AfD-Nachwuchs gegen Feminismus: Wie gleichberechtigt sind Hinterteile?
Die AfD-Jugend übt sich erneut in Antifeminismus. Diesmal müssen fünf entblößte Damenpopos herhalten – aber wofür eigentlich genau?
BERLIN taz | Rätselraten über das neue Fotomotiv der Jungen Alternativen (JA), der Jugendorganisation der rechtskonservativen AfD (Alternative für Deutschland), zur Europawahl: Auf Facebook postet der Verband zum Stichwort „Gleichberechtigung statt Gleichmacherei“ fünf nahezu identische weibliche Schönheiten in Tangas von hinten am Strand. Was möchte die Jugend uns damit sagen?
Der Verband, der, betrachtet man seine Gruppenfotos auf Facebook, zu mindestens 90 Prozent aus Männern zu bestehen scheint, hat sich seit Längerem den Antifeminismus auf die Wahlkampffahne geschrieben. Bekannt wurde er, als sich junge Frauen und Männer mit Parolen abbilden ließen wie: „Ich bin keine Feministin, weil ich meine Ziele durch Leistung erreichen werde und durch keine Quote.“
In eine ähnliche Richtung geht die Mutterpartei. So forderte der Landesverband Nordrhein-Westfalen auf seinem Parteitag im vorigen Juli einen Stopp des „Genderismus-Wahn[s]“ und eine Beendigung der Quotenregelung. Gender-Mainstreaming stelle „eine gefährliche, latent totalitäre Anmaßung dar“, mit der „unser aller Persönlichkeit“ „umgeformt“ werden solle.
Andere Landesverbände folgten mit ähnlichen Beschlüssen. Im Europawahlprogramm heißt es: „Die AfD lehnt weltanschauliche Umerziehungsmaßnahmen wie Gender Mainstreaming strikt ab und wendet sich gegen alle Versuche der EU, diese den Nationalstaaten aufzuzwingen. Die staatliche Finanzierung der Genderforschung ist […] ersatzlos zu streichen“.
Gegen den Genderunfug
Eine Umfrage zur geschlechtergerechten Sprache fand laut AfD-Facebookseite folgendes Zwischenergebnis: „Von 200 Usern haben sich 196 gegen den Genderunfug ausgesprochen. Klares Votum: Wir wollen uns nicht von ungewählten Bürokraten vorschreiben lassen, was wir wann und wie zu sagen haben. Wir wollen reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Genderwahn abschaffen!“
In einer Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Geschlechterbild der AfD schreibt der Soziologe Andreas Kemper: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die AfD zusätzlich zur Euro-Kritik und der Positionierung als ’Anti-Parteien-Partei‘ einen dezidiert antifeministischen dritten Schwerpunkt ausbaut: Die radikale Kritik an jeder Form von Gleichstellungspolitik, von der AfD als ’Genderismus‘ diffamiert, könnte zum dritten Markenzeichen der Partei avancieren.“
Aber was haben fünf identische Popos am Strand damit zu tun? Ist das Gleichmacherei? Oder Gleichberechtigung? Wie sehen gleichberechtigte Hinterteile in Tangas aus? So ganz ausgegoren ist die Geschlechterpolitik der AfD und ihrer Jugend offenbar noch nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen