum ausstrahlen würde.

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10 Kommentare

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  • ET
    Erwin Thomasius

    Oskar Lafontaine saß im Verwaltungsrat der KfW.

    Er gehört zu den Hauptverantwortlichen dafür, dass die Weltwirtschaftskrise 2008 von den USA kommend nach Deutschland hereinschwappte.

    Herr Lafontaine hat rethorische Fähigkeiten.

    Aber als Bankenkontrolleur hat er versagt.

  • J
    Juliano

    Bitte kommt am 15.Oktober 2011 zahlreich in allen Städten zusammen. Zusammen sind wir stark! Empört euch und lasst uns den grossen zeigen wie viele wir sind. Lasst es uns den Medien zeigen und auch der Politik. Am 15.Oktober 2011 in BERLIN: 13Uhr treffpunkt am Neptunbrunnen am Berliner Alexanderplatz! Solidarität mit allen weltweiten proesten die an diesem tag stattfinden. Hier die Seite der Weltkarte, mit den jeweiligen protesten und städten: http://map.15october.net/

  • F
    Freisein

    @USA: Destruktismus nennst du das? Wie kann etwas destruktiv sein, was verändert?

     

    Diese Bewegung versteht sich ja konstruktiv. Die Wahrheit ist ja sogar, dass der jetzige Zustand für die meisten Menschen destruktiv ist, für immer mehr Menschen tatsächlich den vorzeitigen Tod nach einem elenden Leben bedeuten wird, wenn sich nichts ändert.

     

    Insofern ist hier Konservativismus im Sinne von Bewahren der Zustände mit Destruktivismus gleichzusetzen. Und jedwede Veränderung, und sei sie auch erst einmal mit dem Zerstören von Dingen verbunden, ist konstruktiv, weil sie einen destruktiven Zustand beendet.

     

    Wenn Dinge, die falsch sind, zerstört werden, dann ist das eine richtige Entwicklung.

     

    Ich rede allerdings hier nich von Gegenständen, die Privatpersonen gehören. Autos anzuzünden ist dumm und hat nichts mit dem zu tun, was diese Leute wollen, die zu einer gravierenden Veränderung aufrufen. Die reden von Machtstrukturen, die die Ausbeutung der Massen für das Wohl Weniger gewährleisten.

     

    Grüße

  • EB
    Eddy Bono

    ...nachdem Herr Özdemir gerade sachlich richtig fest gestellt hat, daß die Kanzlerin eine Hauptverantwortung trägt bei der Weiterreichung der Systemkrisenkosten kann er ja auch noch mal erklären, weshalb jeder zweite Grünen-Wähler so scharf darauf ist, mit der CDU zu koalieren.

    Politiker der 'wertkonservativen' BW-Fraktion unter den Grünen haben doch gerade die sozialpolitischen Exzesse der Schröderregierung abgenickt und von Afghanistan bis Zeitarbeit das Elend mitproduziert, an welchem - statistisch betrachtet, siehe OECD - die sozialen Verhältnisse zwischen Tel Aviv, New York und den bekannten weiteren Örtlichkeiten anzusiedeln sind.

    Die Platzierung des Artikels auf unterster prominenter Seite-1-Stelle verdeutlicht sehr schön die Unfähigkeit der 'advanced-ecology' dieses Landes - und auch dieser Zeitung - gesellschaftlche Entwicklungen am unteren Ende der Skala zu erkennen, bzw. diesen sachlich und konstruktiv zu begegnen.

  • M
    Marlis

    Die Banken sind Dienstleistungsbetriebe, nicht mehr und nicht weniger. In Zukunft sollte man sich genau überlegen welcher Bank man sein Erspartes anvertraut, die welche hochspekulativ ihren Gewinn maximieren bekommen dann halt nichts mehr, schließlich arbeiten

    die mit unseren Einlagen. Kredite sind ein Geschäft und keine Sozialleistung, die Herrschaften sollten

    etwas vorsichtiger mit dem Geld der Sparer umgehen.

  • A
    A.J.F

    Ich werde zum ersten Mal mit auf die Straße gehen!

  • DS
    Der Standard !!!diskussionsforum!!!

    Typisch für den deutschen Michel, daß er dafür Termine braucht.

  • SE
    stefan erhardt

    Einfache Frage zur Abstufungsorgie der Rating-Agenturen:

    Wer, bitte, ratet eigentlich die Ratingagenturen? Ich hätte die Großen Drei wegen unlauterer Einflussnahme auf die Weltwirtschaft schon längst auf F (= failure) herabgestuft...

  • US
    U S A

    Die Banken haben Griechland Fipsi und Teflon Zeit verschafft. Die hätten auch gar keine Griechen-Anleihen kaufen brauchen. Das sind mal nicht direkt die Bösen.

     

    Lafontaine hat auch mal regiert:

    - Er hat Karsai und El Masri nicht befreit

    - Er hat einen Atomausstieg beschlossen, der von Merkel wieder zurückgenommen werden konnte.

    - Er hat Ebooks die Preisbindung verschafft. Daher muss Springer wegen Papierpreisen bald russisches Papier aus FRISCHEN Bäumen kaufen.

    - Lafontaine hatte eine Kolumne bei der Bild-Zeitung.

    ...

    Lafontaine hatte seine Chance. Der Arabische Frühling endet als blühende Landschaften.

    Statt Protesten sollten Piraten oder sonstwer was wirksames organisieren. Leider darf man legale und konstruktive Bankverbesserungs-Ideen nicht verkünden. Dann würden Sparkassen und Raiffeisenbanken ihre Ehrhaftigkeit zeigen und der Deutschen Bank die Kunden wegnehmen und die DB dazu bringen, moralischer zu werden.

    Aber keinen interessiert das. Lieber Revolution und Destruktismus anzetteln.

    Und so lange ATTAC nicht so friedlich demonstriert, wie man es sich von den Gewerkschaften abschauen kann, sind das auch eher Krawallmacher.

    Deren Nachhaltigkeit ist wie bei Timoschenko, Karsai, Künast, Trittin und vielen anderen Regierungs-Ablösern.

    Was hat Trittin den Hartz4ern gebracht ? Na also.

    Mauerfall ? Karsai ? Timoschenko ? Chavez ? Obama ? Libyen ? Ägypten ? Na also.

    Und die Presse hilft dabei auch noch :-(((

    Deutschland noch mehr Schulden pro Kopf machen zu lassen als alle PIGS zusammen ist kaum ein sinnvoller nachhaltiger Plan.

    Leider gibts keine demokratischen legalen konstruktiven Diskussions-Foren :-(

  • S
    Silvia

    am 15.oktober geht es um ein wenig mehr...abba juuuuut-vielleicht seht ihr ja aussm fenster....