Atomtransporte in Deutschland: Täglich rollt der Kernbrennstoff
Aktivisten haben in Hamburg einen Uran-Zug Richtung Frankreich blockiert. In Deutschland sind im Schnitt pro Tag zwei Atomtransporte unterwegs.
BERLIN taz | Mit einer Ankettaktion im Gleis haben Anti-Atom-Aktivistinnen am Montag erfolgreich den Uranzug blockiert, der in Hamburg angelandetes Uranerzkonzentrat nach Südfrankreich bringen soll. Der Zug mit rund 50 Containern mit dem Urankonzentrat „Yellow Cake“ wurde am Sonntag auf dem Güterbahnhof Hamburg Süd „entdeckt“, sagte Hanna Poddig, die Sprecherin der Protestierenden.
„Als die Lok Montag früh vor den Zug gespannt wurde, ketteten zwei Frauen und ein Mann ihre Arme in Metallröhren im Gleisbett an“, erklärte Poddig weiter. Erst am Mittag gegen 13.30 Uhr hätte sich der Zug dann von Hamburg Süd Richtung Güterbahnhof Hamburg Maschen in Bewegung setzen können.
Mit der Aktion hätten die Aktivisten vor allem zeigen wollen, dass „Atomtransporte in Deutschland keine Besonderheit sind, sondern tagtäglich stattfinden“, betonte Poddig. Allein durch Hamburg gingen fast jeden zweiten Tag Lieferungen von radioaktivem Material.
Nach den Statistiken der Genehmigungsbehörden, die allerdings den Straßentransport nicht komplett erfassen, sind in Deutschland im Schnitt täglich knapp zwei Atomtransporte unterwegs. Das konzentrierte Uranerz, der Yellow Cake, zählt zu den „sonstigen“ radioaktiven Stoffen, deren Bahntransport das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) genehmigt und überwacht. Das EBA zählte im vergangenen Jahr insgesamt 132 Transporte von radioaktiven Stoffen, die noch kein Kernbrennstoff sind.
Jährlich 500 Genehmigungen zum Transport von Kernbrennstoffen
Mit diesen Transporten waren 352 Wagenladungen mit Uranhexafluorid, mit Natururan oder mit Abfällen aus Atomanlagen unterwegs. Die Radioaktivität dieser Wagenladungen beziffert das Eisenbahnbundesamt auf 265 Billionen Becquerel.
Noch häufiger als das Eisenbahnbundesamt gibt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) grünes Licht für die Atomtransport durch die Republik. „Wir erteilen jedes Jahr weniger als 500 Genehmigungen zum Transport von Kernbrennstoffen oder radioaktiven Großquellen“, sagt eine Sprecherin des Amtes. Als Kernbrennstoff gilt Uran, wenn seine natürliche Zusammensetzung verschiedener Isotope durch Anreicherung verändert worden ist. Im vergangenen Jahr hat das BfS bundesweit genau 423 Transporte von Kernbrennstoffen erlaubt. Dabei wurden in 348 Lieferungen unbestrahlte, also neue Brennelemente bewegt. Hinzu kamen 73 Transporte von abgebrannten Brennelementen und zwei Abfalltransporte mit Kernbrennstoff.
Wie der gestern in Hamburg blockierte Transport sind auch die meisten vom BfS genehmigten Lieferungen grenzüberschreitend. Bei 153 Kernbrennstofflieferungen war Deutschland Transitland. 141 der Transporte dienten dem Ex- und 94 dem Import von radioaktivem Material. Nur 35 Lieferungen von Kernbrennstoff hatten Start und Ziel in Deutschland.
Anders als die sonstigen radioaktiven Stoffe wird der Kernbrennstoff vor allem per Lkw von Ort zu Ort gebracht. Das BfS zählte in seiner letzten Jahresbilanz 318 Straßen- und 104 Schiffstransporte sowie eine Beförderung mit dem Flugzeug. Lieferungen von schwach radioaktivem Material sind in den Zahlen des Eisenbahnbundesamtes und des BfS noch nicht enthalten. Sie tauchen auch nicht in den Gefahrguterhebungen des Statistischen Bundesamtes auf.
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