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Autobrandstifter in Berlin gefasstSerientäter zündelte aus Frust

27-Jähriger Berliner gesteht 67 Autobrandstiftungen. Sein Motiv war laut Polizei "persönliche Frustration". Videos der BVG führten zum Tatverdacht gegen den Mann.

Christian Steiof (l-r), Leiter des Landeskriminalamts Berlin, und Oliver Stepien, Leiter des Polizeilichen Staatsschutzes, auf einer Pressekonferenz am Sonntag zur Festnahme eines mutmaßlichen Autobrandstifters. Bild: dpa

341 Autobrandstiftungen gab es in diesem Jahr in Berlin bisher. 67 davon, etwa 20 Prozent, gehen auf das Konto eines 27-jährigen Berliners. Er hat am Freitag bei einer Vernehmung durch die Polizei gestanden und wurde festgenommen. Christian Steiof, Leiter des Landeskriminalamts, sprach am Sonntag von einem "sensationellen Erfolg".

14 Brandstiftungen im Juni, 6 im Juli und 47 im August hat der Mann bei der polizeilichen Vernehmung zugegeben, zu der er als Tatverdächtiger geladen worden war. Auf seine Spur geführt hatte die ErmittlerInnen unter anderem die Auswertung von Überwachungsvideos der BVG, mit deren Hilfe sich belegen ließ, dass der Verdächtige um bestimmte Tatzeiten herum in die Nähe von Tatorten oder von dort weggefahren war.

Die Autos steckte der zu den Tatzeiten arbeitslose Maler und Lackierer unter anderem in den Stadtteilen Westend, Charlottenburg-Nord und nahe seiner eigenen Adresse in Mitte an, wo der mutmaßliche Täter mit seiner Mutter wohnt. Zu seinem methodischen Vorgehen bei den Brandstiftungen wollte die Polizei am Sonntag keine Angaben machen. Doch erfolgreich war es offenbar: In allen 67 Fällen seiner im Polizeijargon "direkten Angriffe" auf Autos gelangen die Brandanschläge auch. 35 weitere Autos wurden durch die Brände in Mitleidenschaft gezogen.

Da in einem Fall in Lichtenrade das Feuer ein Wohnhaus beschädigte und in einem zweiten eine Seniorenwohnanlage durch nahe einer Zapfsäule brennende Autos in Gefahr geriet und komplett geräumt werden musste, wurde der Mann wegen schwerer Brandstiftung verhaftet, so die Polizei. Damit drohe ihm eine "empfindliche Freiheitsstrafe" - laut Strafgesetzbuch mindestens ein Jahr.

Obwohl der 27-Jährige nur Autos der deutschen Hersteller Mercedes, BMW und Audi angezündet habe, gehöre er nach bisherigen Erkenntnissen "definitiv nicht" der linken Szene an, sagte Ermittlungsleiter Kriminaloberkommissar James Braun am Sonntag. Seine Taten seien "nicht wirklich politisch motiviert" gewesen, sondern eher aus persönlicher Frustration heraus begangen worden, so Braun. Der Festgenommene habe mit den Anschlägen im September aufgehört, nachdem er einen Aushilfsjob gefunden habe.

Der vor allem von der CDU angefeuerten Debatte über linke Gewalt und Sicherheit in der Stadt liefert die Festnahme damit keinen neuen Zündstoff. Die Christdemokraten hatten das Thema Autobrandstiftungen im Wahlkampf aufgegriffen und mit Bildern von verbrannten Autowracks plakatiert. Dem Vorschlag der Christdemokraten, die Bundespolizei um Hilfe bei den Ermittlungen zu bitten, hatte die SPD erst nach anfänglicher Ablehnung zugestimmt.

LKA-Chef Steiof bedankte sich am Sonntag ausdrücklich bei der Bundespolizei für deren "engagierte und professionelle Unterstützung" bei den Ermittlungen, "ohne die der Erfolg nicht denkbar gewesen wäre". Sie hatte geholfen, den Täter zu identifizieren. Der Fall bestätige die bisherige Annahme der Polizei, dass viele der Brandstiftungen "auf das Konto weniger" gehen, so Steiof. Er rechne mit weiteren Taten, "aber nicht im bisherigen Umfang".

Auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gratulierte der Polizei zur Festnahme des mutmaßlichen Serienbrandstifters. Sie beweise "die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft unserer Beamten", sagte Körting am Sonntag laut einer Sprecherin. Zudem belege sie die Vermutung, dass sich der Schwerpunkt der Taten seit 2009 verschoben habe: von linksextremistischen Gruppen auf Kleingruppen, Einzel- und Nachahmungstätern.

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10 Kommentare

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  • N
    Nachdenk

    @Felix & Stephan Mirwalt

     

    ... - sagt mal... seid Ihr euch wirklich sicher was Ihr da schreibt ?

     

    - Abfackeln, ist nämlich alles andere als eine Umweltgerechte Entsorgung !

     

    - Ausserdem, falls Ihr den Autobesitzern nicht vermittelt, warum das Auto, nur ein privater Egotrip auf Kosten aller ist - dann kaufen die sich nach so einer Sinnlosen Abfackel Aktion einfach ein Neues, - und die Welt ist noch mehr verpestet, weil schon wieder ein neues Auto produziert wurde...

     

    ... - Es wäre wirklich schön, wenn Ihr mal bis zum Ende denken, würdet - und bedenken würdet, - was Ihr in dem Bewusstsein, der Menschen auslöst, (durch sone XXXXXX) - und was Ihr der Umwelt antut !

     

    - Ihr erschafft nur Angst und Hass...

     

    Wenn Ihr etwas gegen Autos habt, - sowie ich auch - dann setzt euch für freie Öffentliche Verkehrsmittel und Parkraumbewirtschaftung ein... - oder bereitet Infos, Tabellen, Flyer vor, und klärt Autobesitzer über Ihr egoistisches Handeln auf... - alles andere ist nur Kontraproduktiv...

     

    Aber ich nehme mal an, Ihr seid, so eine Art Provokatuere aus der "Rechten Scene" die anderen Ihren Faschismus in die Schuhe schieben wollen...

     

    Und bevor Ihr jetzt sauer Antwortet... - denkt bitte zuerst über meine Worte nach... - danke

  • SM
    Stephan Mirwalt

    @Felix: volle Zustimmung!

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • F
    Felix

    Wohin kann man sich wenden, wenn man für ihn spenden möchte, damit er einen bestmöglichen Verteidiger bekommt?

     

    Was würden Sie sagen, wenn jemand in ihre Wohnung kommt, Tag und Nacht Lärm macht, giftige Gase versprüht und Ihre Kinder verletzt oder tötet, wenn sie Ihre Kinder nicht zwingen nur ganz vorsichtig an der Wand entlang zu schleichen? Nichts anderes ist es, das Autofahrer tun. Wer in einem Auto sitzt ist grundsätzlich assozial. Er versprüht Gift und Kanzerogene in unsere Luft, er begeht Ruhestörung und er gefährdet unsere Kinder.

  • KR
    Karl Rossmann

    Ich stimme der Polizei zu: wenn eine einzelner Mensch knapp 100 autos abfackelt und bei der Wahl der Atuomarken auch noch ein gewisses Klassenbewusstsein zeigt, ist das ein voller Erfolg.

  • J
    JoergH

    Ich verstehe das richtig: Wenn auf einem U-Bahn-Steig eine schwere Körperverletzung begangen wird, helfen die Aufnahmen nicht immer - ich erinnere mich da an einen Fall von vor etwa 2 Jahren. Aber zur Rasterfahndung nach einem mutmaßlichen Branstifter sind sie sehr wohl zu gebrauchen? Geht's noch?

  • B
    Bürgerin

    Kann Anonymous mal seine Adresse posten? Ich würde die Mal gerne aus Frust anzünden!

  • DG
    Dieter Glietsch

    Komisch, dass der Mann schon Ende August ins Netz gegangen war, aber der Fahndungserfolg - der noch dazu das Gespenst des "Linksextremismus" nicht bestätigt - erst nach der Wahl der Öffentlichkeit präsentiert wurde...

  • P
    Paranoid

    Und da wurde schon die 4. Generation der RAF herbeigeredet.

  • L
    luetzgendorff

    Wo bleibt der Protest von Hans-Christian Ströbele? Da ist doch bestimmt nicht alles mit rechtsstaatlichen Mitteln vor sich gegangen! Wenn man bedenkt: Videoüberwachung, Handys abhören! Und das alles wegen einer Bagatelle!! Es waren ja nur Gegenstände, die beschädigt wurden. Das ist allenfalls Sachbeschädigung. Fakt ist: jetzt ist schon wieder unser Rechtsstaat beschädigt, die Bürgerrechte wurden untergraben und die Demokratie ist unter die Räder gekommen. Da ist mindestens ein Rücktritt fällig und für den Täter, der ja in Wahrheit ein Opfer der kalten, herzlosen Gesellschaft ist, Freispruch oder Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Buße; er ist ja jetzt resozialisiert und hat sofort aufgehört, als er einen Job bekommen hatte, d.h. er ist ein durch und durch anständiger Bursche. Das Vorgehen der Polizei hingegen sollte dringend auf den Prüfstand. Ströbele, übernehmen Sie!

  • SS
    stefan seither

    Für mich sind die Bonzenautofahrer die Verbrecher.