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Auf Acta folgt Ipred2Zurück auf „Los“

Acta mag tot sein, aber die EU strickt schon die nächste Richtlinie: Jetzt soll Ipred 2 Piratenprodukte stoppen. Gegner fordern eine breit angelegte öffentliche Konsultation.

Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich. Bild: dapd

BRÜSSEL taz | Wenn der Antipirateriepakt heute tatsächlich abgelehnt wird, heißt das noch lange nicht, dass es keine Reform des Urheberrechtsschutzes in der EU geben wird. Bereits in Arbeit ist eine Richtlinie, deren Namen noch abenteuerlicher klingt als Acta: Ipred 2. Ausgeschrieben und übersetzt heißt das so viel wie „Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern“.

Dahinter verbergen sich Regeln, wie Musik, Literatur, Medikamentenrezepturen und sonstige intellektuelle Leistungen besser geschützt werden sollen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf möglichen Strafmaßnahmen für diejenigen, die illegal Inhalte im Internet kopieren oder verbreiten.

Wie die Richtlinie konkret aussehen soll, ist offiziell noch nicht bekannt. Die EU-Kommission will den Vorschlag in der zweiten Jahreshälfte vorlegen. Aber einige Details sind bereits durchgesickert und haben – ähnlich wie Acta – für einen Aufschrei in der Internetgemeinde gesorgt.

So will die EU-Kommission wohl auch kleine und mittlere Unternehmen stärker vor Raubkopien schützen. Im Maßnahmenkatalog gegen Fälscher stehen etwa einstweilige Verfügungen und Schadenersatzzahlungen.

Außerdem fordert die Behörde Netzsperren für Personen, die trotz mehrfacher Warnungen Musik oder sonstige urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet tauschen. „Solche verschärften Regeln kann die Kommission nach dem Streit um Acta unmöglich vorschlagen. Sie würde ihre Glaubwürdigkeit verlieren“, meint der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht.

Neugestaltung des Urheberrechts

Ursprünglich sollte Ipred 2 bereits 2007 verabschiedet werden, nach lauter Kritik kündigte die EU-Kommission aber an, die Richtlinie noch einmal zu überarbeiten. Die Acta-Gegner im Europäischen Parlament fordern nun, über die Neugestaltung des Urheberrechts grundsätzlich neu nachzudenken – am besten mit einer breit angelegten öffentlichen Konsultation. Der zuständige Berichterstatter, der sozialdemokratische Abgeordnete David Martin, will, dass dabei nicht nur die Interessen der Industrie, sondern auch die der übrigen Gesellschaft, zum Beispiel der Internetnutzer, berücksichtigt werden.

Auf internationaler Ebene gilt vorerst das sogenannte Trips-Abkommen weiter, das seit Mitte der 90er Jahre für die Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO bindend ist. Allerdings bleibt dieses Abkommen relativ vage. Genau deshalb wollten die Industriestaaten – darunter eben die EU, die Vereinigten Staaten und Japan – das weitergehende Acta-Abkommen ohne die Entwicklungs- und Schwellenländer durchdrücken.

Damit sind sie zunächst gescheitert. Die Verhandlungen müssen nun wieder von vorne beginnen.

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10 Kommentare

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  • J
    Jemand

    Die beste Lösung wäre eine anständige Entlohnung der Menschen, damit sie sich die Sachen wieder leisten könnten. Das würde sehr viel besser wirken. Solange die Oligarchen von heute auf immer mehr Druck setzen kann es nur zum Chaos führen!

  • P
    Paint.Black

    @kulturfreund:

     

    so viel Engagement würde ich gern mal bei der Bezahlung (und der Vertragsgestaltung) von: Altenpflegern, ambulanten Pflegedienstmitarbeitern, Diplom und Soz.Pädagogen, Erziehern, Polizisten, Feuerwehrleuten etc. lesen.

    Komischerweise gibts da keinen solchen Aufschrei, wenn die ihr Gehalt mit Wohngeld etc. "unterfüttern" müssen, um überhaupt leben und wohnen zu können!

     

    Wenn man die gut bezahlen würde - vielleicht fingen die dann ja sogar an Kinderbücher zu schreiben...OP Art auszubrüten und Songs zu schreiben etc. ?

     

    Oder ist das dann nicht "Kultur" genug, weil es noch nicht die höheren Weihen durch...ja, WEN eigentlich? erhalten hat?

     

    Im nächsten Schritt könnten dann übrigens auch die Gehälter der "Grosskupferten" Angestellten auf ein ähnliches Niveau gebracht werden ( - oder kann mir jemand erklären, warum des einen "Stunde" 28x mal höher bezahlt (und bewertet) werden muss, als die eines anderen Angestellten (nein, ausdrücklich nicht Freiberuflers)?

     

    Und wer wird im realen Lebensalltag wohl eher vermisst: einer der 14800 Krankenkassen Abteilungsleiter(weswegen der Beitrag immer höher ausfallen muss, weil wir die schließlich mit den Beiträgen alle mitbezahlen) oder der Feuerwehr-Mitarbeiter?

     

    Und wie kommt es, dass (freiberufliche) Honorkräfte z.B. im pädagogischen Bereich mit 10.- / 12.- Euro p.St. abgespeist werden, während sonst überall argumentiert wird, dass der Stundensatz ja abbilden müsse, dass davon alle Sozialabgaben noch zu begleichen sind und man nicht wisse, mit welcher Höhe man im Folgezeitraum rechnen kann?

     

    Antworten?

  • P
    politicus77

    Zur Zeit ist in den Bundestagsgremien das Leistungsschutzgesetz in der Mache. Den Referenten-Entwurf kann sich von bundestag.de downloaden. Das scheint an der "Szene" vorbeizugehen. Erstaunlich!

  • S
    Saugnapf

    Der Widerstand geht weiter !

  • K
    kulturfreund

    Ich verstehe es noch immer nicht.

    Nur, weil fast jeder Rechtsbruch begeht (da er sich anonym wähnt), soll das einfach legalisiert werden?

     

    Schwarzfahren ist auch illegal geblieben. Und es gibt weiterhin Knöllchen, wenn man im Halteverbot parkt.

     

    Wie wäre es, wenn ihr ganzen Aktivisten eure Energie mal wieder gegen den Kapitalismus und die ökologische Vernichtung unseres Planeten richten würdet?

    Und eure Musik und Filme einfach mal bezahlt. Künstler müssen ebenfalls leben, Filme wollen (re-)finanziert werden.

     

    Die mächtigen lachen sich doch kaputt, dass das Fußvolk sich auf solchen Nebenkriegsschauplätzen verausgabt. Und nebenbei die Lobbyinteressen von google (inkl. youtube u.a.) durchzusetzen hilft.

     

    Schöne neue Welt.

  • K
    Kolporteur

    Wen wundert es? Diese Masche ist Gang und Gebe in der Politik. Man packt erst den ganz großen Hammer aus (ACTA), der den Leuten Angst machen soll und dann kommt man mit dem Gummiknüppel, auf das sie kompromisse eingehen. Ich sage, wir dürfen uns nicht blenden lassen.

     

    Seid Wachsam und zwar in alle Richtungen!

  • J
    Jens

    Ich denke, es ist an der Zeit, dass endlich auch mal die Künstler, die von Ipred 2 betroffen sein werden, Farbe bekennen. Also Musiker, Literaten und Publizisten. Die meisten scheint die ganze Diskussion aber nicht zu interessieren, jedenfalls hört man - gerade von Schriftstellern und Publizisten - kaum mal ein vernünftiges Wort zur Urheberrechtsdebatte, von praktischen Neuansätzen ganz zu schweigen. Die Ausnahmen, die es gibt, kann man an einer Hand abzählen - siehe z.B. hier http://commonsblog.wordpress.com/2012/07/04/xo-literatisch-besonderes-unter-creative-commons-lizenz/

  • BJ
    bernhard jenny

    widerstand muss gewohnheit werden!

     

    wir dürfen uns freuen.

    aber wir müssen dran bleiben.

     

    http://bernhardjenny.wordpress.com/2012/07/04/widerstand-muss-gewohnheit-werden/

  • N
    Namensspiele

    Das ist wie mit den Euro-Bonds. Wenn das Wort den Volkszorn weckt einfach anders nennen, z.B. was positiv klingendes wie "Stabilitäts- und Wachstumspackt" und dann wird's doch verabschiedet.

    Arbeitsagenturen sind ufähig? Nennen wir sie Job-Center. Gängigee Praxis. Da werden Leute jahrelang eingesperrt, deren Verbrechen es ist, dass andere auf ihrem Portal "Content-Verbrechen" verübt werden- Das alleine zeigt die Macht der Content-Mafia.

  • A
    alcibiades

    Wenn der Schwung noch reicht, sollte die Diskussion mal um den Kern des Problems drehen: den offensichtlich massiven Einfluss von Lobbyisten in den zuständigen Gremien. Die bringen auch noch zehn neue Entwürfe ein, dafür werden sie ja schliesslich bezahlt. Daher kann es nur darum gehen, grundsätzlich die Gewichte in der EU zugunsten der Wähler und des Europaparlaments zu verschieben. Auf die Möchtegernkönige aus der EU-Kommission kann ich gut verzichten. Zumindest sollte man sie wieder mal daran erinnern, wer in einer Demokratie der Souverän ist!