Arbeiter gegen Werksschließungen: Randale bei Ford
Belgische Beschäftigte des Autokonzerns Ford demonstrieren in Köln gegen Werksschließungen. Dabei kommt es auch zu Ausschreitungen.
BERLIN afp | Ford-Beschäftigte aus Belgien haben am Mittwoch in Köln gewalttätig gegen die Schließung des Werks in Genk protestiert. Vor der Europazentrale des Autobauers zündeten sie nach Angaben der Polizei Reifen an, beschossen Beamte mit Feuerwerkskörpern und stürmten das Gelände.
Gleichzeitig schloss Ford-Chef Alan Mulally schärfere Schritte zur Sanierung des hohe Verluste schreibenden Europageschäfts nicht aus: „Wenn man sich vor den Entscheidungen drückt, wird man weiter Geld verlieren und irgendwann vom Markt verschwinden“, sagte er auf einem Kongress der Zeitschrift Automobilwoche in Berlin. Ford will neben dem Werk im belgischen Genk zwei Werke in Großbritannien schließen. „Wir mussten diese Schritte tun, um weiter in der Lage zu sein, in neue Produkte zu investieren“, sagte Mulally. Der Konzern beobachte die Entwicklung weiter genau.
Am Rande der Veranstaltung fügte Mulally im Gespräch mit Reuters hinzu, die Pkw-Nachfrage in den Krisenstaaten Südeuropas sei weiter sehr unbeständig. Einige Länder könnten durchaus noch tiefer in die Rezession abgleiten. Alle Blicke seien daher auf die weitere Entwicklung der Konjunktur gerichtet. „Das wird bestimmen, was wir tun, falls wir noch mehr tun“, erläuterte der Ford-Chef. Derzeit gebe es jedoch keine weiter reichenden Entscheidungen, betonte er. Medienberichten zufolge erwartet die EU-Kommission für Spanien eine lange Durststrecke, Italien werde auch 2013 in der Rezession stecken. Die EU legt ihre Herbstprognose für 2012 bis 2014 am Mittag in Brüssel vor.
Tausende Stellen fallen weg
Ford hatte jüngst angekündigt, in den nächsten Jahren drei Werke in Belgien und Großbritannien mit insgesamt 5700 Beschäftigten dichtzumachen. Einschließlich Angestellten in anderen Bereichen fallen in Europa 6200 Arbeitsplätze weg. Damit will Ford bis 2015 in Europa wieder profitabel werden.
Bis dahin geht der nach der Opel-Mutter GM zweitgrößte US-Hersteller in Europa von einer Durststrecke aus mit Verlusten von mehr als drei Milliarden Dollar in den beiden kommenden Jahren aus. Die Produktion soll durch die Werksschließungen um 350.000 Einheiten verringert werden, weil sich die Verbraucher wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa keine neuen Autos leisten können.
Von der Restrukturierung würde das Ford-Werk in Saarlouis profitieren, dessen Auslastung durch Verlagerungen von Produktion aus Spanien erhöht werden soll. Ford will die nächste Generation der Modelle Mondeo, Galaxy und S-Max nicht im belgischen Genk bauen, sondern im spanischen Valencia vom Band laufen lassen. Teil des Plans ist, die Fertigung von C-Max und Grand C-Max von Valencia ins Saarland zu verlagern. Darüber laufen derzeit Verhandlungen mit den Gewerkschaften.
In Europa schrieb Ford im abgelaufenen Quartal einen Vorsteuerverlust von einer halben Milliarde Dollar. Ein starkes US-Geschäft bescherte Ford insgesamt aber ähnlich wie GM einen Quartalsgewinn vor Steuern von 2,2 Milliarden Dollar. Auch GM verhandelt derzeit mit den Gewerkschaften über Einschnitte in Europa, dabei geht es auch um die Zukunft des von Schließung bedrohten Opel-Werks in Bochum. Der Betriebsrat erwartet bis Mitte Dezember eine Einigung mit der Geschäftsleitung über ein Sparpaket.
Parallel spricht die Opel-Mutter mit dem angeschlagenen französischen Autobauer Peugeot über eine gemeinschaftliche Sanierung ihres Europageschäfts. Finanzkreisen zufolge denken die beiden Partner darüber nach, ihr Autogeschäft enger zu verzahnen. In der Diskussion waren zuletzt mehrere Varianten, die von einem Verkauf von Opel an Peugeot bis zu einer Zusammenlegung in einer neuen Gesellschaft reichen.
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