piwik no script img

Assange zu Manning-Verurteilung„Angriff auf Konzept der Justiz“

Nach dem Urteil gegen Bradley Manning kritisieren Julian Assange und andere die amerikanische Jusitz. Der Anwalt des US-Soldaten kündigt ein Gnadengesuch an.

Eine Manning-Unterstützerin demonstriert vor dem Weißen Haus in Washington. Bild: ap

FORT MEADE dpa/ap | Nach der Verurteilung des US-Soldaten Bradley Manning zu 35 Jahren Haft hat Wikileaks-Chef Julian Assange das Urteil als „wichtigen taktischen Sieg“ für die Verteidigung bezeichnet. Dennoch sei der Prozess ein „Angriff auf das grundlegende Konzept westlicher Justiz“ gewesen, sagte Assange nach einer Mitteilung der Wikileaks-Website. Der Versuch der USA, den Fall zur Abschreckung zu nutzen, sei „spektakulär fehlgeschlagen“.

Die US-Bürgerrechtsunion ACLU kritisierte das Strafmaß als unverhältnismäßig. „Wenn ein Soldat, der Informationen an Presse und Öffentlichkeit weitergegeben hat, härter bestraft wird als jene, die Häftlinge gefoltert und Zivilisten getötet haben, läuft in unserem Rechtssystem etwas ernsthaft falsch“, sagte ein Vertreter der Organisation, Ben Wizner.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte das Strafmaß als unverhältnismäßig. „Das Urteil gegen Bradley Manning ist ein weiterer Beleg, dass die USA endlich ein Gesetz zum Informantenschutz brauchen“, sagte Vorstandssprecher Michael Rediske.

In einer von seinem Anwalt David Coombs verlesenen Mitteilung hatte Bradley Manning gesagt, er habe „aus Sorge um mein Land“ gehandelt. Nachdem er die geheimen Kriegsberichte aus Afghanistan und dem Irak gelesen habe „fing ich an, an der Moral unserer Taten zu zweifeln“, sagte er. Statt die Verantwortung für die Tötung unschuldiger Zivilisten zu übernehmen, hätten sich die USA hinter der nationalen Sicherheit versteckt. „Wir haben unsere Menschlichkeit vergessen.“

„Es ist Zeit, Mannings Leid zu beenden“

Coombs kündigte an, US-Präsident Obama formell um eine Begnadigung seines Klienten zu bitten. „Jetzt ist die Zeit, um Mannings Leid zu beenden“, sagte er. Das Weiße Haus kündigte an, die Petition wie alle anderen Petitionen auch zu prüfen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und das Bradley-Manning-Unterstützungsnetzwerk haben eine Petition vorbereitet, in der sie Obama um eine Begnadigung Mannings bitten wollen.

Das Verfahren in Fort Meade war der erste große Prozess gegen einen sogenannten Whistleblower in den USA und gilt als Präzedenzfall für weitere bekannte Enthüller, darunter Assange und der flüchtige Computerspezialist Edward Snowden, der das massive Spähprogramm des US-Geheimdienstes NSA enthüllte.

Für die US-Regierung waren die Enthüllungen Mannings ein Informations-GAU: Die Veröffentlichung der Papiere unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan hatte weltweit für Wirbel gesorgt. Die Preisgabe von Diplomaten-Depeschen hatte US-Botschafter und Politiker in aller Welt blamiert, gar Regierungen wanken lassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    Hans

    Obama würde sich zwar nicht rein waschen, doch er könnte dem Friedensnobelpreis etwas den Glanz wieder zurückgeben, der er mit seinen eigenen Händen beschmutzt hat.